Der versteckte Sprengsatz

Glosse zum Thema Gesellschaftskritik

von  theatralisch

Über die Gangart eines Warmblutes:
Ich glaube, das ist angeboren. Wie alles der Genetik zugrunde liegt, liegt auch der Umgang miteinander der Genetik zugrunde.

Mag auch sein, dass sich manche Menschen schlichtweg nicht darum scheren, wie sie sich ihren Mitmenschen gegenüber verhalten. Wie ich zum Beispiel: Ich lege es darauf an. Natürlich ist das ein deplatziertes Verhalten, so mag einen kein Mensch so richtig leiden. Wäre ich jetzt auch noch fett und hässlich, dann...ja, dann.

Mir ist es egal. Will nicht ein ums andere Mal damit anfangen, wieder abschweifen, schwafeln und so weiter, das wäre nicht gut, außerdem interessiert das wiederum kein Schwein. Ich will mich allen Ernstes auf ein einziges Thema konzentrieren. Mehr geht auf gar keinen Fall. Ich kann nämlich nie im Leben mehr Dinge im Kopf haben als nur eine einzige Sache. Deshalb habe ich auch nur eine einzige im Kopf: "Mich, mich, mich!" Oder wie ihr sagen würdet: "Dich, dich, dich!" Kann nicht rausgehen, in viele verschiedene Geschäfte gleichzeitg; kann mich nicht in Gespräche einbringen, mit vielen verschiedenen Menschen gleichzeitig. Das funktioniert so nicht; ich brauche einen Anhaltspunkt (Mal von der Knarre abgesehen.). Ja, ich brauche einen Punkt, den ich fokussieren kann, wenn alles andere schon längst dem Erdboden gleich gemacht wurde.

Über eine weitere Gangart eines Warmblutes:
Aber dieser Mensch ist - ich will nichts Falsches sagen - dumm. Vielleicht liegt es auch daran, dass er anders reflektiert als ich. Ich weiß, wie die Menschen ticken, unabhängig davon, ob ich jetzt nun Interesse daran habe, mich an sie heranzumachen (Im Sinne von: "Ich will dein Bankkonto plündern; ich will dich ins Bett bekommen; ich will dein bester Freund sein; ich will deinen Koksvorrat; was auch immer.") oder nicht (Weil ich es nicht will.). Wüsste, wie ich es anstellen müsste, jemanden auf meine Seite zu ziehen, jemanden für einen "Big Deal" zu gewinnen, aber das wäre irrig, es wäre mindestens Zweisamkeit und ich bestehe schließlich auf Einsamkeit.

Die Vermutung liegt nahe, mich zu irgendeinem Zeitpunkt von irgendeinem Berg abzuseilen und nie wieder zurückzukommen. Die Vermutung liegt bei meinesgleichen immer nahe. Weil wir am Abgrund stehen und oft ist nicht einmal mehr ein kleiner Stolperstein erforderlich, um die Sache ins Rollen zu bringen. Dann habe ich keine Lust mehr, sehne mich wieder nach dem Tod, nur nach dem Tod, will immerzu ehrlich sein: "Leck mich am Arsch; du kannst mich mal; was willst du eigentlich - ich mochte dich nie!" Ja, so läuft das bei mir.

Ich denke, ich sehne mich nach nichts außer nach dem Tod. Das soll nicht melancholisch oder furchtbar depressiv, gar eingefahren, klingen, das ist nämlich die Wahrheit. Ich sehne mich nach Ableben, nach Dahinscheiden, nach..Humus? Latein war der größte Fehler meines Lebens. Fast. Beinahe also.

Fakt ist, dass ich mit Gott und mit mir selbst spreche; aber ich spreche mit niemandem sonst. Andernfalls sage ich die Unwahrheit, weil ich kein Interesse daran habe, dem Plebs (plebs, plebis, Latein, 7. Klasse Gymnasium) etwas zu verkaufen, ob nun Shit oder...Shit (Das war ziemlich gut, oder.). Nein, ich habe mitnichten Interesse an so einem Abkommen, an mindestens Zweisamkeit, will ich meinen. Habe nur Interesse an Tod und an mir selbst. Kann nichts daran ändern. Ist eben so bei meinesgleichen. Bei all diesen durchgedrehten Autisten, die, besessen wie sie sind, eine einzige Sache fixieren und den Fixpunkt (siehe "Bergsteigen") nicht mehr loslassen wollen. Bei mir ist es die allumfassende Wahrheit. Bin immerzu auf der Suche nach der allumfassenden Wahrheit. Will jeden Bissen zehntausendmal durchkauen, bis ich schlussendlich nur noch den Brei in der offenen Handfläche vor mir habe und nicht einmal mehr erkennen kann, was ich da nun gemampft (putziges Wort) habe: Ob nun ein Brot oder eine Semmel. Es ist alles nur noch Brei und wenn man sich einmal (ab und zu) dazu durchgerungen hat, das Gemenge (siehe Bäckerei) hinunterzuschlucken, dann gibt man sich schon kurze Zeit später wieder einen Ruck und spuckt kräftig aus; natürlich wieder in die offene Handfläche, denn schließlich will man möglichst nahe am Geschehen sein. Eine Kloschüssel wäre Unfug und Verfremdung pur.

Ihr müsst mir schon sagen, wenn es zu ekelig wird. Ich finde ja übrigens gar nichts ekelig, rein gar nichts. Für mich ist das Leben ein einziges Gruselkabinitt: Vorne steht jemand, der Kälber schlachtet und hinten steht jemand, der sie verzehrt. Was ist schon schlimm daran? Ich kenne die Wahrheit, tja, ich kenne die ganze, also allumfassende, Wahrheit. Versucht bloß nicht, es mir nachzumachen, denn es besteht die Gefahr des Identitätsverlustes.

Ja, der Identitätsverlust. Wir sprechen nicht vom Klau, wir sprechen vom Verhau: "Wenn du dir nicht mehr sicher bist, ob du ein Mönch oder eine Nutte bist." Sind die Übergänge ja denn wirklich so abgehackt? Ich dachte, man könnte fast sagen, sie wären fließend. Gut, nähmen wir an, sie wären fließend, kämen wir letztlich auch wieder auf das gleiche Endprodukt: Kotze auf der Handinnenfläche. Das ist dann auch schon das Finale, weil  man schließlich nicht lebensmüde oder geisteskrank (beides gleichzeitig wäre treffender) ist. Man ist Realist und dreht sich gerade deshalb gerne im Kreis. Ohne zu taumeln, wohlgemerkt. Man taumelt nicht, man gebärt, und zwar einen Zwilling, an dem man alles vornehmen kann, wozu man sich am eigenen Leib nicht zu trauen vermag.

Will nur eine kleine Nische schaffen - nenne es Lücke - in die ich mich begeben kann, wenn die Häuser einstürzen, die Türen zuknallen, die Hände vor dem Gesicht hochfahren, um ganz beiläufig die Wangenknochen zu streifen, als hätte man etwa Gewalterfahrung. Wenn man die Hand ausfährt, sollte man schon wirklich wissen, was man da tut, denn immerhin gibt es Menschen, die nicht nur Gewaltpotenzial, sondern das Potenzial alleine haben. Wissen, wie zuschlagen; wissen, wie sich zur Wehr setzen!

Nie sollte man sich kopfüber ("head over heels", Englisch, 8. Klasse Gymnasium, Bayern) in Gefahr begeben, es sei denn, man ist scharf auf ein paar gute Rechte (so oder so) und sich nicht zu fein, seine Zähne von der Straße aufzulesen. Das ist keine Drohung - ich schlage nicht, trete nicht, täusche nur.

Es ist nicht gerade so, dass ich alle Bücher gelesen hätte und mich für ein bestimmtes Thema herausragend interessieren würde. Es ist nur so, dass ich gerne mit mir alleine bin und eben nicht mit ihm (= der Mensch). Einstein hat uns den Begriff "relativ" erklärt und wir mussten schlucken: "Ja, stimmt, Mensch, Einstein, du bist klasse."
Relativ beschissen ist es also für die meisten, nur allein zu sein, weil sie sich nach Liebkosungen sehnen (Warum ausgerechnet danach, weiß dieses Mal nur Gott und eben nicht der Teufel!); relativ wohltuend ist es für die wenigen, nur allein zu sein, weil sie es aus welchen Gründen auch immer gar nicht erst anders wollen.

Ich gehöre zu der Sorte von Mensch, die nur dann das Haus mit Schirm, Charme und Hut (Das war schließlich keine Anspielung.) verlassen, wenn sie sich des Identitätsverlustes bewusst sind. Ich hänge sozusagen meine richtige Identität an den Nagel oder Haken, um mich einer anderen zu bedienen. Dann heiße ich mit einem Mal "Iwan" und bin ein russischer Philosoph. Die Leute bewundern den Iwan und ich kann beruhigt in das Zuhause zurückkehren, das mich an mich selbst erinnert. Es hat Risse (meistens an den Wänden) und wenn man ganz still ist, hört man auch das Kratzen, das durch die dicken, dunklen Dielen dringt. Es klingt wie das Kratzen einer Katze, nur dass hier nicht die Katze, sondern der Mensch kratzt, der dort unten sitzt und sich quasi die Seele aus dem Leib kratzt, wie andere sie nur kotzen oder schreien können. Das ist aber stets jedem selbst überlassen und soll kein Vorwurf sein. Vorwürfe sind etwas für Partisanen: Sie schicken sich an, immerzu den Kopf freizukriegen, und das ist eine nahezu unmögliche Marter. Zumindest für meinesgleichen, aber wer bin ich schon: Gott? - Nein. Iwan? - Nicht doch. Also: Ob Mann, ob Frau, ob Philosoph oder Märtyrer (Neuheit), immerhin bin ich es, die am längeren Hebel sitzt und den versteckten Sprengsatz zünden kann.


Anmerkung von theatralisch:

Das Genre und das Thema hatte ich bereits und als ich mich daran erinnerte, fand ich sogleich Gefallen daran.

Anlässlich: Die Nacht ist nicht allein zum Schlafen da.

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Kommentare zu diesem Text

Max (43)
(20.09.09)
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 theatralisch meinte dazu am 20.09.09:
Danke!
LudwigJanssen (54)
(20.09.09)
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 theatralisch antwortete darauf am 20.09.09:
Wohl wieder ne Parabel, oder....mhh.

Okay.
Vetustus (19)
(17.10.09)
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 theatralisch schrieb daraufhin am 17.10.09:
Ach, das war einer, der alle meine Texte mit "profan" versehen hat.
Bestimmt der eine da oder der, die, das andere.

Ja, großes Glück.

Dan(g)ke nochmal.
EliasRafael (50)
(26.08.10)
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 theatralisch äußerte darauf am 27.08.10:
Ja, erinnere mich nicht mehr daran, warum ich das schrieb. Aber es gibt einen Hintergrund.
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