Geniales Fasten

Satire zum Thema Fassade

von  loslosch

Potus non frangit ieiunium (Klosterregel zum Fasten; wohl aus dem MA). Trinken bricht das Fasten nicht.

Auf diese Weise wurden die früher sehr hohen Fastenanforderungen zurechtgebogen. Mönche entwickelten kalorienreiche Fastenbiere.

Ein bayerischer Bischof versuchte in Rom zu intervenieren. Die Kurie ließ eine Kostprobe kommen, empfand sie als ungenießbar und verfügte: Bibant in poenitentiam. Mögen sie es zur Buße trinken.

Damit nicht genug: Vom freitäglichen Verbot des Fleichverzehrs ausgenommen waren bekanntlich Fische. Wegen der geringen Haltbarkeitsdauer von Speisefisch und der seinerzeit unzureichenden Kühltechnik ließen sich die küstenfernen, transportabhängigen Bayern etwas Besonderes einfallen: Ente als Fastenfisch.

Dieser Wasservogel ist ein perfekter Taucher - man denke nur an den Haubentaucher. Und dazu ernährt sich die Ente gern von Fischen. Über einen kleinen produktiven Umweg somit der Fischverzehr in veredelter Form.

In früherer Zeit, so wird berichtet, wurden Ferkel vor dem Schlachten kurz in den Brunnen geworfen und zu Wassertieren promoviert.

Wo ein Wille zum Fasten, dort ein Weg.

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Kommentare zu diesem Text


 Emotionsbündel (31.03.10)
Lieber Lothar,

deine Worte haben mich an einen netten Kurzurlaub in Freiburg erinnert )
Während einer mittelalterlichen Stadtführung, wusste auch "der Franziskanermönch und Alchemist Berthold Schwarz", etwas zu diesem genialen Fasten zu berichten.

Demnach galten neben Enten auch Gänse, Hühner und Wachteln zu den Fischen. "Im Kloster Güdingen in Burgund, da kochen die so gute Fischgerichte, dass der Abt in der Fastenzeit einmal gesagt hat, 'Brüder lasst uns zur Buße einmal wieder Fleisch essen'.
Man konnte in der Fastenzeit auch das Fleisch unterm Teig verstecken: die Schwaben haben so die Maultaschen erfunden
Und wenn wir krank sind, auch da gibt es in der Fastenzeit Ausnahmen, dürfen wir natürlich Fleisch essen. Was glaubt ihr, wie krank wir immer in der Fastenzeit sind. Dann lassen wir uns jede Woche zur Ader und können somit auch wieder Fleisch essen

Auch dürfen wir in der Fastenzeit keinen Wein trinken. Da haben wir angefangen, das Wasser zu verbessern: 'kennt ihr Kirschwasser und Pflaumenwasser?'
Also, wenn man es richtig macht, kommt man sehr gut durch die Fastenzeit."

Liebe Grüße, Judith

 loslosch meinte dazu am 31.03.10:
Erst dachte ich, oh, der Berthold Schwarz weilt noch unter uns. Immerhin habe ich eben per google gelernt, dass das Schwarzpulver nicht nach ihm benannt wurde, seinen Namen wegen der Färbung trägt. Rums, meinen alten Gedächtnisspeicher entrümpelt und im Stillen den seligen Dorfschullehrer Rolinger beschimpft. Lothar

 Didi.Costaire (31.03.10)
Offensichtlich handelt es sich bei dem Bericht um keine Ente...

Es ist aber auch zum dumm und schreit nach Ausflüchten, solchen zölibatären Regelungen unterworfen zu sein.

LG, Dirk

 loslosch antwortete darauf am 31.03.10:
Oh, oh, dank Dir fürs Stichwort. Jetzt schreib ich mal was zur sog. Ente. Demnächst in diesem Theater. :) Lothar
Klopfstock (60)
(31.03.10)
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 Rudolf schrieb daraufhin am 31.03.10:
Dein Kommentar gefällt mir. Geh doch mal in eine evangelische Kirche. Dort fastest Du für Dich und nicht für eine Organisation, einen Ritus. Du für Dich, um Dich und eventuelle Nebengötter besser kennenzulernen.

 loslosch äußerte darauf am 31.03.10:
@Klopfi: Das tief Heidnische hast Du schön herauskristallisiert. Was ich schrieb, lässt sich mit viel Umsicht googlen, eines aber nicht: die bayerischen Probleme mit den längeren Transportwegen. Gehört bei René König, Soziologieprofessor in Köln, in den 60er Jahren. Lothar
elvis1951 (59)
(31.03.10)
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 loslosch ergänzte dazu am 31.03.10:
Ein wunderschönes Zitat inmitten, fast hätte ichs als Beitrag gewählt. Als Kurzprosa jetzt:

... Venter caret auribus ...

Nach Seneca, Epistulae morales. Bei Plutarch, dem griechischen Geschichtsschreiber abgepinnt. Wörtlich: Der Bauch entbehrt der Ohren. Oder: Man kann dem Magen nicht gut zureden, wenn er vor Hunger knurrt.

Ein schönes, tragisches, trauriges Bild. Danke, Klaus. Lothar
(Antwort korrigiert am 31.03.2010)

 Lala (31.03.10)
Hallo Loslosch

Diese Parodie, wenn auch aufs Fasten, ist kurz und knackig.Gefällt mir gut.

Nur eine Frage, haben wurden diese erfinderischen Ausflüchte von Mönchen ersonnen, die in einer Zeit lebten, wo sie heiraten durften und wohl auch so manches mal - eigentlich regelmäßig - über die Stränge geschlagen haben, gelebt? Oder haben es die Zölibatären, die Mixas und Benedettos, ersonnen, die in ihrer Not weder ein noch aus wussten?
Die lebensfrohen Klosterbrüder, die wo, wie der Schwabe sagen würde, vor der Jahrtausendwende lebten, sind erst um 1000 durch die Gottesfriedensbewegung und das Zölibat in ihrer Lebenslust eingebremst worden. Daher vermute ich, dass die es nicht waren, sondern so lebensfrohe Kölner Geister wie Meissner.

Gruß

Lala

 loslosch meinte dazu am 31.03.10:
Meisner ist ja Import, Ex-Berliner Bischof; war unter lautem Protest der Kölner eingesetzt worden. Die Erfinderischen, das waren wohl spontane innerkirchliche Freiheitsbewegungen mit roten Backen und dicken Bäuchen.

Mixa, der Wixa, passt da nicht rein, gehört zur Gruppe der Spätsadisten. Lothar

 loslosch meinte dazu am 16.04.10:
Der Spätsadist hat Watschen verteilt. Plötzlich erinnert sich diese ehrliche Haut. :) Lo
Graeculus (69)
(22.12.14)
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Teichhüpfer (56) meinte dazu am 14.11.15:
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 TrekanBelluvitsh (14.11.15)
Eine Regel lässt sich erst dann mit voller Hingabe verteidigen, wenn man selbst die Hintertürchen kennt.

 loslosch meinte dazu am 14.11.15:
... die man selbst erfunden hat!

 TrekanBelluvitsh meinte dazu am 14.11.15:
Bei mir darf jeder meine Meinung frei vertreten.
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