Eisiger Atem

Text zum Thema Selbsthass/verletzung/mord

von  ZornDerFinsternis

Eisiger Atem. Knirschender Schnee. Zittrige, blaue Füße. Keine Fußspuren unter dir. Kein Weg vor dir, nur die Dunkelheit rings umher. Zart schlängelt sich dunkelrotes Blut, dort entlang, wo du eben noch gestanden hast. Zerschnitten hast du dir die Kinderfüße, an den Trümmern deiner Sehnsucht. Bist verlorengegangen, in der Schreckenskammer deines Herzens. Die Zeit eilt davon – bloß du bleibst zurück. Vor der Hoffnungsinsel im Eis, ist dein Boot zerschellt. Der Nordstern mit deinem Lachen, im Eismeer, untergegangen. Blaue Lippen. Windzerzaustes Haar. Gestutzte Flügel, die noch immer stumme Tränen weinen. In deinen Augen ruht das Leben nicht mehr. Aus der Leere dieses sterbenden Grüns, blickt nur närrisch die Leere empor. Das kindliche Herz in deiner Brust, hatte nur Liebe zu vergeben. Nur Gutes gewollt. Und das, um geschlagen und getreten zu werden. Die Schatten, die die dichten Tannen über dich werfen, bemerkst du nicht mehr. Seit der Nordstern fiel, vor einigen Jahren schon, wandelst du jeden Tag, durch ein einsames Meer aus Dunkel und Kälte. Ohne Zuversicht, dem Licht wieder zu begegnen. Und deine Schritte werden lahm. Du bist des Lebens müde geworden. Willst dir nur noch einen sicheren Ort zum Schlafen suchen. Die Heimat hast du verlassen müssen. Das Lachen, hast du aufgeben müssen. Die Schläge einstecken, ohne eine Träne vergießen zu dürfen. Nie hat dein Herz nach Rache gedürstet. Kein Gedanke nach Gerechtigkeit gesinnt. Und keine Träne, ist je der Freude begegnet. Und die Stunden stehen. Die Gedanken malen weiter ein Schlachtfeld über die unschuldige Welt im Schnee. Blut und Angst starren in dich. Und, wenn du die Augen schließt, findet der Alptraum kein Ende. Kälte beißt sich durch Mark und Knochen. Du zitterst – unaufhörlich. Ich weiß, du würdest so gerne weinen. Schreien. Doch, weiß ich auch, dass du es nicht mehr kannst. Dass das Leben dir jegliches Empfinden ausgetrieben hat. Und so stehst du da. In deinem rabenschwarzen Kleid, das bis auf den Boden reicht. Mit den langen, blonden Haaren, auf der vollmondbleichen Haut. Mit den vielen Narben – überall. Mit dem Dolch, mitten im Herzen. Und du willst schreien. Doch, nur Schweigen ist dir erlaubt. Und du schaust mich an. Eine winzige Träne im Auge. Ein leichtes, zaghaftes Lächeln auf den blaugefrorenen Lippen. Irgendwie, scheinst du entschlossen. Entschlossen, aufzugeben. Ich lächle vom Meeresgrund zurück. Klammerst dich an den Felsen in den schwächlichen Armen. So, als sei er alles. Alles, was du jemals hattest. Du drehst dich nicht um. Der Schnee tanzt auf der saftigen, grünen Wiese deiner Augen. Du blinzest. Einen winzigen Augenblick. Und die Farben verfließen, in eine Mischung aus erdrückenden Schwarz- und Grautönen. Zum Abschied, streichelt der Wind ein letztes Mal durch dein langes Haar. Ein leises Klatschen. Nässe und Kälte ziehen dich zu mir herab. Eisschollen und Dunkelheit sind kaum auseinander zu halten. Du schließt deine Augen. Und ich singe dich in den Schlaf, aus dem wir beide nicht mehr erwachen werden.

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Kommentare zu diesem Text

Fub (24)
(11.04.10)
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 ZornDerFinsternis meinte dazu am 11.04.10:
Es berührt mich sehr, zu wissen, dass jemand genauso empfindet und denkt.
Vielen Dank :)
Anni
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