Weihnachten

Skizze zum Thema Abschied

von  ZornDerFinsternis

Ich blicke in die hell strahlenden Fenster.
In die Augen einer dunklen und müden Stadt.
Atmen fällt ihr schwer. Und sie schleppt sich kraftlos
Tag für Tag dahin. Abgase atmet sie aus. Ein.
Und Dunkelheit verleiht ihr diesen gewissen Charme.
Und im Schnee wirkt sie so anmutig und friedlich.
Die Makel sind verdeckt. Die Schmerzen und die Hoffnungslosigkeit
im Asphaltherzen ebenfalls, vergraben.
Menschen eilen durch die Straßen. Gehetzte, einsame Seelen.
Stets ein Lächeln aufgesetzt, und doch, weiß ich, dass die Traurigkeit
gerne herausbrechen würde.
Mir ist kalt. Gänsehaut hebt sich über meinen tattoowierten Unterarmen ab.
Die Narben springen mich an.
Und dieses Gefühl von Heimat schickt mich wieder in die Fremde.
In meiner Tasche habe ich nichts. Nur eine angebrochene Schachtel Kippen,
ein halbleeres Feuerzeug und eine Flasche Whisky.
Nun gut, eine Pfütze Whisky - immerhin besser, als garkein Whisky.
Der Park ist nicht mehr weit von hier. Ich höre das Entenschnattern lauter werden.
Und irgendwie ist es, als würde mich in diesem Moment hier draußen alles überrennen.
Meine Gefühle. Die Umgebung. Die Menschen. Vergangenes. Gegenwärtiges.
Und doch, dreht sich im meinem Kopf bloß der Stillstand unerbittlich im Kreis.
Immer links herum. Wie ein Kreisel. Weiter und immer weiter.
Ich biege in die kleine Gasse, unweit vom Bahnhof. Verlangsame meine Schritte.
Lehne mich an die eisige Backsteinwand. Die Haare hängen mir ins Gesicht
und die Kälte hat meine blassen Gesichtszüge rot schraffiert.
Drehe den Deckel der Flasche auf. Ein winziger Anflug von Wärme steigt auf.
Geht durch jedes Kompartiment meines Körpers. Scheint sogar für den Augenblick mein Herz
erwärmen zu können. Die Gedanken drehen durch. Ziehen ihre Kreise. Immer enger werdend.
Ich kämpfe gegen die Tränen und den Kloß in meinem Hals an. Würde am liebsten schreien.
So laut, ich nur kann. Aber ich entschließe mich zu schweigen.
Stecke mir eine Kippe an und schließe beim Inhalieren des ersten Zuges die Augen.
Habe die Welt für einen unbedeutenden und doch mehr als bedeutsamen Sekundenbruchteil
hinter mir gelassen. Schwarze Vögel überqueeren den grauen Horizont. Tragen sternengold
im Schnabel. In den kahlen Bäumen hat sich Raureif verfangen und glänzt wunderschön
im Vollmondlicht.
Ich trete aus der Gasse hervor. Mein Messer in der Hand. Eine vorrübergehende Frau schreit.
Weiß der Geier warum. Ich setze mich in den Schnee auf dem Gehweg, den die Räumfahrzeuge dorthin
verfrachtet haben. Es ist kalt. Aber was solls? Wenigstens, kann ich dies noch empfinden.
Ich schließe meine Augen. Führe die Klinge behutsam an meinen Unterarm heran.
Mich durchströmt etwas. Keine Ahnung, was es sein mag. Jedenfalls weichen diese niederschmetternden
Gedanken der Nutzlosigkeit für einige Atemzüge lang.
Blut schlängelt sich über meinen bunten, vernarbten Unterarm. Bis in den Schnee.
Und irgendwie könnte dieser Abend kaum besser zu Ende gehen.
Ich tippe eine letzte SMS auf meinem Handy. Zumindest für heute Nacht. Vielleicht auch für immer.
Wer weiß. "Gott" wird mir nicht gnädig gestimmt sein. So vieles habe ich in diesem 20-jährigen Leben
schon vergeigt. Koks, Heroin und ein paar Joints sind auf meinem Sündenkonto.
Tja, und ich habe mehr als eine Hand voll geliebter Menschen auf dem Gewissen.
Diese Last ist gänzlich unerträglich.
Wer weiß, ob du meine SMS lesen wirst. Ob ich dann schlafe. Weiter durch die Stadt irre und die Menschen
beim Weihnachtseinkauf beobachte. Mich nach (m)einer Familie sehne. Ob ich wieder besoffen durch die Feiertage torkeln werde um mich am Silvesterabend wieder total abzuschießen und nichts mehr mitzubekommen.
Aber weißt du, was mir am liebsten wäre? Dass du bei mir wärst...

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Kommentare zu diesem Text

DerAutor (42)
(22.12.10)
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 ZornDerFinsternis meinte dazu am 22.12.10:
Woooow... das ist 'ne echt coole Sache, dein Kommi .___. Bin ich ganz übergelatschert oO und verwirrt :/
Tausend Dank, Großer :) -knuddel-
Ich drück dich gaaaanz lieb und denk' an dich -Herzchen-
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