Und Heute hasse ich euch alle.

Bericht zum Thema Lebensbetrachtung

von  SunnySchwanbeck

6:00. Ich habe eine Schwäche für nutzloses. Exfreunde, Kopfmassagestäbe oder einer Weckerapp die mich mit den Geräuschen einer Katze weckt, die auf einem Uboot gegen einen Hahn kämpft. Sie gewinnt nur dann, wenn ich verpenne. Eigentlich sollte sie mir dankbar sein, für die vielen Glücksmomente in ihrem virtuellen Kackleben, der Hahn kriegt fast jeden Morgen aufs Maul. Ich schwinge meinen trägen Körper aus dem Bett, welches älter ist als ich. War mal Mamas Bett, als sie noch Haare bis zum Boden hatte und ihre erste eigene Wohnung bezog. Manchmal freue ich mir echt den Arsch darüber ab, dass Möbel nicht reden können.
Der Kaffee schmeckt scheiße ohne Zucker, aber ich hab keine Lust die Schublade mit dem Besteck zu öffnen, wahrscheinlich würde ich eher zum Messer greifen, als zum Teelöffel, und den verlausten Köter meiner immer gut gelaunten Nachbarn zu kastrieren. Ich hasse gut gelaunte Nachbarn mit schlecht gelaunten Hunden, die jeden Morgen damit verbringen, so ätzend rumzukläffen bis ich am liebsten meine Weckerappkampfkatze auf sie los lassen würde. Man. Diese Dreckstöle ist öfter der Grund für meine Migräne als meine Monatsblutungen.

Während also mein Zuckerloser Kaffee vor mir steht, fällt mir ein, dass man ja nicht stinken darf in unserer Gesellschaft. Ich drehe mich also zum Badezimmer um, durchschreite die Tür und lege mir eins dieser wunderbar flauschigen Frottiehandtücher neben die Dusche. Ich hasse Duschszene in denen die Frau aus dem dampfenden Badezimmer schreitet, nur eingehüllt in ihr ach so weiches Handtuch. Wahrscheinlich aber nur, weil ihr Frottieumhang wenigstens ihren Arsch bedecken kann, während meins wohl aus einem Bedarfsladen für Essgestörte kommt. Kann man nichts machen, Arsch ist Arsch und Handtuch ist Handtuch, also ab unter die Dusche. Mittlerweile ist es 6:15 und ich lese mir unter dem Prasseln des warmen Wassers die Beschreibung meiner Shampooflasche durch. "Sie wollen den ultimativen Frischekick am Morgen? Dann ist dieses Shampoo genau das richtige für sie! Mit der belebenden frische grüner Limetten und den prickelnden Ölperlen, ist ihnen der perfekte Start in den Tag gesichtert!" Ja ne. Ist klar. Limetten hab ich lieber in einem Caipirinha und Perlen lieber in meinem Bett. Aber natürlich. Frischekick. Ich fühle mich so frisch und belebt, man. Ich könnte vor Lebenslust mit Backsteinen auf Pfarrer werfen. Ich hasse Menschen die die Beschreibungen von Shampooflaschen schreiben. Sollte dies einer von ihnen lesen, kündige deinen Job, Alter. Niemand ist morgens so verzweifelt und liest deine Stundenlang ausgearbeitete Beschreibung für das neue Coconutkiss Deluxe Duschgel. Nur ich. Und ich bin die Person, die dich hasst.

Belebt und vitalisiert watschel ich also mit meinem Frottieumhang und meinem dazu passenden Handtuchturban in mein Zimmer. Ich seh in etwa so glücklich aus wie ein Arabischer Ziegenhirte, der gerade dem Tod durch ertrinken in einem Cocktailglas entkommen ist, obwohl er an Burnout leidet, keine Lust auf Ziegen hat und seit der zweiten Klasse, in die er nie ging, davon träumt literarisch wertvolle Shampooflaschenbeschreibungen zu schreiben. Kann man nichts machen, Bruder.
Radiohören habe ich auch schon mit Zwölf aufgegeben, diese Nicki Mitarsch oder die neue Robbie Williams Single interessieren mich einen Dreck, außerdem sollten sie sich eher um ihre Drogenprobleme kümmern als von irgendwelchen Raumschiffen zu singen und dabei ihre gemachten Titten irgendwelchen minderjährigen ins Gesicht zu pressen. Spotify. Spotify lässt mich nie im Stich, mein musikalischer Fels in der Brandung. Ich meine, wieso kann es nicht mit allem so einfach sein? Man klicke auf "Browse", "Stimmung" und sucht sich die Playlist aus, die gerade am besten dein Leben beschreibt. "Deep dark Indie" oder "Autumn Hipster" vielleicht ach mal etwas extravagantes wie "Beat down your morning". Heute entscheide ich mich für die "Soundtrack for a funeral" playlist. Spotify, dich hasse ich nicht.

6:35 und mein gerade volljähriges Gesicht verlangt nach verstopften Poren. Kriegst du, Baby. Ein Bisschen Manhatten, Catrice, Maybelline und Astor sollte reichen. Während ich mir meine Augenbrauen nachziehe und säuberlich darauf achte, dass sie nicht wie das Nikezeichen aussehen, fällt mir der Lieblingsspruch meiner Mutter ein: "Kind, du bist wieder angemalt wie ein Pfingstochse!" Pfingstochsen zahlen sicherlich keine 12 Euro für einen Concealer der ihre Augenringe kaschieren soll, Mama. Aber danke, ich geb mir Mühe. Meine Mama hasse ich übrigens nicht. Erstens, weil sie immer schimpft wenn ich in meinem Zimmer rauche, mir aber trotzdem Tabak von der Tanke mitbringt, Zweitens, weil sie mal gesagt hat, meine Sportlehrerin wäre ein totaler "Pain in the ass" und Drittens, naja. Sie ist meine Mama und liest meine Texte manchmal, wenn sie den Browser findet. Als nächste Etappe meines morgendlichen Beautyprogramms steht das rumstehen vorm Spiegel an. Hose oder Leggins? Wenn Leggins, dann Thermo oder mit Print? Rock oder Kleid und wenn Kleid dann, welches kaschiert meinen Speckbauch? Meistens wird es übrigens ein Rock denn diese Kaschiererei ist sowieso nur gequirlte Scheiße von Guido Maria Kretschmer. Es ist nie das Kleid dass einen Fett macht, sondern das Fett, Guido. Traurig aber wahr. Dann ist natürlich noch die Frage, ob man eine Strickjacke anzieht, eine Cardigan oder ein Longsleeve. Vielleicht ist man aber auch unentschlossen und zieht einfach eine Lage nach der nächsten an. Zwiebellook nennt man das. Ja. Es ist zum heulen. Nachdem ich also meinen adipösen Körper in edle Stoffe aus Bangladesch eingewickelt habe, ist es 6:50 und meine Haare sind immer noch nass und ätzend. Wäre ich ein Kerl, ich würde mir jeden Morgen einmal mit dem Whiskybekleckteren Holzfällerhemd der letzten Nacht über die Frise rubbeln und mir im Spiegel danach zuzwinkern. Ich hasse Männer. Und Whisky.

Zwei Spritzer Hitzeschutz, Antifrizz und ne Hand voll Schaumfestiger später sind meine Haare zwar immer noch ätzend aber nicht mehr nass und duften nach Bambuswasser und irgendwas mit Zitronen. In meinem lebensfrohen Bericht fehlen übrigens noch meine Zigaretten. Pueblo, Gizeh und ZigZag. BIC Feuerzeug, EinEuroAschenbecher und ab geht die Teerparty, meine Lungenbläschen freuen sich so sehr darauf, sie platzen fast schon vor Freude. Ich bin aber natürlich nicht blöd und kaufe mir immer nur den Tabak der meine Haut nicht altern lässt, sondern nur meine Mitmenschen schädigt. Die hasse ich nämlich auch.

Irgendwann so gegen 7:00 bin ich dann bereit für die Gesellschaft und mache mich mit meinem Ipod und meinem Smartphone bewaffnet auf den Weg zur Bahn. An der Haltestelle angekommen begegnen mir immer die selben Grundschulmädchen die ihre kleinen Füßen in UGG Boots schlurfend über den Boden ziehen, während sie über ihren neuen Candycrushrekord reden und sich darüber beraten, welches Ipad denn nun das bessere ist, denn das Ipad Air ist ja schon "ziemlich geil". Ich hasse Kinder nicht, nein. Die können ja nichts dafür. Also, für nichts. Sie sind die Anziehpüppchen ihrer Carmen Geiß Mütter und die Prinzessinnen ihrer Charly Sheen Väter. Außerdem gehe ich nicht auf ein katholisches Berufskolleg, mache meine Erzieherausbildung um dann meinen Hass auf die Welt an kleinen Dawinia-Magdalenas oder Tylers auszulassen. Kinder sind okay, die tun mir höchstens Leid weil sie in dem Alter, in dem ich noch Matsch gefressen habe, schon darüber nachdenken müssen, ob sie ihre 100 Euro Taschengeld nun bei Hollister oder Ambercrombie ausgeben sollen.
Was ich aber hasse, was ich wirklich aus tiefster Seele und abgrundtief hasse ist die Rheinbahn. Dieser beschissener Saftladen ist der morgendliche Grund dafür, warum ich nicht "Happy" von Pharell Williams höre, sondern "Schlechtes Vorbild" von Sido. Ich meine, okay. Die streiken alle ab und zu mal und es ist bestimmt auch hart nicht mal ein Danke dafür zu hören, dass sie uns von A erst nach C bringen, uns dort warten lassen damit wir den Umweg über G machen um dann mit zwei Stunden Verspätung schließlich bei B anzukommen. Aber müssen sie sich dann Sympathie durch beknackte Rheinbahnwerbung erhaschen? Wer im Raum Düsseldorf wohnt kennt diese süßen Miniplakate an den Fensterscheiben. Ein Foto dass die Waltraut einmal Privat zeigt, wie sie grüne Bohnen pflanzt mit der Überschrift "Pflanzen liegt in der Natur des Menschen" darunter ein Bild von der Guten in ihrer Rheinbahnuniform und dem Schriftzug "Fortbewegen auch." Süß. Wirklich. Und ich bin mir sicher ihr Bohneneintopf ist erste Sahne, aber das macht diesen Eisenbahnkonzern auch nicht sympathischer. Anstatt die Hobbies von Hinz und Kunz an die Scheiben zu pappen sollten sie lieber mal dafür sorgen, dass die Drecksbahnen auch bei 8 Grad fahren und nicht "Aufgrund von vereisten Schienen" auf der Strecke bleiben. Und ja. Das war ein Wortwitz, get over it. Hallo, Welt. In Russland ist es auch kalt und ich bin mir sicher, dass dort auch der Lokführer Vladimir seinen Job geschissen kriegt. Aber beruhige dich, Schwanbeck, denk an deinen Blutdruck und den von der Naturliebenden Waltraut.

Den restlichen Verlauf meines Tages erspare ich euch Wohnzimmerliteraten. Ich hasse Schulanekdoten und Umweltbewusste Lehrer. Ich hasse das Schulsystem und Abiturienten die erstmal ein FSJ machen. Ich hasse Mensaessen und den Sportunterricht, und es gibt wirklich Arsch wenige Menschen dort, die okay sind und den Unterschied zwischen "Kritik äußern" und "Ja den Vortrag fand ich ganz gut" kennen.

Nachdem ich also meinen Horizont minimal erweitert habe und meine Notizen mit Blümchen und Herzchen verziert habe, kommt der Abschnitt des Tages, der erträglich ist.
Zuhause sein. Ich liebe mein Entenkissen mit dem geflickten Auge, meinen Röhrenfernseher mit dem Aufkleber "Skiing ist for fat little kids" und ja, ich sammele Pinguine und das finde ich auch dann noch super cool, wenn ich 88 bin. Alles andere, wie kaputte Schranktüren, defekte Fußbodenheizung, eine zerkratze Tokiohotel CD oder Whatsappgruppen in denen lustige Katzenbilder gepostet werden, ja. All das hasse ich auch.

Aber verfluchte Scheiße, wenn ich in meinen Spiegel schaue und diese drei kleinen Leberflecke an meinem Schlüsselbein sehe, von denen ich weiß, dass mein Freund sie liebt, dann denke ich mir. Ich hasse euch alle. Aber mich, mich hasse ich schon lange nicht mehr und alle jene, die ihr so wahnsinnig positiv und Menschenliebend seid, holt euch eine Kampfkatzenweckerapp und fangt an, euren eigenen fetten Arsch erstmal zu lieben, bevor in die fetten von anderen kriecht.


Anmerkung von SunnySchwanbeck:

ich hasse kommasetzung und rechtschreibung und sowieso alles was mit grammatik zutun hat.

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Kommentare zu diesem Text

Partyloewe (50)
(30.10.14)
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 SunnySchwanbeck meinte dazu am 30.10.14:
Meine Mama liest die Brigitte immer. Fand ich schon damals kacke und die Seite für die Kinder war purer rotz.

Ich freu mich über deinen Kommentar, ich hasse kvler die empfehlen aber nicht kommentieren.

Sweetness soll demnächst eliminiert werden!

Abgefuckter Gruß,
Schwanbeck.

 Dieter_Rotmund (30.10.14)
Deutliche Groß-/Kleinschreibschwäche.

 SunnySchwanbeck antwortete darauf am 30.10.14:
Ich hasse Menschen, die auf das offensichtliche aufmerksam machen.

Dieter, mittlerweile müsstest du doch wissen, dass dir meine Texte nicht gefallen. Frage: Wieso treibst du dich dennoch öfter auf meiner Seite rum?

Liebster Gruß mit allem drum und dran,
Sunny.

 Dieter_Rotmund schrieb daraufhin am 30.10.14:
Ohne die Groß-/Kleinschreibschwäche wäre der Text ja so schlecht nicht, ansonsten würde ich mir nicht die Mühe machen, auf das Offensichtliche auch noch hinweisen zu wollen...
Ich nehme Dich aber gerne in meine sog. "Mimosenliste" auf, falls Du - wie so viele anderen, kein Grund sich zu schämen - nicht mit Kritik umgehen kannst. Nichts für ungut!

 SunnySchwanbeck äußerte darauf am 30.10.14:
Och Mensch, Dieter. Du äußerst diese Kritik schon mindestens ein Jahr lang. Ich bin mit meiner Schwäche okay.
Wenn du mal andere Kritik als immer die selbe äußern magst, kommst du auch von meiner Nicht-der-schon-wieder-liste runter.

Wenn nicht, hoffe ich auf den ersten Platz unter den Mimosen. Wollte schon immer mal irgendwo die erste sein.

Küsschen.

 Dieter Wal ergänzte dazu am 30.10.14:
Soll ich dir eine Stunde Grammatik über "Das Hauptwort" organisieren? :)

 Lluviagata (30.10.14)
Mir gefällt sehr gut, was du geschrieben hast, liebe Sunny.
Die ein wenig schludrige Rechtschreibung (Ja, ich weiß, auch ich bin nicht vor dieser Teufelin gefeit!;)) passt sogar sehr gut zur Protagonistin. Einer selbstbewussten jungen Frau von heute muss einfach klar sein, wie der Concealer benutzt und gar geschrieben wird. Alles andere ist zweitrangig. Und das meine ich nicht zynisch, liebe Sunny, sondern so, wie ich es sage! Es passt.

Du solltest aber immer bedenken, dass sich ein Sträuben gegen die Rechtschreibung für eine Schreiberin nicht geziemt. Jugend hin oder her. Immerhin lesen eine ganze Menge Leute das, was du hier schreibst. Deine Ausflüchte sind leicht als albern und unreif zu werten, auch wenn du mehr als reife Ideen zu Papier bringst.

Liebe Grüße
Llu ♥
mannemvorne (58)
(30.10.14)
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Graeculus (69)
(30.10.14)
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 unangepasste meinte dazu am 30.10.14:
Die Stelle mit der Rheinbahn hat mich amüsiert. Das mit A nach C und dann vielleicht irgendwann doch nach B ärgert mich auch immer sehr. Über die Werbung kann man sich streiten. Ich bevorzuge die Wände der Stuttgarte Straßenbahnen. Dort stehen nämlich (anstelle von Leuten in Idianerkleidung und "Einfach zu leben kann sehr intelligent sein" - der Typ nervt besonders) Gedichte. Manchmal bin ich durch den ganzen Wagen gelaufen, um alle zu lesen. Die Aktion sollte sich die Rheinbahn mal abschauen.
Und ja, über dieses "sofort" habe ich auch schon viel nachgedacht, genau wie über das "Abfahrt war" der deutschen Bahn, wenn sie "wäre gewesen" meint - "war" wäre manchmal schön gewesen.
Graeculus (69) meinte dazu am 30.10.14:
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wupperzeit (58)
(30.10.14)
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bookishasearlgrey (29)
(04.04.15)
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