All summer long

Kurzprosa zum Thema Tod

von  Unbegabt

Im Radio läuft gerade Kid Rock mit All summer long. Seine Finger schlagen im Takt auf das Steuer, der Blick ist konzentriert auf den, wie er es nennt, 'besseren Feldweg' gerichtet. Die Fernschweinwerfer lassen viele Meter weit sehen. Seit fast einer Stunde ist ihnen kein Auto entgehen gekommen oder fuhr ihnen hinterher. Direkt vor ihnen springt nun ein Tier aus dem Graben, an der rechten Seite. Das Tier bleibt mitten auf dem Weg stehen und die Augen, angestrahlt von den Scheinwerfern, leuchten gespenstisch. Ein Ruck geht durch das Auto und endlich tritt er in die Bremsen. Er guckt zur Seite, seine Tochter starrt ihn an. „Ich habe ein Reh überfahren.“ Er legt die Stirn auf das Lenkrad und fängt an zu zittern. Seine Tochter stürzt aus dem Auto und sieht sich blind um. Es liegen fast 20 Meter zwischen dem Auto und dem Reh. Es scheinen Stunden zu vergehen bis sie das tote Tier erreicht. Es hatte kaum sichtbare Verletzungen. Ganz ruhig liegt es da, doch man sieht sofort, dass es tot ist. Natürlich weiß sie, dass man wilde Tiere nicht einfach so anfassen soll, aber sie muss es wissen. Sie legt ihre Hand behutsam auf den Oberkörper des Rehs. Es gab kein Heben und Senken des Brustkorbs mehr, kein Herzschlag, kein Zucken der Muskeln. Heiße Tränen tropfen nach und nach auf die Straße, leise fängt sie an um dieses Lebewesen zu trauern. Ihre Hände streicheln unbewusst das tote Tier. Erst am Kopf und hinter den Ohren, dann am Hals und Rücken. „Bitte, grüßt du ihn von mir?“ wispert sie dem Tier ins Ohr. Sekunden später erinnert sie sich, dass sie nicht an einen Himmel glaubt. Schwere Schritte nähern sich. „Ich habe die Polizei angerufen, und die schicken den Förster her.“ Er nimmt beide Hinterbeine in die Hand und zerrt das Reh an den Straßenrand. Der Kopf wackelt dabei und die offenen Augen scheinen seine Tochter genau an zu schauen. In einem solchen Moment kann einem das wie ein Nicken vorkommen. Einige Minuten später geht sie zu dem Auto zurück, wo ihr Vater schon auf sie wartet. Beide verlieren kein Wort über den Unfall bis sie zu Hause ankommen. „Du hast ein Reh umgebracht.“ Die Blicke die sie ihm zuwirft sind verletzend, doch ihr Vater nickt nur.


Anmerkung von Unbegabt:

passiert. 24.08.2008

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Kommentare zu diesem Text

Caterina (46)
(26.08.08)
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HedgeGarfield (27)
(26.08.08)
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 Secretgardener (30.08.08)
Hej,
der ist doch gar nicht so schlecht. Die Stimmung kam gut rüber für mich, der Stil ist nicht schlecht, gefällt mir, nicht zu gefühlsgeladen.
Das "mechanisch" würde ich ändern, das klingt mir zu kalt. Etwas wie instinktiv/reflexartig/unbewußt würde ich passender finden.
Aber schöner Text, und trauriger Hintergrund.
Schauen Rehe wirklich vorher in die Lichtquelle, wie im Film?
Liebe Grüße.

 Unbegabt meinte dazu am 30.08.08:
ja.
Fabiwesen (18)
(04.09.08)
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Müller (45)
(05.09.08)
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 Unbegabt antwortete darauf am 05.09.08:
vielen dank.

und ja, dass gedoppelte Nick ist völlig unbewusst entstanden...

nele
Savignon (26)
(10.01.09)
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 Unbegabt schrieb daraufhin am 11.01.09:
danke.

Ups da ist mir einmal Präteritum untergerutscht.
Und, stimmt - wenn ich das jetzt so lese irritiert mich das auch etwas.

 Unbegabt äußerte darauf am 11.01.09:
Die ursprüngliche Antwort wurde am 11.01.2009 von Unbegabt wieder zurückgenommen.
AmyGrisailler (20)
(18.04.09)
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 Unbegabt ergänzte dazu am 18.04.09:
:) Gern geschehen.
Damals hat es für mich total gepasst, aber jetzt, mit dem nötigen Abstand, erscheint es für mich auch nicht unbedingt passend - also Titel und Inhalt... aber irgendwie eben doch. Ich weiß nicht.
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