Nachts, Lindiwe

Erzählung zum Thema Aktuelles

von  blauefrau

Memory books

Mein Name ist Lindiwe. Ich bin 13 Jahre alt und lebe in Afrika.
Nachts, wenn mich die Geister ängstigen, hole ich  meine bunte Holzkiste unter dem Bett hervor und nehme das Buch  meiner Mutter heraus. Ich halte ihr Bild ins Fenster und lese ihre runden sauberen Buchstaben. Sie war 30 Jahre alt und starb an AIDS.

Sie hat  mir gesagt, dass sie bald sterben muss.Sie hat es u n s gesagt. Sie wusste, dass sie sterben muss, seitdem sie mit ihren Schmerzen beim Arzt war, und Marcel und ich haben oft geweint, aber die Mama sagte," Ihr habt die Jahre noch vor Euch". Sie hat dann ein Buch bekommen, memory book nannte sie es, das hat sie ausgefüllt und uns immer wieder gezeigt.
"Da steht alles, was Ihr über mich wissen müsst." sagte sie immer. "Auch über Papa!" Manchmal haben wir auch zusammen die Bilder angeschaut.

Sie  ist mit uns noch zu dem Haus gegangen, in dem ich jetzt lebe und hat der Schwester gesagt, "Auf meine Große, da müsst Ihr aufpassen.!"Alle haben gelacht, und ich bin ganz wütend geworden.

Zum Schluss konnte sie nicht mehr sprechen, und ich wusste, es ist soweit. Sie wurde dann abgeholt und auf der kleinen Beerdigung kam mir alles ganz unwirklich vor.

Hier, in meinem Waisenhaus, schaukle ich mich  jetzt mit ihrem Erinnerungsbuch in den Schlaf.
In meinem Schlafraum schlafen noch 5 weitere Mädchen.
Sie weinen oft nachts, wenn sie denken, die Betreuerinnen hören sie nicht.
Eine Betreuerin ist Lola, die erst 20 Jahre alt ist. Früher hatte sie auch viele Männer zu Besuch. "Ich habe Glück gehabt, sagt sie immer. "Ich habe die Krankheit nicht. Jetzt betreue ich Euch, damit ich nicht mehr auf der Stra0e arbeiten muss." Lolas kleiner Sohn lebt auch bei uns.

Mathilda, die andere Betreuerin, kuschelt manchmal mit mir. Als ich zu ihnen kam, wollte sie,dass ich Mutter zu ihr sage." Das würde Dir alles leichter machen!", sagte sie.
Doch meine Mutter roch besser, und ich rieche ihr Parfum auch noch in dem Buch und da, auf den Bildern sehe ich, dass sie viel schöner war

Tagsüber spielen wir auf dem kleinen Feld, das hinter dem Waisenhaus liegt.
Wir haben einen alten Ball, mit dem wir spielen,ein paar alte Puppen und ein paar Autoreifen, auf denen wir schaukeln können..
Ab und zu kommen ein paar Besucher und geben uns ein paar Süßigkeiten, ein paar Haarspangen, etwas Kleidung.

Gestern war ein Mann da, der nach mir fragte. " Ich kenne Dich nicht",rief ich ihm zu und lief zu Mathilda, doch er wusste sogar die lustige Geschichte von Mama und dem Agavenäffchen. Er sagte:"Ich bin Dein Onkel, und ich habe ihr versprochen, nach Dir zu schauen.Wenn sie nicht mehr da ist." Ich habe ihn vorher nie gesehen, doch he, der war nett.

In meinem Buch zeigte ich ihm unser Haus, das Hochzeitsbild von Mama und Papa, die kleinen Bilder, die Mama für Marcel und mich gemalt hatte und das Bild , auf dem Marcel auf dem Hund reitet, und ich weinte. Die Schwester hatte es dem Onkel schon gesagt. Marcel liegt seit 2 Monaten auf dem kleinen Friedhof hinter unserem Spielplatz. Wenn der Ball dort hinfällt, wird mir immer ganz komisch, und ich weiß nicht, was ich machen soll.
"Marcel ist ebenfalls an AIDS gestorben", sagt Mathilda.
Ich wollte den Onkel dann gar nicht mehr loslassen, doch er wollte zu seinen kleinen Kindern und versprach mir, mich mitzunehmen.Beim nächsten Mal.

"Habe ich die Krankheit auch", frage ich sie jeden Abend, doch Mathilda schüttelt den Kopf. Jeden Abend.

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Kommentare zu diesem Text

C.S.Steinberg (43)
(30.05.08)
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 blauefrau meinte dazu am 30.05.08:
Hallo!
Um ehrlich zu sein, wusste ich nicht so recht, unter welches Thema ich den Text stellen sollte.
Das Wort Afrika habe ich nicht gefunden.

Ich habe den Text Korrektur lesen lassen und wundere mich ein wenig, wo die Rechtschreibfehler liegen sollen.

Viel umgebaut habe ich auch nicht. Allerdings habe ich mich intensiv mit der Ausbreitung von AIDS in Afrika beschäftigt.
Es gibt AIDS natürlich auf der ganzen Welt, allerdings ist Afrika meines Wissens der Kontinent, der mit Abstand die höchste AIDS-Rate hat. Hier sind bereits meherer Generationen einer Familie ausgelöscht. Mit den memory books will man gezielt dagegen halten.

Was mich interessiert: Wieso sollte das Mädchen keine Gossensprache haben?
Ich kenne hier in Deutschland Kinder und Jugendliche , die auf dem Gymnasium sind und eine solche Sprache sogar bewußt einsetzen.
(Antwort korrigiert am 30.05.2008)
(Antwort korrigiert am 30.05.2008)
(Antwort korrigiert am 30.05.2008)
C.S.Steinberg (43) antwortete darauf am 30.05.08:
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Balu (57)
(31.05.08)
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Palatala (37)
(31.05.08)
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lightsleeper (53)
(16.06.08)
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