Let Me Die In Your Arms

Text zum Thema Selbsthass/verletzung/mord

von  ZornDerFinsternis

In dieser Nacht erstrahlte das Firmament im bleiernsten, tiefsten Schwarz,
das die Farbpalette je geboten hat.
Ein paar wenige, zierliche Sprenkel, leicht goldig, verloren sich in einem
gewlatigen Schlund, der alles Glück mit sich riss.
Du streichst die Haare aus meinem Gesicht. Ich bin müde. Meine Augen stehen
offen. Du hast Tränen in den Augen. Ich sehe dich an. Sehe, dass du sehr traurig
bist. Der Grund scheint auf der Hand zu liegen. Und doch, kann ich ihn nicht finden.
Der Wind säuselt andächtig und deine Lippen sind fast so blau, wie meine.
Du schluchzt. Weinst. Schreist.
Ich sehe dich leiden und starre doch unentwegt durch dich hindurch.
Mein Blick ist leerer, als der Himmel in meinem Herzen.
Sehe, wie deine zitternde Hand mich sanft berührt, nach der meinen greift.
Du streichst so liebevoll über diese eisige Haut hinweg.
Blinzelst gegen die schwarze Sonne und den Morgen an, der niemals kommen wird.
Let Me Die, hatte ich zu dir gesagt. Hatte mich von deiner kindlichen, schützenden Hand
losgerissen. Meine Schuhe nicht zugebunden. Keine Jacke mitgenommen. Die langen Haare
nicht gekämmt. Eine letzte Zigarette habe ich im Morgengrauen auf dem Fensterbrett im 12. Stock
geraucht.
Der Morgen kam schneller, als ich erwartet und gehofft hatte.
Kam schneller als ein Rettungsanker, in diesem stürmischen Auf und Ab des Lebens.
Lass mich sterben, hatte ich wieder und wieder zu dir gesagt.
Du hast meine Hand gehalten. Genauso, wie jetzt. Du hattest Tränen im Gesicht. Genauso, wie jetzt.
Mir blieb die Sprache verschlagen. Ich war mir ein Fremder - ebenso, wie jetzt.
Das Leben schwappt an mir vorüber. Mal mehr, mal weniger.
Mal höher, mal tiefer.
Let Me Die In Your Arms, hatte ich die ganze Zeit über sagen wollen.
Doch heute sind meine Augen endgültig geschlossen. Zugefallen. Für alle Zeit an die Leere
und die Dunkelheit angepasst.
Meine Flügel habe ich zertrümmert, weil ich ohne dich nie die Wolken habe sehen wollen.
Mein Herz habe ich zerstückelt. Weil es niemanden so sehr lieben sollte, wie dich einstmals.
Let Me Die..., und ja, ich bin stolz, dass du nicht hast sehen müssen, wie Tränen über mein Gesicht
liefen. Wie jämmerlich ich geweint und wie erbärmlich ich zögerte, als der Lauf der 45'er in
meinem Mund steckte.
Schon lustig, wie viel von einem Leben übrig bleibt. Wie viel nach 19 Jahren hier verblieben ist.
Ich habe keinen Eindruck hinterlassen. Keine Melodie in dein Herz gemalt. Kein Lachen in deine
Seele gesät und den Wind der Freiheit nie gespürt.
19 glücklose Jahre. Und alles was bleibt, sind dieser Brief, die Knarre in meiner Hand und
ein Loch. Ein Loch, das in einem Herzen klafft. Eine klaffende Wunde, zwischen den Wolken.
Mondlicht erhellt den blutgetränkten Kiesweg im Wald.

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Kommentare zu diesem Text

Arcade (44)
(21.03.10)
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 ZornDerFinsternis meinte dazu am 22.03.10:
Kein Grund zur Besorgnis, Liebes.
Und ich meine wirklich das Herz. Allerdings ist das Loch im Herzen, über die Jahre hinweg entstanden und hat nichts mit der 45'er zutun.
Danke für deine Zeilen, Nina :)
Fühle dich ebenfalls ganz lieb gedrückt ^^

Anni

 Dieter Wal (21.03.10)
Sensibles Psychogramm über die Leiden der Jugend. Atmosphärisch dicht und sehr schön geschrieben. Reschpekt (schwäb. Schreibweise)! Bezüglich der Richtigkeit der Formulierung von Let Me Die In Your Arms bin ich im Zweifel. Kommt mir denglisch vor.
(Kommentar korrigiert am 22.03.2010)

 ZornDerFinsternis antwortete darauf am 22.03.10:
Vieeeelen Dank, Dieter :)
Über die Bedeutung bin ich auch noch (leicht) im Zweifel...
Liebe Grüße, Anni

 Ginkgoblatt (21.03.10)
Liebe Anni,
diese Zeilen treiben Angst in mein Herz... Ich hoffe du kannst dich an unser Versprechen erinnern, denn es ist das Einzige, dass mich in Sicherheit wiegt. Das mir bei deinen Texten die Angst ein wenig nimmt. Weißt du, du hast in mir einen Eindruck hinterlassen, in mein Herz eine Melodie gemalt und ein Lachen in meine Seele gesät. Das ist wichtig für mich, du bist wichtig für mich! Sei fest umarmt, liebste Grüße Coline

 ZornDerFinsternis schrieb daraufhin am 22.03.10:
Süße, ich erinnere mich sehr wohl an die Worte, die wir uns gaben. Und ich versichere dir, du musst nichts befürchten - mach dir keine Gedanken um mich, du hast genug mit dir selbst zu kämpfen.
Ich werde immer an deiner Seite stehen und ich werde meinem Wort die Treue beibehalten.
Vielen Dank, dass du jeden Tag auf's Neue, der Engel in meiner Finsternis bist. Drück dich. Anni

 AZU20 (22.03.10)
Sehr intensive Gefühle beim Lesen. LG

 ZornDerFinsternis äußerte darauf am 26.03.10:
Vielen Dank, AZU. LG
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