Heinz hatte seine Kinder schon lange nicht mehr gesehen. 1 Jahr, um genau zu sein. Doch heute sollte er seine Liebsten wiedersehen. Es war der 24.12. und - wie jedes Jahr - wollten seine Kinder zu ihm kommen, um Weihnachten zu feiern. Das war mittlerweile so Traditon bei Heinz und seinen Kindern geworden. Seit Hilde, die Frau von Heinz nicht mehr unter den Lebenden weilte war der 24.12. jedes Jahr einer der wenigen Tage, an denen sich Heinz nicht so allein fühlte wie er war. Denn es kamen jedes Jahr seine Kinder sie und brachten Leben mit in das Haus am See, indem Heinz nun schon 72 Jahren lebte. Er mochte die Stadt auch nicht. Er lebte in Ruhe und Einsamkeit in seinem Haus am See. Doch nun war es wieder soweit:
Heilig Abend!
Heinz traf grad die letzten Vorbereitungen, als es an seiner Tür klopfte. Endlich! Tom war da und brachte seine Schwester Vanessa mit. Sie standen da, vor der Tür, mit den guten Sachen, die sie jedes Jahr trugen. Heinz freute sich riesig, seine zwei beruflich sehr erfolgreichen Kinder wiederzusehen - schließlich sah er sie nur ein mal im Jahr. Er öffnete die schwere Holztür und umarmte seine Kinder. Wie jedes Jahr gingen sie dann alle zusammen in die gute Stube des Hauses am See, in der auch schon ein Kaminfeuer ein angenehmes Licht auf den schön dekorierten Weihnachtsbaum warf. Es war ein 2m großer, grüner Tannenbaum mit einer goldenen Spitze und vielen roten und blauen Kugeln. Er sah aus, wie er schon damals ausgesehen hatte, als Tom und Vanessa noch kleine Kinder waren und auch hier im Haus am See gelebt hatten. Heinz bachte das Essen - Kartoffelsalat und Bockwürstchen - wie jedes Jahr - und unterhielt sich mit Tom und Vanessa. Die Themen waren die verschiedensten: Arbeit, Geld, Stress, Erlebnisse und wie schwer es doch war, für die Freunde die Weihnachtsgeschenke zu kaufen...
Es war, wie es jedes Jahr war. Ein wunderschöner heiliger Abend. Doch Tom meinte, dass sein Geschenk für den Vater - eine neue Kücheneinrichtung - viel hochwertiger sei, als Vanessas neue Sitzgarnitur für des Vaters Wohnzimmer.
So begann eine Diskussion unter den Geschwistern. Heinz jedoch bekam davon nichts mit, denn er war während des Streites nicht im Haus.
Er wollte - wie jedes Jahr - Seinen Weihnachtsspaziergang um den kleinen See machen.
Als er durch die Tür seiner Wohnung schritt und nichts hörte, war ihm klar, dass seine Kinder - wie jedes Jahr - im Streit auseinander gegangen waren. Er würde sie frühestens in einem Jahr wiedersehen.
Still stand er in der Tür - wie jedes Jahr - und es tropfte eine Träne auf den kalten Holzboden vor der Haustür des verlassenen Hauses am See.
Als er da so stand wusste er: Es ist Weihnachten.
J.N., 27.12.2006
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