liebe ist nicht alles.

Text zum Thema Liebe & Schmerz

von  pArAdoX

wie du jetzt da sitzt, verweint. gerötete augen. traurig.
was hab' ich bloß getan?
wie wir hier sitzen, im restaurant. haben heute beide lang gearbeitet. die ganze woche durch. konnten uns nicht seh'n. heute ist freitag, endlich. ruhe. du bestellst wein, für mich ein bier. wir reden. über uns, über das, was schon lange nötig war, aber glücklich - trotzdem. lächeln.
doch dann, es wird direkt.
ich will dir sagen - etwas - vermitteln - kann nicht. meine stimme fängt zu zittern an, mir wird warm, meine augen brennen vom unterdrücken meiner tränen. ich bin blockiert - wie abgeschnürt. von dir. du sagst, ich solle mit dir reden, fragst, was los sei. die angst ist dir ins gesicht geschrieben.
ich nehme mich zusammen, überwinde mich und: steck' dir das messer in die brust:
"manchmal glaube ich, du brauchst mich gar nicht."
deine augen weiten sich kurz, starrer blick. dann senkst du deinen kopf, deine mundwinkel-. eine träne tropft auf die weiße tischdecke, noch eine auf deine hand, rollt hinunter, gesellt sich zu der anderen.
und ich weiß nichts zu sagen.
der kellner kommt zu unser'm tisch, fragt, ob er uns noch 'was bringen kann, ich verneine. dankend. ich bin wie apathisch, merke erst gar nicht, dass er weiter mit uns redet. fange nur einige sätze auf, die sich wie ein fliegender teppich über uns ausbreiten.

"man soll jeden tag ein bisschen lachen. dann bleibt man jung. jeden tag lachen"
ich will nicht wissen, wie alt ich ausseh. fühlen, körperlich - wie siebzig.

ich horche weiter der stimme dieses unbekannten mannes.
"wenn man in seiner beziehung probleme hat, muss man sie lösen. wenn man keine lösung findet, muss man sich trennen. sonst, bleibt man auf der stelle stehen, kommt nich weiter. stillstand."

wir wissen beide nichts zu sagen, nachdem sich der kellner entfernt hatte, ruhig.
ich verlange die rechnung, wir ziehen uns an. im stillen, verlassen - das restaurant.

es ist so kalt draußen. ich nehme deine hand. du drückst meine immer fester während wir die straße hinunterlaufen.
"was hast du g'rad gedacht, als der kellner mit uns sprach?", fragst du mich.
mein brustkorb zieht sich zusammen. nein, bitte nicht. das kann ich dir jetzt nicht sagen. "und sei ehrlich!", schiebst du hinterher.

ich hole weit aus. das messer in der hand, ramm's dir ins herz - mitten.
"vor ein paar monaten schrieb ich dir einen brief, in dem ich genau davon erzählte, was der kellner gerade sagte", erinnerte ich dich. "dieses auf-der-stelle-stehen, diesen stillstand den ich an mir beobachte. ich wusste nur nicht woran's liegt." zieh' das messer aus deinem herzen und steche nochmal nach "vielleicht ist das ja die lösung."

"oh gott, schatz! andere würden an deiner stelle sofort schlussmachen, das ist dir bewusst!?" du weinst, unheimlich. krümmst dich, deine hände auf meinen schultern, halten mich fest, umschlingen mich, meinen nacken, du schluchzt mir ins ohr, weinst immer mehr. umarmst mich. hälst mich so fest.

weiß wieder nichts zu sagen, halte dich nur fest, bin vollkommen leer.
nehme deine kopf in die hände, schüttel' ihn - zärtlich. sage dir, wie sehr ich dich liebe.
du reagierst: "liebe ist nicht alles. reicht unsere liebe, mein schatz, reicht sie?"
ich bin perplex, deine bahn kommt. du bist weg, plötzlich. kein abschied. kein kuss.

ich setze mich ins straßenbahnhäuschen.
es ist so kalt.


Anmerkung von pArAdoX:

entstanden: Januar 2008

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Kommentare zu diesem Text


 RainerMScholz (15.04.08)
Authentisch. Inklusive der Konstruktion des Brief-Realität-Déjà-vu.
Grüße,
R.
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