Der Duft des Lebens

Kurzgeschichte zum Thema Begegnung

von  GillSans

Sie trägt heute ein rotes Baumwollkleid, welches sich um ihren jugendendlichen Körper schmiegt. Am geöffneten Fenster ihrer kleinen Wohnung atmet sie die feuchte, nach Asphalt riechende Luft ein und lauscht dem Geräusch des Regens, der sanft auf die Straße klopft.
Ein verregneter Septembersonntag. Sie liebt verregnete Sonntage. Sie ahnt noch nicht, dass gerade dieser Sonntag für jemanden ein ganz besonderer Tag wird.

Es ist vollkommen ruhig in ihrer Wohnung man hört nichts außer das abendliche Vogelgezwitscher und  Regentropfen, die sich am Fenster treffen um langsam hinunter zu fließen. Sie lehnt sich aus dem Fenster und spürt den sanften Regen auf ihrem rosigen Gesicht. Wie herrlich das Leben doch ist. Wie gut es riecht und schmeckt. Sie leckt sich die Regentropfen von den Lippen.

Plötzlich wird sie aus den Gedanken gerissen. Das Telefon klingelt schrill und unterbricht die Stille der Natur.

Erschrocken reibt sie sich den Regen von der Stirn, streift sich die nassen Hände am Kleid trocken und läuft in Richtung des Klingelns. Ihre Hände tasten nach dem Hörer.
„Hayek“ meldet sie sich.
„Wer ist da bitte?“ eine Männerstimme.
„Hayek, und mit wem spreche ich?“ verwundert streicht sie sich eine dunkle Haarsträhne aus dem Gesicht.
„Oh, Entschuldigung, ich glaube ich habe mich verwählt!“ die Männerstimme klingt wie ein gelangweilter Anrufbeantworter, findet sie. Eine Stimme voller Hoffnungslosigkeit.
„Glauben heißt nicht wissen!“ sie lacht.
„Ich wollte mit meinem Bruder sprechen und ich glaube, sie sind nicht mein Bruder, also entschuldigen sie bitte die Störung!“ sagt er monoton.
„Dann weiß ich, dass sie sich verwählt haben. Ich habe keinen Bruder. Selbst wenn ich einen hätte, wäre es dann wohl kaum ihr Bruder!“ sie lächelt in sich hinein und zwirbelt eine Haarsträhne an ihrem Zeigefingern auf.
„Entschuldigen sie die Störung!“ er legt auf und steckt das Handy zurück in seine Manteltasche.

Kugelschreiberkringel hat er auf sein leeres Blatt gemalt. Wie sinnlos. Warum sollte ausgerechnet er, der gescheiterte und lebensmüde Polizist, seinen Bruder besuchen. Er kann ihm auch nicht weiter helfen. Vielleicht war es gerade gut, dass er sich verwählt hatte.
Diese Stimme am Telefon geht ihm nicht mehr aus dem Kopf. Sie klang so lebens-froh, so erfrischend. Vielleicht sollte er diese Frau noch einmal anrufen, um ihr zu erklären, dass Tage  wie diese eher zum Sterben als zum Lachen sind.
Er schüttelt seinen schwarzgelockten Kopf, um diese seltsamen Gedanken los zu werden und betrachtet seine irren Kugelschreiberkringel auf dem weißen Blatt. „Was hat das Leben noch für einen Sinn?“ Er zerknüllt das Papier und wirft es wütend ins Eck. Entschlossen zieht er die Schreibtischschublade auf, holt seine Dienstwaffe heraus und verlässt die Wohnung.

Der Regen tropft von seiner Nase auf das Revers seines Mantels.

Seit dem Autounfall seiner Frau geht er kaum noch unter Menschen. Nur ab und zu
in die Bounty Bar, am Rand der Stadt, um sich mit Alkohol diese schrecklichen Bilder aus dem Kopf zu verjagen.

Heute hat er jedoch einen Entschluss gefasst. Er betrachtet die flackernden Neonbuchstaben der Leuchtreklame über dem Eingang. „Nichts bleibt wie es ist.“ Er seufzt und betritt die Bar. Eine schwere Nikotinwoge schwappt ihm entgegen. Ein paar Männer sitzen am Stammtisch und spielen Karten. Ein Liebespärchen lümmelt zusammengekuschelt im hinteren Eck der Kneipe und prostet sich romantisch zu. Das ganze wird von dem Lied „Ich weiß, es wird einmal ein Wunder geschehen“ von Zarah Leander untermalt.
Er setzt sich an die Bar streicht sich über die nassen schwarzen Locken und bestellt einen doppelten Whisky. Der Wirt klopft ihm lächelnd auf die Schulter: „Na Jack? Schon lang nicht mehr hier gewesen!“ er wartet nicht auf eine Antwort, dreht sich zum Flaschenregal und greift nach der Whiskyflasche. Er weiß, dass er diese heute Abend ziemlich oft aus dem Regal holen wird. Vielleicht wird er sogar in den Keller gehen müssen, um eine Neue zu holen. Hastig greift Jack nach dem Glas und fühlt wie sich der Whisky durch seine Kehle brennt. Es tut ihm gut, denn es lässt vergessen, was ihn so schmerzt. „Noch einen, bitte!“ fordernd schiebt er das leere Glas von sich. Nach dem vierten Glas tut der Alkohol endlich seine Wirkung. Schwankend steht er auf, wirft einen zerknitterten Geldschein auf die Theke und stolpert zur Tür hinaus.
Im Licht der Straßenlaternen fädelt sich der Regen auf die Pflastersteine herab. Ein einziger Schuss und alles hätte sich erledigt. Nichts bleibt wie es ist! Wie automati-siert läuft er die fast menschenleere Einkaufzone Richtung Bahnhof entlang.

Die Waffe in seiner Innentasche des Mantels fühlt sich kalt an. So kalt wie seine Frau damals nach dem Unfall. Als sie regungslos mit von der Windschutzscheibe zer-schnittenem Körper am Straßenrand lag. Sie war sofort tot. Und er allein ist schuld. Dieses Bild wird er nie wieder aus seinem Kopf bekommen. Mit diesem Bild im Kopf kann und will er nicht mehr weiter leben.
Endlich steht er auf dem Bahngleis und zieht die Pistole aus der Manteltasche. Zwei kurze Handbewegungen, Routine für einen Polizisten. Fest entschlossen steckt er die kalte Pistole in seinen Mund. Die Bahnhofsuhr fängt monoton zu schlagen an.

Diese hoffnungslose Stimme geht ihr nicht mehr aus dem Kopf. Sie kann Stimmungs-schwankungen sehr gut aus Stimmen heraushören. Überhaupt, kann sie Dinge hören, die Anderen entgehen. Sie ist blind. Von Geburt an.
In der Hand hält sie das Telefon. Schon seit Stunden. Sie könnte die Taste für angenommene Gespräche drücken und ihn fragen, warum er so hoffnungslos ist. Es ist schön spät. Kurz vor elf. Sie hat ein seltsames Gefühl im Bauch. Sie muss ihn anrufen. Aber das kann sie doch nicht einfach tun. So etwas ist verrückt. Wahrscheinlich bildet sie sich etwas ein, das gar nicht wahr ist. Sie nimmt den Hörer von einer in die anderen Hand um ihn dann wieder zögernd beiseite zu legen. Langsam stapft sie durch ihre dunkle Wohnung und holt sich ein Glas Wasser. Ihr ist ganz flau im Magen. Irgendetwas macht sie ganz nervös. Sie setzt sich auf ihren Sessel und nimmt den Hörer abermals in die Hand. Es ist elf Uhr, sie drückt  auf die Taste.

Die Bahnhofsuhr verstillt. Sein Handy vibriert in der Manteltasche. Eben wollte er abdrücken. Warum sollte ein Handy ihn von seinem Unterfangen abhalten? Wer um alles in der Welt wollte ihn jetzt anrufen? Ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt? Langsam zieht er die Pistole aus dem schon ausgetrockneten Mund.
Er sackt in sich zusammen. Tränen laufen über sein Gesicht. Er zittert am ganzen Körper. Das Handy verstummt.

Sie legt nach dem fünften Klingeln auf. Es ist doch viel zu spät. Sie hofft ihn, diesen Fremden, nicht geweckt zu haben. Womöglich findet er nun in seiner Verzweifelung keinen Schlaf mehr. Sie beschließt ins Bett zu gehen. Ihr rotes Kleid legt sie zusammengefaltet neben das Bett auf einen Stuhl. Das Klingeln des Telefons lässt sie zusammenzucken. Sie hebt den Hörer ab:
„Hayek?“
„Was um alles in der Welt, haben sie sich dabei gedacht?“ hört sie den Fremden schluchzend schreien.
„Entschuldigen sie bitte, ich habe an die Verzweiflung in ihrer Stimme denken müssen. Ich konnte nichts anderes tun als sie anzurufen.“ Antwortet sie mit ruhiger Stimme.

„Ausgerechnet jetzt? Sie sind ja verrückt!“ Die Stimme klang nicht verschlafen. Sie klang müde und verzweifelt. 
„Habe ich sie geweckt?“ wahrscheinlich war sie wirklich verrückt.
„Kann man so sagen, sie haben mich wieder ins Leben erweckt. Oder besser gesagt, ich wollte mich eigentlich gerade umbringen. Es ist für mich sinnlos weiter zu leben. Absolut sinnlos, verstehen sie? Ich wollte gerade abdrücken. Einfach Schluss machen. Dann wäre alles vorbei gewesen. Der ganze Schmerz. Verstehen sie? Nein, sie können das gar nicht verstehen. “

Sie kann es nicht fassen. Ihr Puls rast. Er wollte sich umbringen? Er lebt noch wegen ihr, wegen eines  einzigen Telefonates?

„Warum nicht? Erklären sie es mir?“ sie muss weiter mit ihm sprechen. Ja nicht auflegen, denkt sie.

„Es ist nun knapp ein Jahr her. Meine Frau und ich hatten einen Unfall. Ich fuhr den Wagen über die Autobahn. Wir wollten ans Meer fahren. Ein spontaner Urlaub. Sie hatte sich abgeschnallt, da sie Getränke aus der Kühlbox, die auf dem Rücksitz stand, holen wollte. Es ging alles ganz schnell und doch habe ich es noch in Zeitlupe vor Augen. Ein Überholmanöver vor unserem Wagen. Ich musste bremsen und sie flog durch die Windschutzscheibe. Die Ärzte sagten mir, sie wäre sofort tot gewesen.
Verstehen sie? Ich bin schuld am Tod meiner Frau. Und das schlimmste ist, ich lebe noch. Ich kann das nicht mehr länger ertragen! Ich war fest entschlossen mich vorhin abzuknallen. Es hat lange gedauert, verdammt lange, bis ich diesen Schritt gewagt habe. Warum also, warum haben sie mich nicht eine Sekunde später angerufen?“ den letzten Satz schreit er so laut heraus, dass sie zusammen zuckt.

„Schicksal. Es kann nur Schicksal sein. Sicher erleben sie gerade ein furchtbares Trauma. Es ist schwer so etwas ertragen zu müssen. Aber das Leben muss weiter gehen. Sie sind nicht schuldig am Tod ihrer Frau. Das Schicksal lässt uns sterben. Sie sind nicht Gott, sie haben nicht bestimmt wann ihre Frau stirbt. Deshalb können sie gar nicht Schuld haben. Ich bin nicht Gott, ich kann sie nicht am Leben erhalten. Aber ich kann sie am töten hindern. Sie wollen einen Menschen töten. Egal welcher es ist. Wir dürfen nicht Gott spielen. Sind sie noch dran.“ Sie drückt den Telefonhörer an ihr Ohr.
„Ja, ich lebe noch, leider!“ wieder dieser hoffnungslose Unterton in dieser Stimme.
„Machen sie die Augen auf, schauen sie sich um. Das Leben, können sie es sehen? . Versuchen sie es auch wieder zu spüren. Tun sie es für mich.“ Nicht nachlassen, immer weiterreden, denkt sie.
„Ich kenne sie überhaupt nicht!“ erwidert er.
„Sie lernen mich gerade kennen und ihr Leben müssen sie auch wieder kennen lernen. Wo sind sie?“
„Am Bahnhof.“ Hört sie seine Stimme, die nun etwas ruhiger klingt. „In welcher Stadt?“ sie könnte die Polizei rufen, überlegt sie angestrengt.
„Mühlhausen.“
Nein, sie muss weiter mit ihm reden. Bis die Polizei kommt, könnte er sich schon längst erschossen haben.
„Mühlhausen am Hauptbahnhof? Das ist nicht weit von mir. Kennen sie den Stadtpark?“ fragt sie ihn und überlegt angestrengt weiter, wie sie ihn von seinem Unternehmen abbringen kann.
„Den Stadtpark? Ja!“ ein hoffnungsvolles „JA“ denkt sie. „Dann gehen sie da hin!“ „Wozu?“ fragt er. „Für mich, bitte. Gehen sie zum Eingang des Stadtparks, aber behalten sie ihr Handy an. Nicht auflegen bitte!“ fleht sie ihn an.
„Gut, vielleicht ist der Stadtpark ja besser geeignet um zu sterben. Jetzt lebe ich eh schon viel länger als geplant. Ist ja auch vollkommen egal. Ein letzter Spaziergang vor dem Tod!“ sie hört seine Schritte durch das Telefon.
„Hören sie auf mit dem Quatsch! Sie sollen mir einen Gefallen tun. Und wenn es der letzte Gefallen in ihrem Leben ist, den sie tun!“ jetzt wird ihre Stimme laut. Sie lauscht den Geräuschen aus dem Telefon. Seine Schritte sind langsam. Sie kennt die Geräusche die sich auf dem Weg vom Bahnhof bis zum Stadtpark befinden. Ein bellender Hund, der Springbrunnen in der Fußgängerzone neben der Apotheke. Die quietschende Eingangstüre zum Park. Sie hört wie er die Tür öffnet. Und dann seine Stimme: „An welchen Gefallen haben sie gedacht?“
Sie rutscht aufgeregt in ihrem Sessel hin und her und nimmt einen Schluck Wasser. „Wenn sie immer gerade aus gehen treffen sie auf eine riesige Eiche. Sehen sie sie?“
„Ja.“ Seine Stimme klingt leise.
„Ich stehe sehr oft unter dieser Eiche. Der Baum strahlt Harmonie aus. Wenn ich unter ihm stehe habe ich das Gefühl von Geborgenheit und Wärme. Wenn ich um ihn herum laufe, spüre ich seine dicken Wurzeln unter meinen Füßen. Seine Wurzeln sind stark und im Erdboden gefestigt. Wenn es windig ist höre ich seine Blätter erzählen. Sie erzählen mir von der Verbundenheit  der Natur. Er erzählt mir vom Leben. Vom Kommen und Gehen. Von Geburt und Tod. Ich weiß nicht wie alt er ist. Vielleicht hundertfünfzig vielleicht zweihundert Jahre? Oder noch älter?
Im Sommer höre ich manchmal, wie die Kinder auf ihm herumklettern, lachen und fröhlich sind. Sind sie noch dran? Was spüren sie gerade?“ sie lauscht in den Tele-fonhörer. Die Antwort ihres Gesprächspartners lässt auf sich warten.
„Ich, ich weiß nicht“, stottert er, „ich bin das Gegenteil. Die Disharmonie. Meine Wurzeln sind beschädigt und meine Blätter vertrocknet. Ich habe keine Verbunden-heit zur Natur. Ich hasse die Natur, weil sie dir jederzeit nehmen kann, was du liebst. Ich hasse sie mehr als den Tod selbst.“
Sie schluckt aber versucht weiter zu sprechen: „Okay, dann tun sie mir jetzt den einen Gefallen. Klettern sie auf den Baum!“ er wird mich für verrückt halten, aber Hauptsache er lebt noch.
„Wie bitte?“ hört sie eine erstaunte Stimme. „Sie haben richtig gehört, klettern sie auf den Baum!“ bittet sie ihn. „Ich habe kein Seil dabei, nur meine Pistole!“ „Legen sie sie auf den Boden.“ Es raschelt in der Leitung. Sie hört einen Ast knacken. Er tut es wirklich. Sie ist erleichtert. „Ich bin oben und jetzt?“ hört sie ihn endlich. „Was sehen  sie?“ sie hält den Kopf aus dem Fenster und atmet die Nachtluft ein.
„Nichts, es ist dunkel.“ „Und was riechen sie?“ gespannt wartet sie auf seine Antwort. „Ich rieche den Duft des Todes!“  wieder dieser hoffnungslose Unterton in seiner Stimme. „Nein,“ entgegnet sie, „es ist nur der Duft der Nacht! Und bald werden sie den Duft des Tages riechen können. Sie haben ihre Todesnacht überlebt und sie werden jetzt da oben sitzen bleiben, bis ihr neuer Tag, ihr neues Leben beginnt. Sie werden solange sitzen bleiben bis ich bei ihnen bin. Ich möchte den neuen Tag mit ihnen erleben. Verstanden?“ sie zittert. Wird er ihr gehorchen? Wenn sie jetzt auflegt, könnte er sich doch noch umbringen. Sie ist unsicher.
„Hören sie, wenn sie diese Nacht nicht überstehen, dann fühle ich mich schuldig an Ihrem Tod. Können sie das verstehen? Sie wissen nur zu gut wie dieses Gefühl ist!“
„Ja! Mir bleibt nichts anderes übrig als hier auf sie zu warten.“ er schluchzt in das Telefon. „Sie werden sich wundern, was ihnen alles noch übrig bleibt! Ich beeile mich!“ Hastig zieht sie ihr Kleid an, schnappt ihren Blindenstock und schlüpft  in ihre Schuhe, die an der Eingangstüre stehen.

Mit dem Blindenstock voran geht sie die Straße hinunter zum Park. Sie hört die Vögel im Morgengrauen zwitschern. Die Sonne muss bereits ihren Lauf genommen haben. Die Luft riecht frisch. Sie rennt, denn sie ist sich nicht sicher, ob er immer noch auf dem Baum sitzt. Hat er sein Leben vielleicht doch beendet. Ihr Puls rast. Sie hat Angst ihn vielleicht tot unter dem Baum zu finden. Das Tor des Stadtparks steht offen. Sie will viel schneller rennen, als sie kann.

Endlich hat sie die alte Eiche erreicht. „Hallo, sind sie hier?“ ruft sie
„Hier oben!“ hört sie seine Stimme, die jetzt ganz anders klingt als in der Nacht. „Was sehen sie!“ ruft sie in seine Richtung. „Einen neuen Tag!“ entgegnet er. Seine Stimme klingt gut. „Wie sieht der Tag von da oben aus?“ will sie wissen. „Klettern sie doch hinauf und sehen sie selbst!“ Sie legt ihren Blindenstock beiseite. Er hat ihn offensichtlich nicht bemerkt. Sie will es versuchen und tastet an der Rinde des Stammes entlang. Sie fühlt einen dicken Ast und zieht sich daran hinauf. Sie ist noch nie auf einen Baum geklettert. Sie hat oft davon geträumt, es aber nie gewagt.
Vorsichtig hangelt sie sich auf den nächsten Ast, als sie seine Hand spürt. Er zieht sie zu sich nach oben. Sie fühlt die Morgensonne auf ihrer Haut und seinen warmen Atem neben sich. „Und, wie sieht ihr neuer Tag aus?“ unterbricht sie die Stille. „Hell!“ war da etwa ein Lächeln in seiner Stimme? „Und ihrer?“ sie fühlt seine Hand noch in ihrer liegen. „Schwarz,  aber ich finde er duftet nach Leben!“
Lange hält er noch ihre Hand in seiner, während der Tag hereinbricht. Sein neuer Tag!

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Kommentare zu diesem Text

seelenliebe (52)
(02.07.06)
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 GillSans meinte dazu am 02.07.06:
Oh, vielen Dank liebe Anne, fürs Lesen und diesen tollen Kommentar. Das freut mich riesig!!!!
Danke.
Herzliche, sonnige Grüße Ines

 rela (02.07.06)
Eine fesselnde Erzählung. Das Ende wird zum neuen Anfang.
Habe ich mit Spannung gelesen und empfehle den Text gerne weiter. Liebe Grüße, Rela

 GillSans antwortete darauf am 02.07.06:
ich danke dir sehr....besonders auch für deine empfehlung....
freut mich unglaublich.
Herzliche Grüße Ines
hüllenlos (29)
(13.07.06)
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 GillSans schrieb daraufhin am 13.07.06:
Liebe Nicole,
ich danke dir fürs Lesen, weil so lange texte werden hier doch nicht so gelesen glaube ich...na egal...und ich muss dazu sagen...mir liegt die Gegenwart als Schreibform überhaupt gar nicht...aber ich habe sie gewählt, um dieses heute rüberzubringen, das was ist und was man ändern kann im Jetzt. Vielleicht ist in der Geschichte auch noch nicht alles rund man könnte noch vieles ändern, wenn man wöllte...so wie im Leben eben....man lebt es...und hinterher stellt man fest, man hätte es anders leben können...
so ist das vielleicht manchmal auch mit texten...,man schreibt sie und hinterher stellt man fest, man hätte es auch besser können...texte kann man ändern, das leben nicht...
und weil das hier: Der Duft des Lebens heist...werde ich ihn nicht mehr ändern!
Liebe duftige Grüße Gill

 franky (01.12.06)
Liebe Ines,
während ich schreibe läuft noch eine träne über meine wange... es ist über mich gekommen und ich ließ es einfach heraus.. deine geschichte ist so herrlich und verrückt..
verrückt wie das leben das jeden tag an uns vorüberzieht.
manches kann ich, können wir ergreifen, begreifen; anderes fällt zwischen den fingern auf den boden, die straße und wird vom fluß der zeit weggeschwämmt.
ich danke dir für diese geschichte, sie hat mich tief berührt.
drücke dich Franky mit lieben gedanken für dich

 GillSans äußerte darauf am 01.12.06:
Ich danke Dir für deinen lieben Kommentar und natürlich für den Doppelklick.....das ehrt mich sehr.
Liebe Grüße von der Gill
Devasya (33)
(17.04.07)
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 GillSans ergänzte dazu am 17.04.07:
Ich habe zu danken für Deinen Kommentar und den Klick natürlich.
Freue mich sehr darüber, wenn Dir der Text gefallen hat.
Und ich möchte nicht versäumen Dir ein "Herzliches Willkommen" bei KV rüberzurufen.
LG die Gill

 souldeep (16.03.08)
tief berührt häng ich die sterne hoch
und lass es sinken, das, was du als
deinen lieblingstext bezeichnest - und
ich kann das sehr gut nachvollziehen.

meine anerkennung vom feinsten für
dich, liebe Ines,
herzvoll,
Kirsten

 GillSans meinte dazu am 16.03.08:
Liebe Kirsten, schön, dass Du Dich durch diesen langen Text gearbeitet hast und ich freue mich sehr, dass er Dir gefallen hat.
Danke für die Sterne.
Liebe Grüße, Ines

 souldeep meinte dazu am 16.03.08:
das hat mich keine arbeit oder mühe gekostet,
du liebe, das war ein mitgerissen werden! -
was ich vergass, anzumerken: einzig die
jahreszeit passt für mein empfinden nicht so
ganz zum kleid und dem regen...weil die
temperaturen, auch um auf bäume zu klettern
und die nacht zu ende gehen zu lassen, doch
im november einfach zu kalt wäre...-
was meinst du?

viele liebe grüsse dir
kirsten

 GillSans meinte dazu am 17.03.08:
Ja man könnte November in September umändern
Septemberrain sozusagen )))
Danke für die Idee
die Gill
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