Wüstenmohn-Kapitel 11-

Roman zum Thema Abenteuer

von  knud_knudsen

Kapitel 11

Pierre fühlt eine feste Hand auf seiner Schulter. Langsam öffnet er die Augen und sieht Abu. „Komm, es geht los“. Der Franzose schält sich aus seiner Decke, ergreift seine Waffe und folgt dem Alubischen zum LKW.  Dieser hat den großvolumigen Motor bereits gestartet. Pierre zieht sich ins Führerhaus und schließt die Tür. Das Fahrzeug bewegt sich brummend und schüttelnd. Nach kurze Zeit haben sie den Ort hinter sich gelassen . Die Hauptstrasse nach Quetta ist passabel ausgebaut und knirschend schaltet Abu das nicht synchronisierte Getriebe.
Es ist kalt. Die Scheinwerfer beleuchten nur ungenügend die Piste. Die Strasse liegt verlassen vor ihnen. Langsam kommt ein Gespräch in Gang. „Abu was macht ihr Widerstandskämpfer wenn die Russen das Land verlassen sollten? Werdet ihr eine Demokratie wie wir in Frankreich, mit freien Wahlen und Menschenrechten einführen?“ Pierre ist über sich selbst erstaunt, aber die Frage lag ihm die ganze Zeit schon auf der Seele. Dabei denkt er an alle Toten die der Kampf schon gefordert hatte, an die Jahrzehnte der Unterdrückung die das Alubische Volk hinter sich hatte, an die Zerstörung der Städte und Dörfer die Unterdrückung der Frauen und Mädchen. Ruhe . Nur das gleichmäßige Brummen des Motors ist zu hören, dann hebt Abu an. „Mon amis, man merkt, dass du im Westen aufgewachsen bist. Wir, die meisten Kämpfer und auch ich sind in religiösen Schulen und Universitäten erzogen worden. Unseren Kampf führen wir weil wir einen Gottesstaat errichten wollen. So wie es im Buch der Bücher steht. Unsere Rechtsprechung wird die des Buches sein unsere Staatsform die traditionelle unserer Religion. Unsere Frauen werden traditionell so leben wie es vorbestimmt ist. Man merkt, dass du noch nie eine moslemische Frau kennen gelernt hast. Die Frauen sind so zufrieden, so wie es ist.“ Pierre ist verwirrt und merkt, dass er sich
innerlich weit von seinem Mitreisenden entfernt hat. Seine Mutter ist auch Moslema und sein Vater Moslem. Doch weder ist seine Mutter verschleiert noch unterdrückt der Vater sie. Sie leben partnerschaftlich in Freundschaft und Liebe und ihr Vorbild hat bisher sein Leben geformt. Abu lacht und verkündet dem Franzosen, dass sie in Quetta, ihm zu Ehren, ein Fest veranstalten werden. Dann plätschert das Gespräch, mehr an der Oberfläche, so dahin.
Kurz vor der Grenzstation werden sie von einem Geländewagen überholt, geschnitten und zum Halten gezwungen. Beide sind hellwach. Pierre fasst sein Gewehr fester und prüft den Sitz seiner Magnum. Zwei alubische Soldaten steigen aus und kommen, mit schussbereiten Waffen auf sie zu. Pierre zieht langsam die schwere Pistole aus dem Holster und legt den Sicherungsflügel um. Abu hat das Führerhaus schon verlassen und geht, gestikulierend auf die beiden zu.
Pierre ist ebenfalls von seinem Platz gerutscht und steht an der Beifahrertür, verdeckt durch die  Motorhaube, auf der Strasse. Die beiden Vertreter des kommunistischen Regimes haben ihn nicht bemerkt und konzentrieren sich nur auf Abu. Einer hat seine Pistole gezogen und hält sie dem Freischärler an den Kopf, als unvermittelt ein kleiner roter Punkt zwischen seinen Augenbrauen erscheint und dann bellt auch schon dieser mörderische Schuss.


Wie von einer  Faust getroffen, wird ihm der Kopf  nach hinten gerissen und an der Stelle des Punktes färbt sich die Stelle nassrot. Der Soldat kippt nach hinten. Bevor sein Begleiter das Gewehr auf Abu richten kann bricht auch er tödlich getroffen, von Pierres grosskalibriger Pistole, zusammen. “Danke, du hast etwas bei mir gut“ das ist alles was Abu sagt. Gemeinsam schleppen sie die Beiden zu dem Geländewagen, lösen die Bremsen und schieben ihn links der Strasse in den Abgrund. Sie hören noch eine ganze Zeit das dröhnende Aufschlagen des Fahrzeuges, dann grelles Licht, das gelborange das Tal erleuchtet.
Äusserlich unbeeindruckt von dem Vorfall startet Abu den Lastwagen und kurze Zeit später sind sie wieder auf dem Weg zur Grenzstation. Jeder hängt seinen Gedanken nach. Schon von Weitem sehen sie die Lichtorgie. Scheinwerfer sind auf die Stasse gerichtet und bilden eine Sichtbarriere. Im Schritttempo rollt das  Fahrzeug auf die Grenze zu. Dann durchfahren sie diesen Scheinwerfervorhang und sind für einen Augenblick wie geblendet. Sie sehen nicht, was sie hinter diesem Vorhang erwartet. Nachdem sich ihre Augen wieder an die Dunkelheit gewöhnt haben erblicken sie den Schlagbaum und davor zwei Grenzsoldaten, die miteinander plaudern und scherzen. Erleichterung macht sich bei Abu und Pierre breit. Der Partisanenführer hat schon das Seitenfenster heruntergekurbelt und reicht seine Papiere einem der Zöllner entgegen. „Was habt ihr geladen?“ kommt die obligate Frage. „Brennholz für Quetta. Ich arbeite für Omar Quetta.“ Fügt Abu noch hinzu. Der Grenzsoldat lacht. „Na der Alte ist ein echter Leuteschinder“, mit diesen Worten öffnet er den Schlagbaum und winkt sie durch. Beide sind erleichtert. Nach kurzer Zeit kommt die pakistanische Grenze. Der Wachhabende winkt sie einfach durch. Abu grinst und auch Pierre muss jetzt lachen.

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