berliner flair

Alltagsgedicht zum Thema Allzu Menschliches

von  modernwoman

Illustration zum Text
Berlin bei Nacht
(von modernwoman)
dunkle züge rollen durch die helle nacht
berlin, berlin - ist aufgewacht
dunkle züge im lichtermeer
wo fahren sie hin, wo kamen sie her

ein einsamer gast im u-bahnabteil
rutscht hin und her auf seinem hinterteil
zum dritten mal schon fährt er diese strecke
schaut auf seine füsse und an die decke

weiss nicht, wann er nun springen soll
denn immer ist das abteil um ihn voll
so schaut er nun grimmig und voller wut
das aber tut - seiner psyche gut

in all seiner wut ist kein platz mehr zum sterben
statt dessen quält er beim fluchen die verben
berlin, berlin - du bist nun wach
ein teil deiner bürger ist sehr schwach

da sind die adretten und angepassten
ein jeder von denen lebt in einem kasten
das schlimme bei diesem ganzen getue
sie reden von recht - und meinen grabesruhe

denn wer nicht wie sie im kasten lebt
ist sehr verdächtig und anders gewebt
doch glücklicherweise sind so nicht alle
nicht jeder tappt in die bürgerfalle

ein freier kopf und der rücken bleibt grade
doch leider nicht alle und das ist schade
berlin ist das mekka der pseudoproleten
die gehn nicht malochen - ham aber moneten

berlin, berlin - diese überstadt
die arme und reiche in massen hat
sie liebt alle menschen gleichermassen
pulsierendes leben auf breiten strassen

am wasserklops ist grad ein gedränge
da hebt ein typ sich aus der menge
im halbnackten outfit, so wie ein mops
turnt er artistisch am wasserklops

und während die menge ekstastisch klatscht
der typ grazil durch das wasser latscht
dann kommt die polente mit blaulicht und horn
fragt, was der kerl im wasser verlorn

und ausserdem - so wird ihm beschieden
verstiesse sein outfit gegen den frieden
das happening wird nun vollens zur posse
der nacktmann polentens weggenosse

berlin, berlin - das ist dein leben
wer wird dem nackten nun kleider geben
da geht ein raunen durch die menge
ein rempeln, schubsen und gedränge

der nackte registriert sogleich das chaos
ein kurzer ruck - schon flitzt er los
man sieht die polente verwundert gucken
ein blick hinterher - dann ein achselzucken

das ist berlin, hier lernt man es kennen
sieht keine polente dem typen nachrennen
berliner schnauze und noch mehr gefühl
das ist er - der berliner stil

© Cornelia Warnke

http://www.keinsound.de/modernwoman/mp3/berliner_flair2.mp3

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Kommentare zu diesem Text

Ju.Sophie (53)
(25.08.06)
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 modernwoman meinte dazu am 25.08.06:
hallo sophie, ich finde es schön, dass dir "mein" berlin gefallen hat. ist auch eine schöne stadt, ebenso wie wien. lg. -conny-
sommersonnenwende (19)
(25.08.06)
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 modernwoman antwortete darauf am 25.08.06:
danke, dass dir dieses gedicht gefallen hat. ich habe gelesen, du benutzt viele sprüche von che guevarra, dann wird dich vielleicht mein gedicht aus den 70ern interessieren: erkenne die zeichen der zeit. ich wünsche dir ein schönes we. lg. -conny-
C.S.Steinberg (43)
(06.09.06)
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 modernwoman schrieb daraufhin am 06.09.06:
zwischen den wänden der häuser.... hört sich fast an wie gleisdreieck und der ritt mit der ubahn nach kreuzberg richtung schlesisches tor oder auch schon zurück. ich freue mich, dass mein gedicht bei dir erinnerungen freigelegt hat, assoziationen zu bestimmten ereignissen, eindrücken, gefühlen. danke für deinen kommentar und die empfehlung *knicks* liebe grüsse -conny-
C.S.Steinberg (43) äußerte darauf am 06.09.06:
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Nicola (80)
(06.09.06)
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 modernwoman ergänzte dazu am 06.09.06:
dir zuerst einmal ein fröhliches hallo nicola
ist das nicht schön, wenn durch einige worte ein gedanken-wasserfall losgetreten wird mit vielen angenehmen und häufig auch lustigen erinnerungen? was die hunde in berlin angeht - eigentlich sind wir berliner hier ja nur geduldete zweibeiner *lol* und taxifahrer sind schlimmer als in newyork oder istanbul - eben berliner taxifahrer *kicher* und doch haben alle die "schnauze" auf dem rechten fleck! vielen dank für deinen kommentar, der micdh nun auch schmunzeln lässt.
liebe grüsse
conny
Rechtschreibprüfung (30)
(24.10.11)
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