Mina

Erzählung zum Thema Kinder/ Kindheit

von  Secretgardener

.
.
.

Mina hat so alles, was man sich wünschen kann; Sie bekommt all das, was Sie sich wünscht. Ja, auch Zeit, Aufmerksamkeit und Liebe - genug sogar. Mina ist jetzt etwa 7 Jahre alt, hübsch, und in etwa das Kind, das man sich wünscht, wenn man sich denn eines wünscht. Doch Sie lacht selten, und Sie spielt auch fast nie. Traurig ist Sie nicht, niemand tut Ihr weh, niemand würde auch nur daran denken. Doch Ihr fehlt etwas, etwas Großes.
Als Mina noch ein Kleinkind war, fiel Sie einmal vom Bett, auf dem Sie gerade gewickelt wurde, und stieß sich den Kopf. Nicht doll, es blutete nicht, aber es reichte, um in Ihrem Kopf etwas kaputt zu machen.
Minas Gehirn ist komplex. Es arbeitet auf eine Weise, die dem jedes anderen fremd wäre, und die ein anderes sicher zerstören würde. In Ihrem Kopf gibt es mehr Verbindungen als üblich, es gibt Zentren, die der heutigen Wissenschaft noch unbekannt sind. Und als Sie fiel und sich den Kopf stieß, wurden nun viele der Verbindungen unterbrochen, und, was schlimmer wiegt, eines der vielen Zentren - ein empfindliches - wurde so arg beschädigt, dass es nicht mehr funktioniert. Das Zentrum der Phantasie.
Wenn Mina vor Ihren bunten Spielsachen steht, dann sieht Sie nur das viele bunte Plastik und Holz. Wenn Sie Ihre Puppen in der Hand hält, dann spürt Sie nicht das Leben in ihnen. Ein Regenbogen ist für Sie nicht mehr als ein bunter Halbkreis am Himmel. Sie sieht nicht die Einhörner, die auf ihm laufen, die Kobolde am Ende, oder die Feen, die darauf umher fliegen.
Minas Zimmer ist immer aufgeräumt. Wenn Sie bei anderen Kindern ist, gefällt Ihr die Unordnung in deren Zimmern nicht. Sie sagt nie etwas, denn Sie weiß, dass man darüber nichts sagt, aber wenn man Sie nicht sieht, räumt Sie heimlich ein paar Sachen ein. Ihre Eltern wissen nicht, was Ihr fehlt. Sie waren bei Ärzten und Therapeuten. Aber die Ärzte haben nicht die Geräte, die sensibel genug sind für Ihr Gehirn, und die Therapeuten finden keinen Ansatz; können Sie nicht greifen. Von allen, den Eltern eingeschlossen, wurde insgeheim vermutet, dass Ihr jemand Schaden zufügt, aber niemand wüsste wer, und es finden sich auch nie körperliche Anzeichen.
Beliebt ist Sie, nun, teils. Sie ist sehr freundlich, hilfsbereit, geht einigermaßen offen auf die Menschen zu und sagt nie ein böses Wort, aber für viele ist es anstrengend Sie länger bei sich zu haben. Sie lacht selten. Es wird immer versucht Ihr eine Freude zu machen. Egal, ob schönes Spielzeug, ein Ausflug in den Vergnügungspark oder Spiele die sie zuhause spielen – selten sieht man Sie wirklich lachen.
Traurig ist Sie nicht – Sie ist irgendetwas dazwischen.
Was Sie später einmal werden will weiß Mina bereits. Sie will Schränke entwerfen. Sie will Ordnung in die Häuser der Menschen bringen. Sie merkt, dass von ihr etwas erwartet wird, denn dumm ist Sie auch nicht, aber sie weiß nicht was, und Ihre Eltern können es Ihr nicht erklären.
Für die Rolle in der Welt, die für Mina vorherbestimmt war, passt Sie nicht. Sie ist zu klein um diese Lücke zu schließen.
.
.
.


Anmerkung von Secretgardener:

.
Eine Zuggeschichte.
„Mina" war zuerst da - Sie schrieb sich selbst.

Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren

Kommentare zu diesem Text

Elvarryn (36)
(22.01.09)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Secretgardener meinte dazu am 22.01.09:
Danke. Aber vielmehr ging es mir nur darum Mina vorzustellen, eben dieses Mädchen, Mina schrieb sich eben selbst.
Was meinst du mit Großbuchstaben? Da sind doch nur Großbuchstaben beim ersten Buchstuben mancher Worte...?
Elvarryn (36) antwortete darauf am 22.01.09:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Secretgardener schrieb daraufhin am 22.01.09:
Dahinter steckt Sympathie/achtung. Wenn ich jemanden mag, also in Texten mehr der Erzähler oder der, der gerade redet, dann wird "Du" und so etwas groß geschrieben, wenn derjenige nicht gemocht wird, oder wenn der, der gerade redet den nicht kennt, dann klein.
Mache ich sonst auch so, falls ich es nicht übersehe...
Ja, manche brauchen diesen Fall nicht. Aber mir ging es wirklich hier nur um Mina. Mir fiel zu nächst nur Ihr Name ein, und als ich dann schrieb, kam alles von selbst.
Deswegen hört es auch dort auf, und man sieht nicht, was später aus Ihr wird, mir war es nur wichtig die Kleine vorzustellen...
Elvarryn (36) äußerte darauf am 22.01.09:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Untergänger (09.03.09)
bei der Einleitung war ich mir nicht so sicher, was ich zu erwarten habe.

Aber dann wird deine Erzählung immer stärker, sachlich und relativ formell und gerade das greift nach einem, man stellt sich die Frage, wie ist so ein Leben ohne Phantasie.

Die Einleitung gefällt mir jedoch nicht so gut - vielleicht steht da sogar zu viel drin - aber ich bin mir nicht sicher.

Der Rest ist wirklich toll.

mömmel,
Alfons

 Secretgardener ergänzte dazu am 05.04.09:
Ja, ich war mir auch nicht sicher, wieviel ich schreiben sollte; bei dieser Art Text immer etwas knifflig. Aber so finde ich es schon ganz gut.
Freut mich, wenn es zum Nachdenken anregt, so ist auch der Stil gedacht.
Vielen Dank für´s Lob,

cheerio.
The_black_Death (31)
(24.04.09)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Secretgardener meinte dazu am 24.04.09:
Vielen Dank für das Lob und die Empfehlung.
Ja, auf Mina bin ich auch schon etwas stolz. ;)

Viele Grüße.
parkplatzbison (29)
(03.05.09)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Secretgardener meinte dazu am 03.05.09:
Wo soll man da mit der Antwort anfangen...?
Freut mich natürlich, wenn Du mir bescheinigst anders zu schreiben. Ich beschäftige mich nicht mit Hirnforschungen oder dem Hirn (hab´ gerade was anderes im Kopf ^^) - das war aber, wie Du auch erkanntest, nicht die Intention hier. Für ein paar Texte recherchierte ich mal etwas. Den hutverweschelnden Mann habe ich auf meiner Amazon-Liste, aber ich lese sehr wenig in letzter Zeit.
Doch, meine Schwester zeigte mir Rapante. ^^

Klugscheißen und fachsimpeln - hab´ ich so etwas im Text? Bin etwas uff´m Schlauch.
Genau, es ging eben darum, die Mina vorzustellen. Ich saß im Zug auf dem Arbeitsrückweg und wollte schreiben, doch mir fiel nix ein, fiel nix ein, fiel nix ein. Außer kurz vor Ende der Name und am nächsten Tag floss dann alles heraus - Sie schrieb sich eben selbst, wie Sie so dasitzt in Ihrem Zimmer, nicht wissend.

Vielen Dank Dir.
=)
parkplatzbison (29) meinte dazu am 03.05.09:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram