Monika ließ grüßen

Glosse zum Thema Ehrlichkeit

von  tulpenrot

Ich kenne sie nicht, habe sie nie gesehen. Monika ließe mich grüßen, behauptet Jonathan heute Abend unverhofft am Telefon. Ich zögere mit meinem Dankeschön.
Monika sei doch seine frühere Freundin, versucht mir Jonathan auf die Sprünge zu helfen. Ich erinnere mich.

So viel ich weiß, ist Jonathan jetzt mit Maria befreundet. Eng befreundet. Enger als mit mir zum Beispiel.
Er spricht häufig von ihr, wenn er mal wieder Lust auf ein Zehnminutentelefonat mit mir hat.

Seiner früheren Freundin Monika erzähle er nichts von Maria. Damit sie nicht eifersüchtig würde, meint er heute Abend. Sie sei immer furchtbar eifersüchtig. Stattdessen berichte er von mir.
Als ob wir eng befreundet wären. Sind wir aber nicht. Monika ließe mich also grüßen.

Als ich Jonathan mit meiner Tochter auf der Durchreise einmal kurz besuchte, trafen wir seine andere Freundin Carola. Carola und Monika kennen sich wiederum gut. Daher klingt es ganz plausibel, dass er mit mir weiter befreundet ist und mich angeblich besucht.

Wir veranstalteten gemeinsam Lesungen, flunkere er Monika vor und erzähle ihr Geschichten aus meinem Leben, um nichts über Maria zu verraten. Da er für junge Mädchen schwärmt, vermute man, käme er wohl wegen meiner Tochter so oft zu Besuch, bemerkt er lachend. Er war aber nie hier. Und wird auch nie kommen. Doch anscheinend glaubt man ihm die Geschichte.

Mir dagegen erzählt er von Maria.
Dass sie fünf Hühnerchen habe und einen krähfreudigen Hahn, dass sie kunstinteressiert sei und eine ganz liebe, dass sie Lesungen mit fremden Texten mache, dass sie aus Siebenbürgen stamme und jetzt in der Pfalz wohne und dass er mit ihr oft in Konzerte oder Theateraufführungen oder Opern gehe.
Mir erzählt er von Maria. Seltsam.

Und während ich dies hier schreibe, fällt mir ein, dass er unsere Unterhaltung unterbrach. Er müsse eben mal trinken, sagte er. Einen Schluck Rotwein, einen alten, teilte er mir mit. Und dann noch einen Schluck. Schmeckt wie alte Frauen, fand er und lachte wieder. Anscheinend war es nicht der erste Schluck. Bestimmt nicht. Und das könnte vieles erklären.

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Kommentare zu diesem Text

andromeda (50)
(13.01.10)
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 tulpenrot meinte dazu am 13.01.10:
Also gut, dann wird mal hier kräftig spekuliert - und zu was für einem Ergebnis kommt man dann?
Hab herzlichen Dank für deinen Kommentar.
LG
Angelika

 AZU20 (13.01.10)
Ein köstlicher Text, mit viel Freude gelesen. LG

 tulpenrot antwortete darauf am 13.01.10:
Lieber Armin,

dieser Text musste gestern Nacht noch unter die Leute
Ich hab mich auch beim Schreiben noch mal amüsiert.

LG
Angelika
chichi† (80)
(13.01.10)
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 tulpenrot schrieb daraufhin am 13.01.10:
Liebe Gerda,

und?? Ist sie angekommen???? *schmunzel*
danke für deine Empfehlung

LG
Angelika
Adrian (65)
(13.01.10)
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 tulpenrot äußerte darauf am 14.01.10:
Lieber "Adrian",
ja ich meine, es zu wissen.
Zu deinem "homo fictus" aber antworte ich: Wenn du wüsstest... *smile*
Es freut mich jedoch, dass es so rüberkommt und dass es gelungen ist, so zu schreiben.
Hab ganz herzlichen Dank für dein Hiersein und dein Lesen und deine Empfehlung!!!
LG
Angelika

 Ingmar (16.01.10)
finde den text sehr gelungen komponiert, tulpenrot. soll heissen: ich hab ihn gern gelesen. sehr. soll heissen: der text ist gut, meines erachtens. ziemlich sehr.

was ich nicht ganz gut finde: dass logiklöcher drin sind.

zum einen: woher weiss der erzähler das alles? dass alfred vom erzähler redet bei monika, zum beispiel. alfred redet von maria. dass er den rest auch laut sagt, scheint mir eher unwahrscheinlich.

zum anderen. alfred ruft den erzähler an. warum? die beiden haben ja so gut wie nichts zu schaffen miteinander, behauptet der text. warum also das telefongespräch? weil: beim lesen kommt das gefühl auf, die beiden seien sehr vertraut. redeten oft miteinander. seien freunde. auch wenn der text das gegenteil behauptet, er zeigt es nicht, macht es nicht oder zu wenig deutlich, dass dem nicht so ist. das geht so weit, dass man fast vergisst, dass es sich um ein telefongespäch handelt, ja, beim lesen geht das vergessen, und wenn es am ende heisst: "Und während ich so überlege, fällt mir ein, dass er während unserer Unterhaltung ein Glas Wein trank - das letzte, das erste?" - dann sieht man alred vor sich, als leser, und weiss beinah nicht mehr, dass er nicht beim erzähler in der stube hockt, sondern am anderen ende der leitung ist.

einwand verständlich?

aber wie gesagt: alles in allem ein guter, gut gemachter text, den ich gern gelesen habe und gern zur lektüre weiterempfehle.

ingmar

 tulpenrot ergänzte dazu am 16.01.10:
ooh Ingmar, solche Kommentare liebe ich - sehr!!!! Ich muss aber noch mal über deine Einwände nachdenken. Da steckt viel drin.
Meine vorläufige schnelle Antwort: Diese Erzählung ist eine Episode, so dargestellt, dass die Icherzählerin nach dem Telefongesoräch sich ihre Gedanken macht über das Erzählte. Was die Erzählerin über die Freundinnen weiß, weiß sie aus den vielen vorhergehenden Telefonaten und dem selbst Erlebten (Begegnung mit Carola), also nicht nur aus dem einen Telefonat. Während Alfred dieses "letzte" Telefonat führt, trinkt er nebenbei ein Glas Wein - ob es das erste oder das letzte (von vielen vorhergehenden) war, weiß die Erzählerin nicht. Das soll andeuten: Ist das Ganze vielleicht überhaupt eine Flunkergschichte,d ie Alfred auftischt? Warum er sie auftischt und ob es wahr oder geflunkert ist, bleibt offen - es gibt (bisher) keine Antwort. Die ERzählerin weiß es jedenfalls nicht. Sie rätselt ja darüber.
So viel zur Erläuterung.
Kann man es verstehen ? Oder soll ich noch was ändern? Oder ist es genug, dass man ins Fragen kommt als Leser? Oder soll ich die Geschichte von Alfred weiter schreiben? Dazu müsste er mal wieder anrufen - oder ich ihn..... schmunzel.

LG
Angelika mit ganz herzlichem Danke!!!!!!!!!!!

 Ingmar meinte dazu am 16.01.10:
nur kurz:

"Was die Erzählerin über die Freundinnen weiß, weiß sie aus den vielen vorhergehenden Telefonaten und dem selbst Erlebten (Begegnung mit Carola), also nicht nur aus dem einen Telefonat."

...und eben diese info fehlt im text, denk ich. und ausserdem suggeriert der text, alfred und erzähler/in hätten kaum bis keinen kontakt. das macht den telefonanruf rätselhafter als er ist (sein sollte), vor allem wenn du jetzt erklärst: "weiß sie aus den vielen vorhergehenden Telefonaten". also stehen sich erzählerin und alfred näher, als es der text meines erachtens behauptet. immerhin telefonieren sie sehr regelmässig und scheinbar ziemlich oft. davon steht nix im text.

"Während Alfred dieses "letzte" Telefonat führt, trinkt er nebenbei ein Glas Wein - ob es das erste oder das letzte (von vielen vorhergehenden) war, weiß die Erzählerin nicht. Das soll andeuten: Ist das Ganze vielleicht überhaupt eine Flunkergschichte,d ie Alfred auftischt? Warum er sie auftischt und ob es wahr oder geflunkert ist, bleibt offen - es gibt (bisher) keine Antwort. Die ERzählerin weiß es jedenfalls nicht. Sie rätselt ja darüber."

...das geht aus dem text hervor, ist auch ein guter schluss. aber! dass alfred ein glas wein trinkt, macht ihn sichtbar (für den leser), während er doch eigentlich unsichtbar am anderen ende der strippe ist. woher weiss der erzähler, die erzählerin, dass er etwas trinkt? überspitzter gefragt: woher weiss er/sie, dass alfred wein und nicht wasser trinkt? man vergisst, dass es ein telefongespräch ist, man denkt, alfred und erzähler/in sässen beieinander...

grüsse,
ingmar

 tulpenrot meinte dazu am 16.01.10:
Jetzt habe ich noch mal dran gefeilt. Kannst du bitte mal schauen, ob es jetzt besser ist?
Gruß
Angelika

 Ingmar meinte dazu am 16.01.10:
ganz kurz, bin aufm sprung, zu einigen textstellen:

"wenn er mal wieder Lust auf ein Zehnminutentelefonat mit mir hat." find ich gut.

"Er spricht oft von ihr, wenn er mal wieder Lust auf ein Zehnminutentelefonat mit mir hat."
oft. oder: meistens. ich tät meistens schreiben.

"Weshalb eigentlich?"
würd ich ersatzlos streichen.

"Und Dann noch einen Schluck. Ich habe ihn trinken hören."
brauchts nicht.

"Eher war es der letzte von einer Reihe von Schlucken vorher."
brauchts nicht.

"Und während ich so überlege und schreibe, fällt mir ein, dass er unsere Unterhaltung unterbrach."
ich glaube, es reichte zu schreiben: mir fällt ein, dass er unsere unterhaltung unterbrach.

ps. du bist kommentierfaul, sagst du. was dich nicht vor einer bitte schützen soll: kommentier doch einen text von mir, wenn du magst, ich würd mich freuen.

viele grüsse,
ingmar
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