Das Haus im Hut

Skizze zum Thema Fassade

von  DanceWith1Life

Sommer 06



Bereits zum dritten mal in dieser Woche hat der lästige Tatsachenprogrammierer den ganzen Apparat neu gestartet.
Immer die gleiche Geduldfordernde Prozedur.
Nehmen sie sich Zeit, lösen sie langsam die Netzwerkkabel, seien sie sehr vorsichtig, es könnten sich welche verheddert haben.
Lassen sie niemand ins Zimmer, und schicken sie ihren Alltag in Urlaub, er wird ohne sie und sie ohne ihn lässig ein paar Stunden zurechtkommen.
Also dann: Jemand Zuhause?
Stille.
Bereits hier beginnt das erste leichte Unbehagen.
Den ganzen Tag war die Hölle los im Schädel.
Und wenn man ihn was fragen will, antwortet er nicht.
Der Rechner surrt leise vor sich hin.
Virtuell betrachtet, ist dies bereits ein Lebenszeichen.
Auch wenn kein Programm läuft.
Die meiste Energie geht eh in den Verbindungsaufbau.
Wissen Sie was passiert, wenn man sich selbst vergisst.
Jetzt nicht als Redewendung.
Das ist ungefähr so, als hätte man auf einer dieser Kontaktanzeigen sein schönstes Bild hochgeladen, und alle sind total begeistert und schicken tausende von Freundschaft, Liebes- und Hochzeits- und was sonst noch Mail, und man hat das Passwort für die dazugehörige Mailbox vergessen.
Und es gibt keinen Administrator.
Man kann es auch nicht beenden, denn auch dazu braucht man dieses doofe Passwort.

Das ist Kalif Storch im 21. Jahrhundert, nur der wurde aus Neid reingelegt.
Gewissenhaft wie diese Maschine nun mal arbeitet, bereitet sie den nächsten Schritt vor, ich habe natürlich keine Ahnung um was es geht, spüre nur, irgendetwas geht da vor sich, in mir, von dem ich nichts oder nur sehr wenig weiß.

Das dumme am sich "selber vergessen" ist, dass erst mal niemand da ist, der es merkt, sie verstehen, denn der einzige, der es bemerken könnte, der wurde ja vergessen.

LyrI sei Dank, es gibt noch Momente, die anders sind.

"Geh'n wir ein Stück" , wie so oft verflog mit dieser gewohnten Einleitung die Unsicherheit, nein, die Befangenheit, "zum See?" und ein Nicken, und wir waren wieder auf "unserem" Weg.
Das sollte ein Gleichnis werden, aber das wusste ich damals noch nicht.
Es gab drei Sorten von Spaziergängen, die "verliebten", die "fragenden" und die "knirschenden".
Alle drei waren Wetterunabhängig und da wir nur ein Jahr hatten, werde ich den Einfluss der Jahreszeiten nicht untersuchen können.
Sie war die erste, die mich darauf aufmerksam machte.
Deine Schwester, sie spielt eine grosse Rolle in deinem Leben, nicht wahr. Ich stutzte, was sollte ich darauf sagen, sie war krank, damals schon eine Ewigkeit.
Nein, so meine ich das nicht, sagte sie, wie du reagierst, das hat mit ihr zu tun.
Darüber hatte ich noch nie nachgedacht.
Über ein Jahrzehnt später hörte ich zum ersten Mal von Co-Abhängigkeiten und Systemen bei psychisch kranken Menschen und ihren Familienangehörigen. Es hätte auch nichts genützt, das früher zu hören, ich hätte es nicht verstanden.
Es ist schon seltsam, manche Dinge machen erst Sinn, wenn man sie versteht, ich hoffe, sie müssen jetzt auch lachen.
Über diesen Satz.
Die Welt ist da nicht viel anders.
Aber wir verstehen oft nur Wörter in einem Zusammenhang, den wir bereits kennen, und wenn der Satz etwas ganz anderes sagen will, hören wir das gar nicht.
Und dieses Muster wollen sie Verstandesmässig verändern, ich kann da nur mit dem Kopf schütteln.
Die Welt verstehen, ist ungefähr so schwierig, wie die Leute zu verstehen, die an ihr erkrankt sind.
Man sollte mit etwas einfacheren anfangen.
Wie wäre es mit, Glücklich sein verstehen.
Jetzt sehe ich sie förmlich den Kopfschütteln und fragen, das soll einfach sein.
Nun ja, das Glücklichsein, das etwas ganz bestimmtes passieren haben muss, ist ein solches Unding, dass ich nichts dazu sagen kann.
Aber das andere, das unscheinbare, stille, leise, das sich einstellt, wenn ich aufhöre verrückt zu spielen, das ist einfach, das eigentlich schwierige ist das Aufhören, nicht wahr.
Wir spielen so gern verrückt, wir halten das für was besonderes.
Sehen sie, und manche werden davon krank.
Oder sollte ich vielleicht lieber sagen, bei manchen merkt man, dass etwas nicht stimmt.


Anmerkung von DanceWith1Life:

 jan08 Link

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Kommentare zu diesem Text

Woelfin (40)
(09.02.08)
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