Flucht unmöglich!

Kurzprosa zum Thema Humor

von  tastifix

Schwangere Frauen entwickeln Gelüste, die sie unter normalen Umständen eisern abgelehnt hätten.

Viele erliegen dem Einkaufswahn, stapeln Rüschenblusen und Strampelhosen bis hin zur Zimmerdecke, rasen, da deswegen dann unvermeidbar, ins nächste Möbelgeschäft und erstehen notgedrungen einen zusätzlichen Kleiderschrank. Den Rest der seligen Erwartungszeit frönen sie der kurzweiligen Beschäftigung des Ein-, Um- und Wiederausräumens eben dieses Einrichtungsutensils, lassen voll der wachsenden Freude auf den kleinen Schreihals die Mimimode durch ihre Hände gleiten, sind hin und weg und futsch und kommen zu nichts anderem mehr. Sogar der werdende Papa ist (fast) abgemeldet.

Andere wiederum verbringen den Vormittag in den verschiedenen Lebensmittelläden, entdecken bei sich mehr als groteske Geschmacksvorlieben, sind denen hilflos ausgeliefert und verhelfen den Geschäftsleuten zu wahrem Triumphgeschrei und irrem Umsatz. Zuhause stehen die Frauen fassungslos vor ihrer Beute. Eigentlich hassten sie doch genau dieses Zeug wie die Pest. Doch jetzt öffnen sie wie unter Zwang das erste Glas extra scharfer Pepperoni und nehmen dafür sogar den sich anschließenden Nach-Luft-Schnapp-Anfall in Kauf. Höchst zufrieden stellen sie fest, dass sie von diesen Kehlkopfknallbonbons einen Vorrat für mindestens zehn Tage erstanden haben.

Unter den Futtersüchtigen gibt es welche, die sich mit Wonne auf die Kalorienbomben-Sahnetorten mit „Obendrauf-auch-noch-Sahnekringeln“ stürzen. Keine ist vor ihnen sicher. Sie stopfen in sich hinein, was der Magen aushält und das ist nicht wenig. Mit Erstaunen und steigendem Entsetzen beobachten die Umsitzenden, wie sogar die Kuchenteile Nummer Drei und Vier in bewundernswertem Tempo den Weg alles Essbaren einschlagen. Man kann förmlich zusehen, wie die zukünftigen Mütter nicht nur an der für ihren Zustand typischen Stelle, sondern rundherum zunehmend kugeliger werden. Das beweist eindeutig: Schwanger zu sein, fördert die Figur.


Ein paar Bald-Mamas jedoch legen sich extra ausgefallene Hobbys zu, die dann die nähere und nächste Umgebung wahrlich zur Verzweiflung bringen.

Tja, und zu jenen Exemplaren zählte ich damals, als ich mein erstes Kind erwartete. Anstatt einzukaufen und zu futtern bis zum Umfallen, dachte ich mir etwas ganz Besonders aus. Ich bügelte von morgens bis abends ohne Unterlass. Ich griff mir alles, was nicht niet- und nagelfest war. Blusen, Hemden, Trockentücher, Waschlappen usw. mussten dran glauben. Leicht unentschlossen musterte ich meine Stores vor den Fenstern, denn die zeigten deutliche Falten, frech von ganz oben bis ganz unten. Letztendlich rettete allein deren Stoffbeschaffenheit als auch meine Faulheit, sie dazu abhängen zu müssen, die Gardinen vor der Plättmassage auf meinem Bügelbrett.

Zum Ausgleich für den dadurch entstandenen Spaßverlust durchforstete ich Zentimeter für Zentimeter sämtliche Räume nach Opfern ausgefallener Art. Im Kleiderschrank meines Mannes wurde ich fündig und kramte einen ganzen Wäschekorb so eigenartig verknoteter Dinger heraus. Frohen Mutes raubte ich denen ihren Knoten und verpasste ihrem weichen Körper Bügelfalten, die eines Kaisers würdig gewesen wären. Die Prestige-Linien ordentlichst nach einer Seite ausrichtend, legte ich diese Lieblinge meines Mannes zurück in den Korb. Er würde Augen machen... !

Tat er auch, sogar dann ganz große, als er mein peinliches Machwerk entdeckte, überwand sich nur äußerst zögerlich - wohl nur mir zuliebe -und streifte sich seine nunmehr Von-und-Zu-Socken über. Seine roten Ohren verrieten es mir: Der schämte sich wegen seiner gestriegelten Fußkleider halb zu Tode... und ich mich dann auch etwas.

Doch die Sucht ließ mich nicht los. Mich gierte nach einer Steigerung, das Sockenabenteuer befriedigte mich nur für genau einen einzigen Tag. Stunden um Stunden tigerte ich durch die Wohnung, schickte meinen Blick Ideen suchend über Schränke, Regale und sogar unter unsere Betten. Nichts, ich war kurz vorm Zusammenbruch.

Doch so schnell gab ich mich nicht geschlagen. Ich überlegte und dachte nach und überlegte aufs Neue. Da war doch... Da gab es doch noch...

Gegen Abend kehrte mein Mann vom Dienst zurück.
Wie ein Blitz durchfuhr es mich. Ein Leuchten flog über mein Gesicht. Mein Gegenüber betrachtete grübelnd, die hohe Denkerstirn in Falten gelegt, misstrauisch und zunehmend misstrauischer mein Bügelbrett.

Ich strahlte ihn an, mehr und mehr:

ZU  SPÄÄT!  UMSONST  GE... GRÜBELT... !!

Kurz darauf dann...  war er ausgesprochen platt.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text


 BrigitteG (13.02.07)
Waschlappen bügeln ... hui. Muss schwierig gewesen sein, damals in Deiner Umgebung, Gaby *g*. Ein schöne Pointe hast Du in Deiner amüsanten Geschichte - die ganz neue Variante, sich zur Alleinerziehenden zu machen... Liebe Grüße, Brigitte.
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram