Der Schnarchzapfen

Kindergeschichte zum Thema Gleichgültigkeit

von  GillSans

Einst lebte ein kleiner dicker Schnarchzapfen im Wipfel einer uralten, hochgewachsenen Tanne.

Dort schlief er die meiste Zeit und, wie sein Name ja verrät, schnarchte er sehr laut dazu.
Er tat sonst nicht viel, denn er war etwas träge und ein klein wenig faul. Weil er so viel schlief träumte er oft. Er träumte von der Sonne, vom Schnee, vom Mond, von den Tieren im Wald und davon – aber das hätte er nie zugegeben –  einen richtig guten Freund zu haben.
Er fühlte sich etwas einsam da oben auf seiner Tanne. Vielleicht war das auch der Grund, warum er so viel schlief.

Wenn er wach war, was allerdings nicht oft vorkam, wurde er sehr traurig, dann beschloss er einfach weiter zu schlafen und nur von den schönen Dingen auf der Welt zu träumen. Wenn er einen ganz besonders tollen Traum träumte war es jedoch so, dass er auch furchtbar laut schnarchte. Die alte Tanne bog dann vor Zorn ihre Zweige und wollte den Schnarchzapfen am liebsten von ihrem Wipfel herunter schütteln. Doch dieser hing viel zu fest an ihrem Zweig.
Nachts fühlten sich die Tiere im Wald vom lauten Schnarchkonzert gestört.

Eines Abends, als der Schnarchzapfen wieder einmal besonders herrlich träumte und der Nadelbaum vergeblich mit den Ästen schüttelte, um den Zapfen wenigstens wach zu rütteln, kam es, das sich die Tiere im Wald vor der Tanne versammelten.

„So kann es nicht weiter gehen!“ seufzte das Eichhörnchen und starrte nachdenklich zum Schnarchzapfen hinauf. „Wir müssen etwas unternehmen!“ meldete sich ein übermüdestes Reh. Es fand nachts keinen Schlaf mehr, wegen Zapfens Schnarcherei. Tiefschwarze Ringe trug es unter den Augen. „Genau!“ hörte man einen dicken Steinpilz rufen, der grimmig im freuten Moos stand.

Der schlaue Fuchs hatte eine Idee und wandte sich an das Eichhörnchen: „Du, sammele doch schnell zwei Haselnüsse. Die stecken wir dem Schnarchzapfen in die Nasenlöcher.“

Wenig später sah man das Eichhörnchen auf die Tanne klettern um dem Übeltäter zwei große dicke Nüsse in dessen Nasenlöcher zu stopfen. Erst funktionierte das ganze Vorhaben gut. Der Zapfen japste kurz, öffnete dann den Mund und rang nach Luft.

Doch nach etwa drei Minuten fiel ihm der Mund wieder zu und als er abermals einen genüsslichen Schnarcher von sich geben wollte, flogen die Haselnüsse im hohen Bogen durch die Luft und landeten mit einer rasanten Geschwindigkeit auf den Schädel des Fuchses. „Autsch!“ rief dieser ärgerlich.

„So geht das nicht!“ mischte sich nun eine Amsel ein, die das ganzen Schauspiel von Weitem beobachtet hatte. Ihr kam eine andere Idee in den Sinn: „Ich werde zu ihm nach oben fliegen und zwicke ihm die Nase mit meinem Schnabel zu.“ Die anderen Tiere fanden den Vorschlag nicht schlecht.

Es funktionierte. Doch leider hatte die Amsel nach sieben Stunden den Schnabel gehörig voll. Außerdem musste sie zurück zu ihrem Nest, um ihre Kinder zu füttern.

Eine halbe Stunde später, der Abend brach gerade an, erwachte der Schnarchzapfen und fasste sich jammernd an seine dicke Nase. Diese war purpurrot angeschwollen. Die Amsel hatte wohl zu fest an Zapfens Nase gezwickt. Der Zapfen dachte er hätte sich eine schlimme Grippe eingefangen und heulte  die ganze Nacht hindurch. Er konnte vor Schmerzen kein Auge zudrücken. Die anderen Tiere im Wald auch nicht, denn das Schluchzen war unerträglich.

Erst als die Sonne am nächsten Morgen auf ging hörte man den Schnarchzapfen wieder schnarchen.

Abermals versammelten sich die Tiere vor der Tanne und berieten sich.
„Wir müssen ihn wach halten.“ rief der Hirschhornkäfer in die nachdenkliche Menge.

„Wie wollen wir das denn schaffen?“ entgegnete der Fuchs, der sich ein wenig ärgerte, weil er nicht auf diese Idee gekommen war.

„Wir erzählen ihm abwechselnd von unseren Abenteuern im Wald. In Schichtarbeit, sozusagen!“ rief der Pilz begeistert. Denn es war ihm längst klar, bei dieser Aufgabe nicht mitwirken zu müssen. Denn ein Pilz würde niemals den Wipfel einer Tanne erreichen.

„Ja, fein!“ rief das Eichhörnchen sogleich und klatschte dabei in die Pfoten. Das Eichhörnchen mochte immer gerne Geschichten erzählen. Besonders liebte es Lügenmärchen.

Die Tiere schmiedeten sogleich an dem neuen Plan herum. Das Eichhörnchen sollte an diesem Abend beginnen. Es kletterte geschickt am Stamm der Tanne hinauf zum Schnarchzapfen, der scheinbar wieder einen tollen Traum hatte. Es schüttelte und rüttelte ihn, bis dieser endlich erwachte.

Das Eichhörnchen erzählte dem Schnarchzapfen die Geschichte vom alten Einhorn, das vor vielen hundert Jahren mit seinem langen Horn im Stamm jener Tanne stecken blieb. Erst wollte der Schnarchzapfen gar nicht zu hören. Aber dann wurde die Geschichte so spannend, dass er gar nicht mehr ans Schlafen dachte. Als die Geschichte ihr Ende nahm wechselte sich das Eichhorn mit dem Hirschhornkäfer ab. Dieser erzählte dem Zapfen die Geschichte vom verwunschenem Regenwurm, der einst im Moos unter der Tanne lebte. Und so wechselten sich die Tiere einer nach dem anderen ab. Sogar der Pilz fand zum Schluss noch Gefallen daran eine Geschichte zu erzählen. Natürlich schreiender Weise vom Boden aus.

Die Märchen wurden immer spannender, aufregender und geheimnisvoller. So war es schließlich kein Wunder, dass der Schnarchzapfen gar nicht mehr schlafen wollte. Oftmals versammelten sich sogar andere Tiere vor der Tanne, um den Abenteuern zu lauschen.

Nach sieben Tagen ohne jeglichen Schlaf jedoch, war der Schnarchzapfen so müde, dass er, als die Kreuzspinne ihm gerade eine Gruselgeschichte erzählte, einschlief.
Er schlief so fest, tief und traumlos, dass er sogar zu müde zum Schnarchen war.

Stille herrschte nachts im Wald. Irgendwann wachte der Schnarchzapfen natürlich wieder auf. Aber diesmal nicht um sich umzudrehen und weiter zu schlafen. Nein.
Er hat sich aufgemacht, um sein eigenes Abenteuer zu erleben.

Aber das ist eine ganz andere Geschichte.

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Kommentare zu diesem Text

Beaver (41)
(01.11.07)
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 GillSans meinte dazu am 01.11.07:
Ich danke Dir und du hast recht, gruseln klingt besser als horrorn.
Liebe Grüße, Gill
rock-n-roller (58)
(01.11.07)
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 GillSans antwortete darauf am 01.11.07:
Ich danke dir sehr, stefan....ich weiß gar nicht was ich sagen soll...., die gill
chichi† (80)
(06.11.07)
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 GillSans schrieb daraufhin am 06.11.07:
Liebe Gerda,
erstmal vielen Dank für Deinen Kommentar und den Doppelklick.
Mein Manuskript ist fast schon fertig. Aber es ist eben nicht einfach die Verlage zu überzeugen. Meist sind diese in ihrem Verlagsprogramm so eingefahren, dass sie Neues nicht zulassen. Mein Verlag z.B. macht nur Großproduktionen in Massenware. Aber gut, ich habe ihnen mein Märchenbuch noch nicht vorgestellt, aber ich vermute, das wird wieder nix. Es ist sehr schwierig aus der Menge zu stechen. Aber ich gebe nie auf. Irgendwann, irgendwann, ja da ist es soweit, und es wird ein ganz dickes modernes Märchenbuch von mir geben.
Ich bin mir sicher!
Denn irgendwie sollte man dran glauben
Weil warum schreibt man sonst?
Liebe Grüße, Gill
chichi† (80) äußerte darauf am 06.11.07:
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 GillSans ergänzte dazu am 07.11.07:
Danke Vielleicht sollte ich auch mal auf ein Märchenseminar gehen
Liebe Grüße, Deine Gill
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