I.
 Inhalt 
III. 

II.

Erzählung zum Thema Abrechnung

von  Lala

II.

„Briegel’s Blumenlyrik –  Blumen und Gebundenes“, las Friederike eines Vormittages auf einem Werbeprospektchen und war sowohl verärgert als auch ein wenig resigniert. Obwohl sie auf ihrem Briefkasten einen Aufkleber angebracht hatte, der in unmissverständlichen Worten den Zustellern mitteilte „Keine Werbung!“, schien der Zusteller dieser Sendung, des Lesens nicht mächtig gewesen zu sein. Wunderte das Friederike? Nein. Denn schon das apostrophierte ‚s’ in Briegels hatte sie erschauern lassen. „Schreiben kann er also auch nicht“, murmelte sie und wunderte sich warum ein solcher Analphabet in seinem im Erdgeschoss neu eröffneten Laden nicht nur Blumen sondern auch Gedichte an den Mann bringen will? Aber das die Welt seltsam ist, das war für Friederike wahrlich nichts Neues und es war auch seltsam, dass sie trotz dieser aufdringlich bunten Werbung schnurstracks in Briegels Laden ging, um Blumen zu kaufen; sofern er denn ein paar Anständige zu einem guten Preis im Sortiment haben sollte. Aber so seltsam war es auch wiederum nicht, denn Friederike wollte zum Grab ihres Mannes, sie war in Eile und es fehlten noch Blumen. So ergab es sich, dass sie den Laden von Briegel betrat, ein wenig verweilte, überraschend gut gelaunt, schönen Blumen und einer besonderen Karte im Gepäck, bald darauf wieder den Laden verließ.

Als sie im Bus zum Friedhof saß, dachte sie unentwegt an diesen völlig veränderten Mann. Er kannte sich sehr gut mit Blumen aus und seine Gebinde waren akkurat und einfach topp. Von seiner Unbeholfenheit, über die sie sich bei ihrer ersten Begegnung im Treppenhaus noch lustig gemacht hatte, war ebenso wenig zu merken wie von seinen dicklichen Fingern und seinem schwabbeligen Leib. Im Korsett seiner grünen Schürze beherrschte er seinen Körper wie ein Instrument und wirkte souverän. Aber am aller erstaunlichsten waren seine Worte, seine Gedichte. In den besten Gestecken steckten Karten auf denen in schönster Kaligraphie ausgezeichnete Sonette standen. Die Blumen und die Worte bildeten eine wundervolle Einheit und bei einem musste sich Friederike verstohlen eine Träne aus dem Augenwinkel wischen. Famos, ganz famos, hatte sie ein- ums andere mal in ihre Hand genuschelt und hätte sie sich umgedreht, dann hätte sie gesehen, dass Briegel sie dabei beobachtete und ein verschmitztes Lächeln sich nicht verkneifen konnte.

Dass er sie nach Strich und Faden und bester Schule um den kleinen Finger gewickelt hatte, dass er eine neue Stammkundin gewonnen hatte, als er ihr Gesteck und Gedicht nicht umsonst hergab, denn sie sei eine Frau, die von einem Fremden und obendrein einem Händler nichts umsonst haben will, aber nach der Unannehmlichkeit, die er ihr so tölpelhaft bereitet hatte, könne sie es ihm nicht abschlagen, dass er sie zu Lilien und Versen einlade dürfe, dass er sie spätestens da im Sack hatte, hätte Frau Helm weit von sich gewiesen. Sie hatte sich in dem Mann einfach getäuscht, na und? Ihr neuer Nachbar hatte einfach Klasse. Basta.


Babylon, du hast drei Wunder verloren,
die steinernen Zeugnisse weltlicher Macht:
den Turmbau, die Mauer, doch wirkliche Pracht
wird einzig und ewig aus Eden geboren.

Denn Pflanzen und Blumen hat Gott auserkoren,
dass Liebe im Menschen erst keimend erwacht,
dann wächst und gedeihet und schließlich entfacht
die Blüte der Leidenschaft, unausgegoren.

Ob himmelbunt heischend, ob bauschend, girlanden,
hie kindlich und sanft, hüben sinnliche Härten
so trotzte das Täubchen dem Tod und es fanden

und brachten des Nebukadnezars Gefährten
Semiramis Samen aus all jenen Landen
und Huld wuchs aus Hades in Hängenden Gärten.

B.

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III. 
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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (29.01.21)
Verärgert wäre ich auch - wegen des Deppenapostrophs.
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