Seitenwechsel oder Wie ich doch noch zu einem Katzenfreund wurde

Text

von  Momo

Schon immer liebte ich Hunde. Katzen mag ich nicht. Trotzdem lebe ich jetzt mit einer Katze zusammen, Minka heißt sie, ein ziemlich dickes, verfressenes Vieh und zickig, aber manchmal auch ganz lieb. Das hab’ ich mir kaum vorstellen können, einmal mit einer Katze zusammen zu leben. Ich sag ihr oft, dass sie die beste Miezekatze der Welt ist, um ihr zu zeigen, dass ich sie trotzdem mag.

Als Kind gab es für mich kein Halten mehr, wenn ich von weitem einen Hund sah. Ich musste ihn unbedingt begrüßen und streicheln. Nie habe ich als Kind auch nur jemals irgendeine Hemmschwelle gehabt, Angst gespürt oder Misstrauen. Mein Vertrauen war grenzenlos.

Nicht so, wenn ich Katzen sah. Katzen machten um mich immer einen Bogen und ich um sie. Und wenn wir uns doch einmal gegenüberstanden, konnten wir miteinander nichts anfangen. Nie wäre es mir in den Sinn gekommen, meine Hand auszustrecken, um eine Katze zu berühren. Immer hatte ich die untrügliche Gewissheit ihrer Unberechenbarkeit und Gefährlichkeit, die mich ihnen mit Misstrauen begegnen ließ. Kurz, ich mochte keine Katzen.

Es gibt ein Sprichwort: „Sie sind wie Katze und Hund“, was soviel heißen soll wie: Sie sind wie Feuer und Wasser, eher Eis. In diesen beiden Tieren scheinen sich zwei reine Gegensätze manifestiert zu haben. Ein Hund verkörpert geradezu die ganze Bandbreite der Gefühlsregungen von überschwänglicher Freude bis hin zu tiefer Niedergeschlagenheit. Er kann sie nicht verbergen. Eine Katze ist nicht nur unfähig, Gefühle zu zeigen, ich bin davon überzeugt, dass sie auch keine hat. Ich erinnere mich daran, dass eine Katze, die uns zugelaufen und schon Monate bei uns gewohnt hatte, einmal verschwand. Wir vermissten sie, wir suchten sie, sie blieb verschwunden. Dann, nach einigen Wochen, tauchte sie wieder auf. Kinder hatten sie am anderen Ende des Dorfes aufgelesen. Wir freuten uns sehr, doch sie stolzierte ungerührt, uns keines Blickes würdigend, durch die Haustür und den großen Flur. Sie war wieder da, mehr nicht.
Entweder man ist ein Katzenfreund oder ein Hundefreund, beides ist nur sehr selten anzutreffen. So hatte ich früher auch einen Hund, genauer gesagt eine Hündin, weil ich dachte, es wäre egal, Hund oder Hündin. Aber ich glaube, das ist es nicht.  Ich liebte meine Hündin Nelly, aber sie liebte mich nicht. Das musste ich immer wieder feststellen, wenn ich bemerkte, dass ihre bedingungslose Treue nicht so bedingungslos war, wie ich es mir gewünscht hätte. Na ja, aber wir haben dennoch viele Jahre gemeinsam gut miteinander verbracht, bis mich äußerst unglückliche Umstände von ihr trennten.

Und dann kam ich zu Katzen, das heißt, die Katzen kamen zu mir. Nicht im Traum wäre es mir eingefallen, mir eine Katze anzuschaffen. Sie kamen einfach zu mir, als winziges kleines niedliches Katzenkind, hungrig, Hilfe suchend, das meine Kinder mit ins Haus brachten, es fütterten, bis ich es wieder nach draußen beförderte und es dorthin brachte, wo es meiner Meinung nach hergekommen war. Am anderen Morgen aber stand es wieder da, winzig, einsam, mit großen Augen. Man ist doch auch nur ein Mensch!  Oder Katzen, die sich einfach draußen auf die Fußmatte legten und nicht wieder weggingen. Sie taten einfach so, als wären sie geschickt worden oder würden zu mir gehören und ich wüsste es nur nicht. So kam ich zu meinen Katzen. Ich tolerierte sie. Sie jagten die Mäuse in dem alten Haus und ich gab ihnen zu fressen. Aber dann kam Leo zu mir, ein winziger schwarzer Kater, den ich aufpäppelte und mit dem mich eine echte Katzenliebe verband. Er wurde dann später zu einem ausgewachsenen ruppigen, furchtlosen Kater. Als ich in die Stadt zog, lief er fort und kam nicht zurück. Noch heute habe ich ein Bild von ihm in meinem Flur hängen.
Über Leo bin ich dann doch noch zu einem Katzenfreund geworden.

Dabei fällt mir ein Traum ein, den ich einmal vor langer Zeit hatte.
Von einem Plantagenbesitzer, der Apfelsinenbäumchen züchtete und der auch einen Kater hatte. Er erntete die Mandarinen und verpflanzte die Bäumchen - von der rechten auf die linke Seite der Plantage. Ja!

Und ich saß da, schaute ihm zu und aß diese kleinen Apfelsinchen, obwohl sie an einigen Stellen schon eklig matschig waren. Warum ich sie dann trotzdem aß? Das kann ich nur vermuten.
Sein Kater schien im Traum menschliche Züge zu haben, so ähnlich wie der gestiefelte Kater im Märchen, weil er von seinem Herrchen (oder sagt man das nicht bei einem Kater) Alkohol zu trinken bekam, sogar mehrere Gläschen, der ihm auch zu schmecken schien. Ich wunderte mich darüber überhaupt nicht, wie das im Traum eben so ist.
Aber dann sagte der Plantagenbesitzer zu seinem Kater, er solle doch einmal zu mir kommen und von meinem Alkohol probieren. Keine Spur von freudiger Erwartung beim Katerchen. Im Gegenteil. Ich hatte das Gefühl, er kam nur zu mir, weil er das sollte, und mitten auf dem Weg zu mir machte er natürlich auch prompt kehrt, besann sich dann aber und kam gezwungenermaßen doch zu mir.
Na ja, vielleicht hatte er’s ja schon geahnt, und es war ihm einfach peinlich, aber mehr wie ein Gläschen schaffte er nicht, er war ihm einfach zu stark.

Ein Kater, dem mein Alkohol zu stark ist! Das gibt’s natürlich nur im Traum.
In Wirklichkeit würde ich nie einem Kater Alkohol einflößen, selbst dann nicht, wenn er es wollte.
Ich bin doch jetzt ein Katzenfreund.

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Kommentare zu diesem Text

bernd-trost (30)
(07.09.08)
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 Momo meinte dazu am 07.09.08:
Wenn du ihn so empfunden und gelesen hast, freut mich das natürlich.

Liebe Grüße
Momo
steyk. (55)
(18.09.08)
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 Momo antwortete darauf am 18.09.08:
Das weiß man bei Tieren nie so genau, wer wen besitzt, es ist wohl mehr ein Geben und Nehmen ;)
Freue mich, dass dir meine kleine Geschichte ein Schmunzeln entlocken konnte - und freue mich auch über deine zwei Sternchen.

Liebe Grüße
Momo
Graeculus (69)
(05.04.15)
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 Momo schrieb daraufhin am 06.04.15:
" Na, da hast Du Dich aber über die Gefühle von Katzen schwer getäuscht."
Warst du schon einmal eine Katze? Weil du es so sicher zu wissen scheinst.

Fest steht, Katzen sind Raubtiere, da läuft das mit den Gefühlen ein bißchen anders.

Frohe Ostern!
Momo
Graeculus (69) äußerte darauf am 06.04.15:
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