Mato beim Tierarzt (4. Teil)

Bericht zum Thema Humor

von  tastifix

Ich stand auf diesem blöden Tisch, den ich aus wohl mehr als verständlichen Gründen da zutiefst verwünschte und bibberte mich halb zu Tode vor Angst, zumal ich nur noch Weiß sah. Vorne vor mir ein weißer Kittel, rechts Frauchen plus ein Weißkittel, links zwei und hinter mir auch noch einer.
„Ganz schon unfair, Sechs gegen Einen!“, erboste ich mich. Leider brachte ich nur ein klägliches Winseln zustande.

„Gleich wird` s ernst“, dachte ich.
Kurz vorher hatte ich bereits meine Rute zwischen die Beine geklemmt. Jetzt hing die mittlerweile irgendwo unter meinem Bauch vor Panik.
„So, Matochen!“, forderte da Frau Dr. Pieks mich auf, „jetzt hältst du mal eine Sekunde lang still. Dann hast du es hinter dir.“

Erstens hatte ich keine Ahnung davon, was eine Sekunde überhaupt war, demnach erst recht nicht, wie lang die dauerte und zweitens konnte da niemand mehr von mir erwarten, dass ich etwa still hielte.
„Au weia, die marschiert zum Schrank!“

Garantiert suchte sie sich die Spritze aus mit der dicksten Nadel. Nicht mit mir! Ich war doch nicht so bekloppt und ließ mich von deren Schmeichelei täuschen. Eigentlich hätte ihr das klar sein müssen, denn sie kannte mich doch schon von Babybeinen an. Schon immer war ich ein Trotzkopf gewesen, wenn auch ein extrem lieber. Hier auf dem Behandlungstisch gedachte ich diese Eigenschaft keinesfalls abzulegen. Es ging schließlich um Sein oder Nichtsein, wau!

„Die werden sich wundern!“, schwor ich mir.
Inzwischen hatte die Ärztin sich das passende Folterinstrument gewählt. Ich hatte es doch geahnt: Furchterregend sah das aus, mindestens so lang wie mein Bein bis zum Knie und so dick wie zwei meiner Krallen zusammen. Na ja, zumindest fast. Frau Dr. Pieks näherte sich mir, das Ungetüm in der rechten Hand. Mit der linken kraulte sie mich unter der Schnauze.
„Für Matochen brauche ich keinen Maulkorb. Den kenne ich lange genug. Der würde mich nie beißen!“, erklärte sie Frauchen.
„Da haste zwar recht, besagt aber nichts über meine Einstellung zu diesem ganzen Theater!“, dachte ich.
Ich schielte zu Frauchen. Klar, die freute sich über diese Bemerkung der Ärztin und zeigte deutlich ihren Stolz darüber. Aber auch das konnte mich nicht mehr von meinem Plan abbringen.

Die Spritze kam näher und näher. Ich strampelte heftig und heftiger und es gelang mir tatsächlich, mich aus dem gemeinen Klammergriff der Zweibeinertruppe zu winden. Angst verleiht ungeahnte Kräfte, die ich dann prompt einsetzte. Bevor die entsetzte Mannschaft um mich herum überhaupt zufassen konnte, machte ich einen gewaltigen Hopser mit allen Vieren hoch in die Luft.
„Um Gotteswillen, Matochen!“, stöhnte Frauchen.
In ihrem Schrecken sah sie mich bestimmt schon zermatscht am Boden liegen. Die Anderen starrten nur entsetzt. Es hatte ihnen wohl die Sprache verschlagen.

Triumphierend forschte ich aus luftiger Höhe in deren Gesichtern. Komisch, die waren ja fast so weiß wie deren Kittel. Hatte ich die etwas mit meiner Aktion dermaßen beeindruckt?
„Wartet nur ab. Das war ja noch nicht alles!“
Anstatt dann im nächsten Moment völlig platt als Flokati den Boden des Untersuchungszimmers zu schmücken, brachte ich das Kunststück fertig, doch tatsächlich mit allen vier Pfoten wieder auf dem Tisch zu landen. Nein Freunde, ich war nicht etwa jener Kugelbaron, über den mir Frauchen mal die tollsten Geschichten erzählt hatte, sondern einfach nur sehr sportlich.

Sofort hielten sie mich wieder fest, noch fester als vorher. Ob die befürchteten, ich könnte dieses Kunststück wiederholen? Ich war gefangen und trotzdem nicht ganz unzufrieden, denn die Spritze hing da immer noch in der Luft und nicht in meinem Allerwertesten. Dummerweise bedeutete das aber, dass die Prozedur noch immer nicht überstanden war.

Wieder und wieder versuchte ich, nach hinten und auch vorne wegzurutschen. Umsonst. Zweibeiner lernen anscheinend schnell und da hatten sie extra schnell dazugelernt. Also blieb es mir nur noch, ein grauenhaftes Heulen vom Stapel zu lassen. Vielleicht kriegte ich sie damit k.o.?

Frauchen lief der Schweiß übers Gesicht, den Helferinnen ebenfalls und meine geliebte Ärztin wirkte total groggy. Die ganze Mannschaft war offensichtlich reif für eine Dusche. Wenigstens das hatte ich erreicht. Wenigstens das.

„Matochen, hör auf mit dem Quatsch! Ist doch längst vorbei!“, redete Frauchen auf mich ein.
„Wauwuuh??“, stutzte ich.
Da Frauchen mich noch nie angelogen hatte, musste ich es ihr wohl glauben.
„Aber ich hab` doch überhaupt nichts gemerkt!“, jaulte ich schon sehr viel leiser abschließend ganz kurz.
Ich war erleichtert. Ich bliebe also am Leben. Doch als ich mich dann beruhigte hatte, schämte ich mich regelrecht, mich so angestellt zu haben. Das war eines Prinzen von Emsdahl wirklich nicht würdig gewesen.

Die Ärztin lachte, die Helferinnen streichelten mich und Frauchen schmuste mit mir. Dann nahm mich das eine junge Mädchen ein zweites Mal auf den Arm. Diesmal hatte ich keine Angst mehr. Es war ja vorbei. Vorsichtig setzte sie mich auf den Boden. Zuerst wackelten meine Beine ja noch ein wenig. Doch dann stellte ich mich schon wieder selbstbewusst hin, wedelte sogar etwas und meinte:
„Wauwuff!“
Das hieß soviel wie:
„Überstanden!“
Böse war ich ihnen übrigens nicht, war ja nicht nachtragend.

Frau Dr. Pieks vermerkte die Impfung in meinem Pass, ließ sich von Frauchen ein wenig Geld dafür schenken und wandte sich dann zu mir:
„Na, du Süßer, war es denn so schlimm?“
Um nichts in der Welt hätte ich da zugegeben, dass dem nicht so gewesen war. Die Ärztin öffnete eine mir aus den Vorjahren sehr wohl im Gedächtnis gebliebenen Schublade und holte doch wirklich eine große Tüte mit leckeren Frolics heraus.
„Komm mal her. Für dich zur Versöhnung!“, streichelte sie mir über den Kopf.
Ich guckte sie lieb an, nahm aber nichts.
„Wuffwuff!“, war meine nicht mehr so ganz schüchterne Antwort darauf.
„Typisch, Matochen. Er wäre ja auch nicht er, nähme er hier jetzt noch Leckerchen an! – Wissen Sie was? Ich geb` Ihnen ein paar davon mit. Vielleicht nimmt er sie ja draußen!“, grinste Frau Dr. Pieks.

Aufatmend verließ Frauchen mit mir die Praxis.
„Uff, Knödelchen, das war ja wirklich Spitze, was du da veranstaltet hast!“
Da gab ich ihr gerne recht, denn ihrer Stimme nach zu urteilen, war das bestimmt als großes Kompliment an mich gemeint. Oder etwa nicht??

Kaum draußen, setzte ich mich mit einem Super-
Dackelblick vor mein Frauchen, legte den Teddykopf schief und hob meine Pfote.
„Her mit den Leckerchen!“, forderte ich.
Frau Dr. Pieks beobachtete das von der Praxistüre aus und lachte sich kaputt. Frauchen lachte mit.

Beide wieder bester Laune, marschierten Frauchen und ich nach Hause.

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