Römische Logik

Groteske zum Thema Wissenschaft

von  loslosch

Aus falschen Annahmen können richtige Schlüsse gezogen werden: Iove tonante fulgurante comitia populi habere nefas (Cicero). Wenn Jupiter donnert und blitzt, darf keine Volksversammlung stattfinden.

Die Erfahrung, dass bei Menschenansammlungen viele Menschen durch Blitzeinschlag getötet werden können, macht diese Vorschrift (aus den Inauguralbüchern) sinnvoll. Sinnwidrig ist allerdings die Begründung. Demnach schleudert Jupiter nicht ohne Grund Blitze zur Erde. Er ist zornig. Aus diesem Zitat nicht ersichtlich, aber allgemeines römisches Feeling. Wenn das Meer tost, ist Neptun, der Gott der Meere, zornig, usw. usw.

Noch (der Naturforscher) Goethe glaubte im 19. Jh., das Donnergeräusch rühre von Meteoren, die sich aus Gewitterdünsten bilden, gegeneinander schlagen und dann zur Erde fallen.

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Kommentare zu diesem Text

elvis1951 (59)
(10.10.09)
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 loslosch meinte dazu am 10.10.09:
Diese uralte Weisheit (docendo discimus) wird heute erweitert: Man lernt, wenn es einem erklärt wird oder man es selbst erklärt. :) Lo
Graeculus (69)
(20.02.18)
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 loslosch antwortete darauf am 20.02.18:
man kann aus falschen annahmen richtige schlüsse ziehen. so banal diese logische regel ist, sie wird von den wenigsten verinnerlicht.

 Dieter Wal (20.02.18)
Euch fehlt Poesie. Dem weniger:

“Is it not certain that the Creator yawns in earthquake and thunder and other popular displays, but toils in rounding the delicate spiral of a shell?"

William Butler Yeats, The Trembling of the Veil

Für einen Dichter scheint es noch selbstverständlich, dass Jupiter Blitze schleudert. Ich nehme an, auch Hölderlin hätte dies bejaht.

 loslosch schrieb daraufhin am 20.02.18:
klar, auch hölderlin, den kohl so mochte. ("ich war gut in hölderlin.")

 Dieter Wal äußerte darauf am 20.02.18:
@lo: Möchtest du dadurch mitteilen, dass du Kohl oder Hölderlin nicht magst?

Seit ich die leider nicht von ihm geschriebene Autobiographie (Ghostwriter) Kohls las, trat der auf mich von Jugend an unsympathische wirkende bräsige Typ Kohls in den Hintergrund und es wurde ein umsichtiger Staatsmann sichtbar, den ich so nie erwartet hätte.

Hölderlin ist für mich ein erstaunlich romantischer Dichter, der sich zwischen Logos und Mythos seismographisch hin- und herbewegte, der schließlich in seinem letztlich mythischen Weltbild über Jahrzehnte versank. Dabei war er von der Philosophie der Aufklärung ebenso berührt. Ähnlich tiefe Durchdringung des Mythos fand ich bei Gérard de Nerval.

 loslosch ergänzte dazu am 20.02.18:
das gemeinsame zwischen hölderlin und kohl: beide konnten gut schwelgen. und nun das trennende: hölderlin spielte sprachlich in einer anderen liga.

 Dieter Wal meinte dazu am 20.02.18:
Die Sentenz steht bei De Divinatione, 2, 18, 43. Wo dort im Detail Divinationstechniken dargestellt werden und Wissen über (vermeintliche?) Willenserforschungen der Götter vermittelt wird, folgt hier entgegen der Textintention plattester und beliebiger Materialismus. Die Sentenz wird geradezu verfälscht und sinnentstellt, nicht im Geringsten handelt dieser Text von ihrem Inhalt im Zusammenhang.

Antwort geändert am 20.02.2018 um 19:24 Uhr

 loslosch meinte dazu am 20.02.18:
de divinatione, von der sehergabe. in den älteren texten habe ich die genaue quelle fortgelassen. aber ich verweise doch auf die vorschriften der inauguralbücher.

cicero war seiner zeit nur ein bisschen voraus. er hat zwar manche opfertechniken belächelt, glaubte aber ernsthaft an die existenz von göttern.

 Dieter Wal meinte dazu am 21.02.18:
Hast völlig recht. Las selektiv. Sorry! Meinen "Ärger" verursachte die Verheimlichung der Quelle. Als ich dann im Gesamtzusammenhang nachlas, ging ich davon aus, du hättest die Sentenz wie einen Abreißtageskalenderspruch missbraucht, um deine Weltsicht einzubringen. Da verfärbten sich die Gläser meiner Lesebrille violett.

Dennoch wurde die Sentenz in ihrem Zusammenhang entstellt kommentiert. Es ging in keiner Weise beim Sinn um Unfallverhütung. Da lese ich im Kommentar Ignoranz und kulturimperialistisches "Wir wissen es heute besser" heraus. Wir wissen gar nichts. Wir sind nur meist aus mythologischen Weltbildern gepurzelt. Aber das ist nicht mehr an Wissen, sondern produziert reduzierte Verständnismöglichkeiten antiker Texte. Für Religiöse ist die Vorschrift sinnvoll. Nur du bist keiner. Deshalb fände ich es angebracht, sich solcher Themen zu enthalten. Oder würdest du auch als Nicht-Skifahrer über den Reiz des Skifahrens schreiben?

Was ich am Kommentar mag, dass bis ins 18. Jahrhundert am Beispiel Goethes eher noch kein wissenschaftliches Verständnis für Wetterphänomene vorhanden war.

Kennst du Wolfgang Behringers "Kulturgeschichte des Klimas"? Sollte in die Lehrpläne aufgenommen werden.

Rezension: https://www.hsozkult.de/publicationreview/id/rezbuecher-10576

Antwort geändert am 21.02.2018 um 12:02 Uhr

 loslosch meinte dazu am 21.02.18:
natürlich kenne ich die nicht. die rezension spart im 2. teil nicht mit subtiler kritik.

franklin wurde darin erwähnt. jetzt spanne ich den bogen zu goethe. als letzterer noch in die hosen schiss, war frankin mit seinen experimenten zum blitz schon weiter. goethes irrtum stammt aus ca. 1820. so what!

 Dieter Wal meinte dazu am 23.02.18:
Goethe war mehr Anthroposoph als Physiker. So what? Du könntest Abbitte leisten, knien, Asche auf dein Haupt, zerknirscht sein. Nur bin ich kein Katholik und nicht mal richtig Christ. Ich mag Kommentare, die einem Text dienen und nicht umgekehrt.
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