Die Kunst des Vortrags #2
Erörterung zum Thema Kultur
von Graeculus
Kommentare zu diesem Text
Ich sag dir was, meine ehemalige Chefin, ihres Zeichens eine echte Narzisstin, nur "Ich und meine Fotos an der Wand, nach mir nichts", konnte etwas, was nur wenige können, nämlich zwei Stunden einen Vortrag halten, ohne abzusetzen, ohne Papier, ohne Notizen, ohne ein einziges mal "Äh" oder irgendwelche Absetzer, lächelte, tat es mit einer Freude, die ihresgleichen suchte. Auch bestätigte mir ein Anwalt, dass sie im Gerichtssaal "niedermäht". Sie hat ein juristisches Wissen, das ihresgleichen sucht und war auch die jüngste Professorin an der Uni, gehört zu den Besten der Welt. Ich überlegte, wie man so vortragen kann? Wie geht das? Die Lösung liegt in einem Satz: Wenn man Temperament hat und für eine Sache brennt, Humor hineinbringt, zynische Bemerkungen, dann kommt Feuer in den Vortrag. Ich schwöre, ich hätte ihr noch stundenlang zuhören können. Das ist wahre Kunst!
Aber, auch ein anderer Professor sprach so sicher, war derart wortgewandt, dass wir Studenten dahinschmolzen. Die meisten Juristen sind begnadete Redner, siehe Cicero. Interessanterweise, inhaltlich höre ich gerne dem Philosophen Liessmann zu, aber das ständige "Äh" nervt zutiefst. Es gibt vielleicht tausend Regeln, Graec, aber wenn man kein Talent hat und keine Leidenschaft in sich trägt, ist Hopfen und Malz verloren.
Aber, auch ein anderer Professor sprach so sicher, war derart wortgewandt, dass wir Studenten dahinschmolzen. Die meisten Juristen sind begnadete Redner, siehe Cicero. Interessanterweise, inhaltlich höre ich gerne dem Philosophen Liessmann zu, aber das ständige "Äh" nervt zutiefst. Es gibt vielleicht tausend Regeln, Graec, aber wenn man kein Talent hat und keine Leidenschaft in sich trägt, ist Hopfen und Malz verloren.
Kommentar geändert am 10.11.2023 um 01:58 Uhr
Kommentar geändert am 10.11.2023 um 01:59 Uhr
Ich wollt mich schon rausklicken, aber dann, ganz am Schluß, kam die Essenz doch noch:
"Ein Satz ist dann vollkommen, wenn sein Inhalt das Blatt, auf dem er geschrieben steht, entzündet und sich so jeglicher Profanisierung entzieht".
Lothar Atzert in den 60ern des letzten Jahrhunderts.
... aber wenn man kein Talent hat und keine Leidenschaft in sich trägt, ist Hopfen und Malz verloren.
Lothar Atzert in den 60ern des letzten Jahrhunderts.
Klingt sehr gut mit der Chefin. Geradezu brillant. Leidenschaft für das Thema ist die condicio sine qua non, d.h. notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung. Sachkenntnis und die Fähigkeit zu freier Rede kommen hinzu, ebenso die Gabe, sich keine sprachlichen Schnitzer zu erlauben.
Das ist sehr selten geworden! In ihrem Falle hat das anscheinend zu einer frühen Karriere geführt.
Leider: es geht auch ohne. Der Star unter den deutschen Althistorikern, Christian Meier, ist einer der schlechtesten Redner, die ich jemals erlebt habe.
(Ich kann mir Demosthenes oder Cicero nicht vom Blatt ablesend vorstellen.)
Leidenschaft ohne alles Sonstige, das wäre ein Demagoge, oder?
Das ist sehr selten geworden! In ihrem Falle hat das anscheinend zu einer frühen Karriere geführt.
Leider: es geht auch ohne. Der Star unter den deutschen Althistorikern, Christian Meier, ist einer der schlechtesten Redner, die ich jemals erlebt habe.
(Ich kann mir Demosthenes oder Cicero nicht vom Blatt ablesend vorstellen.)
Leidenschaft ohne alles Sonstige, das wäre ein Demagoge, oder?
Ja, aber da ich seit Neuestem Mitglied beim OAW bin, freue ich mich schon auf spannende Vorträge. Gleich am Montag höre ich "ONDREJ L. KRIVANEK: "EXPLORING MATTER AT THE NANOSCALE WITH THE ELECTRON MICROSCOPE". Da kann ich dann berichten, ob es interessant vorgetragen wurde.
Da guck, das wäre überhaupt was für dich:
http://www.oeaw.ac.at/anmeldung/akademievorlesungen
Die conditio sine qua non ist die beste Freundin der Juristen, ohne die geht es nie, die Äquivalenztheorie ist im Strafrecht und Schadenersatzrecht unerlässlich.
Da guck, das wäre überhaupt was für dich:
http://www.oeaw.ac.at/anmeldung/akademievorlesungen
Die conditio sine qua non ist die beste Freundin der Juristen, ohne die geht es nie, die Äquivalenztheorie ist im Strafrecht und Schadenersatzrecht unerlässlich.
Antwort geändert am 10.11.2023 um 22:05 Uhr
Was ist OAW?
Das Thema klingt interessant. Materie im Nanobereich. Das müßte etwas mit Quantenphysik zu tun haben, und die hat ja sensationell Ergebnisse gezeitigt.
Ach so, OEAW gem. Link = OWA. Schaue ich nach.
Das Thema klingt interessant. Materie im Nanobereich. Das müßte etwas mit Quantenphysik zu tun haben, und die hat ja sensationell Ergebnisse gezeitigt.
Ach so, OEAW gem. Link = OWA. Schaue ich nach.
ÖAW, ich habe begriffen.
Hast du gesehen? Der Vortrag darunter wäre etwas für dich.
Ich merke es mir. Aber momentan befindet sich ein neues Buch in der Endphase, und da bin ich empfindlich für alles, was mich davon ablenkt. Es ist so, wie wenn man kurz vor der Geburt eines Kindes steht. Nicht daß ich jemals ein Kind geboren hätte, aber so stelle ich es mir vor.
(Ich staune immer darüber, wie viele verschiedene Themen Du gleichzeitig in Deinem Leben unterbringst. Das schaffe ich nicht.)
(Ich staune immer darüber, wie viele verschiedene Themen Du gleichzeitig in Deinem Leben unterbringst. Das schaffe ich nicht.)
• Dieter Nuhr hat einmal nach ein paar Minuten seinen Vortag abgebrochen:
Meiner Aufmerksamkeit hätte er sich schon hiernach gewiss sein können. 👋😂
Ciao, Frank
Wir hatten nie etwas derartiges erlebt bei einem Auftritt. Nachher habe ich mir gedacht: Es geht nichts über einen Überraschungseffekt, wenn man um Aufmerksamkeit wirbt.
Passiert etwas Überraschendes, dann kann man unmöglich unaufmerksam sein.
Passiert etwas Überraschendes, dann kann man unmöglich unaufmerksam sein.
Zudem es bis dato noch keinem gelungen ist, seinen Vortag abzubrechen, das ist schon eine kleine Sensation.
😂😂
Ciao, Frank
😂😂
Ciao, Frank
Gut, gut, ich ändere den Fehler.
Hallo Graeculus,
sicher ist dir aufgefallen, dass deine Erörterungen über die Kunst des Vortrags nicht die große Diskussionslust auslösen, wie das sonst bei deinen Texten der Fall ist.
Das liegt keineswegs daran, dass dieser Essay weniger gut gestaltet ist als andere von dir, sondern daran, dass die meisten User dieses Forums im fortgeschrittenen Alter nur noch selten in die Rolle kommen, etwas vortragen zu müssen oder zu dürfen. Wenn man also von der Thematik nicht unmittelbar betroffen ist, ist das Interesse daran eher akademisch.
Solltest du Zeit und Lust haben nach dieser Serie über die Kunst der Gestaltung von Texten zu schreiben, ist vermutlich die Diskussionslust deshalb höher, weil das Thema jeden hier betrifft.
LG
Ekki
sicher ist dir aufgefallen, dass deine Erörterungen über die Kunst des Vortrags nicht die große Diskussionslust auslösen, wie das sonst bei deinen Texten der Fall ist.
Das liegt keineswegs daran, dass dieser Essay weniger gut gestaltet ist als andere von dir, sondern daran, dass die meisten User dieses Forums im fortgeschrittenen Alter nur noch selten in die Rolle kommen, etwas vortragen zu müssen oder zu dürfen. Wenn man also von der Thematik nicht unmittelbar betroffen ist, ist das Interesse daran eher akademisch.
Solltest du Zeit und Lust haben nach dieser Serie über die Kunst der Gestaltung von Texten zu schreiben, ist vermutlich die Diskussionslust deshalb höher, weil das Thema jeden hier betrifft.
LG
Ekki
Das stimmt wohl, hier gibt es mutmaßlich nur wenige, die mit ihren Büchern Lesungen halten. Mein Text ist übrigens nicht für kV geschrieben worden, sondern für einen anderen Zweck. Ich habe mir dann gedacht, daß er hier für einige interessant sein könnte, da sich manche Empfehlungen auch auf das Schreiben & Veröffentlichen von Texten, unabhängig von Lesungen, übertragen lassen.
Ich danke für Deinen Kommentar, liebe Ekkehart, und das mit der Resonanz ist nicht schlimm.
Ich danke für Deinen Kommentar, liebe Ekkehart, und das mit der Resonanz ist nicht schlimm.
Verlo (65)
(11.11.23, 23:30)
(11.11.23, 23:30)
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Ah, Teleprompter. Mit derlei Peinlichkeiten leide ich geradezu mit, wenn Politiker sie benutzen und so tun, als ob sie frei sprächen. Das ist fast wie ein Konzert, in dem das Playback die Musik liefert. Gaaaanz unauffällig.