An mich... oder doch Frau X?

Brief zum Thema Angst

von  Seelenfresserin

An Tagen wie diesen... dachte ich, könnte mich nichts treffen. Der Wecker ging an, er weckte mich mit meinem Lieblingslied. Eine schönere Version eines anderen Liedes. Und meine Augen gehen auf und in diesem Moment dachte ich nur: Yes. Wieder eine Nacht ohne Alpträume überstanden. Wieder eine Nacht, ohne das ich aufgestanden bin, weil ich nicht schlafen konnte. Die scheiss Tabletten tun endlich das, was sie tun sollten. Ich blicke neben mir meine noch schlafende, reizende Freundin an. Sie sieht süß aus, wenn sie so friedlich ist. Süß. Aber nur in diesem Moment. Wenn sie wach wird, ist sie das Feuer, welches mich manchmal zu verbrennen droht. Die Kraft, die mich in die Knie zwingt. Die Person, die mich halten kann wenn ich zu zerbrechen drohe. Nur in diesem, "süßem" Moment, kann ich wirklich sagen, das sie wirklich ein Engel ist. Ich reisse mich von diesem Zeitlosen Anblick weg und mache mich frisch. Ich muss früher raus. Meine Arbeitsgruppe will heute Frühstücken. Und ich sollte dafür Einkaufen gehen. Kein Ding. Mach ich gern. Obwohl das Stimmchen in meinem Kopf mir ununterbrochen sagt, das ich mich nicht ausnutzen lassen soll. Ich ignoriere es. Rein in den Mantel und raus in den Schnee. Mein Atem stockt, als ich diese Kristallklare Pracht sehe. Ich liebe den Winter. Er ist für mich die Jahreszeit, in der ich wirklich Ich sein kann. Die Zeit vergeht. Und irgendwann stand ich mit den Einkäufen vor den Bürogebäuden. Ich wunderte mich, warum ich mal wieder einen Filmriss hatte. Wahrscheinlich war es die Kälte des Winters, welche mich abgelenkt hatten. Doch das alles, ist für mich unwichtig. Weil ich all das nicht mehr genau wusste, nicht mehr weiß. Denn heute traf ich dich. Ich traf dich, die Person, die mein "Friedliches Gebilde" an Sorglosigkeit und Ignoranz meiner Person betreffend, in Schutt und Asche legte.

Ich nenne sie hier mal: Frau X.


Frau X ist eine Dame, die nur als Vertretung da war. Für nur einen Tag. Frau X hatte eine andere Sichtweise als ich. Sie verlangte beim Frühstück Dinge, die wir sonst nicht taten. Die Wurst auf den Teller legen. Zum Beispiel. Doch genau da fing es an. Die Gewohnheit meinerseits, dieses Ritual, die Wurst mit der Packung auf den Tisch zu stellen, wurde gebrochen. Nein. Diese für mich wichtige Grenze wurde überschritten. Ich bin ein Mensch, der seine Gewohnheiten braucht. Weil sie ein Teil, eines Tagesrythmuses sind. Ich brauche das. Doch diese Frau, die mich nicht kennt und die nur einen Tag hier war, hatte diese Grenze überschritten. Ich behielt einen Kühlen Kopf. Mein Innerer Kampf hatte aber begonnen. Die Angste frass sich durch meine Brust und lähmte mich. Ich bekam schon wieder diese Filmrisse. Nein. Das wird sie nicht schaffen. Du hast dir dein Leben schon so schön gemacht, so schön, das du jeden Tag zum Fressen hast. Das wird dir keiner nehmen können! Doch ich habe die Rechnung ohne sie gemacht. Frau X hatte die Aufgabe übernommen, eine neue Arbeitsteilung zu machen. Darf sie das? Wir tuschelten, als sie aus dem Raum ging. Meine Kollegen merkten, das ich Hirntod war in diesem Moment. Sie merkten, das meine Gefühle das nicht mehr lange mitmachen würden. Doch Frau X machte unbeirrt ihren "Job". Sie bat mich, eine Küchendiensttabelle zu machen. Ich tat es. Doch ich habe wieder die Rechnung ohne Frau X gemacht. Auf meine Frage, wie die Weihnachts und Silversterregelungen waren, sagte sie mir, sie wisse es nicht. Doch zum Glück war der Chef im Haus. Ich sagte, motiviert und angagiert wie ich war, das ich eben ihn fragen würde. Doch sie hielt mich auf, sagte, das würde die "Küchenleiterin" meines Teams übernehmen. Da war es wieder. Wie ein Surren in meinen Ohren. Warum? Warum konnte ich als gleich gestelltes Mitglied des Teams nicht selbst den Chef fragen, wenn doch meine Kollegin grade zu tun hatte? Nein. Ich durfte nicht. Wie Frau Super Nanny stand sie vor mir und verweigerte mir das zu tun, was in meinem Bedürfnis lag. Und genau in diesem Moment geschah es.

Diese Hitze in mir. Diese Hitze, die ich seit Monaten nicht mehr gespürt habe, kam wieder. Das heftige Zittern stieg mit ein, da ich sofort Angst bekam.

Angst vor mir selbst.


Angst davor, etwas zu tun, was mich diese Chance kostete. Die Chance, hier arbeiten zu dürfen. Angst davor, mir etwas antun zu können. Mir diese stumpfe Buttermesserklinge in den Magen zu rammen, mir mit der Gabel die Augen ausstechen zu können oder schlimmeres... Angst.... Frau X dieses selbsgefällige Grinsen aus dem Gesicht zu entfernen. Chirurgisch. In einer alten Industrieruine mit dreckigen OP Besteck. Angst...

Ich hatte Angst. Und das war etwas, was mich bis heute verfolgt.

Ich danke ihnen, Frau X.


Dank ihnen, weiß ich nun, das ich wirklich nirgendwo sicher bin, vor mir selbst. Ich dachte, wenn ich nur der Monotonie meines Lebens folgen würde, wenn ich das Lebenspiel nach den Regeln der anderen spiele, würde ich weiter kommen. Doch dem ist nicht so. Denn selbst in dieser verfickten Hartz 4 Arbeitsmaßnahme, kann ich noch tiefer in mein Persönliches Loch fallen.

Heute, nach fünf Tagen, wache ich Schweiß gebadet auf. Neben mir liegt mein Engel und sieht mich an... genau mit dem Blick, den ich nie bei ihr sehen wollte. Mitleid. Sie hält mich fest, doch Frau X wird warten... in meinem Traum, wenn ich es wagen sollte, in den Schlaf zu fallen...

Jeder hat seine Frau oder seinen Herrn X... doch nicht jeder verfolgt euch in den Schlaf...


Scheiss Glückspilze

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Kommentare zu diesem Text

Unschuldsengel (31)
(01.12.10)
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 Seelenfresserin meinte dazu am 01.12.10:
Hey Unschuldsengel,

Ich sollte wohl anmerken, das ich eine Psychische Störung, eine Persönlichkeitsstörung habe. Dieser Brief, da ist kein Funken eines LyrIchs drin. Das sind alles meine GEdanken.

Vielleicht macht das einem nun mehr angst. Aber ich denke, jetzt kann man mich vll ein wenig verstehen.
grenzakt (55)
(09.08.12)
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