Zacharias Bretzelburgs wundersame Antenne

Text zum Thema Weihnachten

von  Lala

XI.

Wieder waren ein paar Wochen, Monate vergangen und die Weihnachtszeit hatte wieder angefangen. Bald würde Zacharias seine Kekse backen und Natascha? Würde Sie wenigstens vorbeikommen? Zacharias saß alleine in der Kantine der Schwarzen Bäckerei, die auch schon bessere Jahre erlebt hatte, und rührte gedankenverloren in einer aufgewärmten Tütensuppe. Pepe hatte gekündigt und wo er abgeblieben war, wusste er nicht. Trotz des bösen Endes, Pepe war sein Freund gewesen. „Merkt man auch erst, wenn man alleine in der Kantine isst“ dachte Zach.

Aber nicht nur seine Welt, trotz des tollen Fernsehers, die gesamte Welt selbst, schien aus den Fugen geraten zu sein. Wie nicht anders zu erwarten, gingen die Settop Boxen weg, wie warme Semmeln und wie nicht anders zu erwarten, waren die Menschen begeistert. Die Erkenntnis, dass man nicht alleine im weiten Universum sei, begeisterte alle. Spontane Feiern wurden abgehalten, Verbrüderungen auf offener Straße passierten, kurzum: eine gute Zeit. Als Bretzelburg auf seinen Fernseher wartete, feierten alle anderen. Es war eine Stimmung, als seien die Menschen Schiffbrüchige, die auf einer kleinen Insel im riesigen Pazifik gestrandet waren und trotz widrigster Bedingungen jahrelang ausgehalten und nun am Horizont endlich das rettende Schiff in Form eines fünf Sterne Super-Luxusliners mit allem Komfort entdeckt hätten. Selbst die Kirchenleute und alle Gläubigen freuten sich und auf die paar Ungereimtheiten kam es im ersten Augenblick keinem mehr an. Was die Menschen sahen, gefiel ihnen. Es war ein Versprechen. Es schien, dass im Zentrum der Milchstraße die größte und beste Party des Universums stattfand, die coolste Musik gespielt wurde, die hippesten Typen feierten und jeden Moment das Taxi vor der Tür steht, das einen dort hinbringt. Aber es kam kein Taxi. Der Luxusliner drehte nicht bei und die Schiffbrüchigen konnten nichts zusammenbauen, um schnell genug oder überhaupt dort hinzukommen. Sie mussten sogar erkennen, dass sie noch nicht mal verstanden, warum sie das Schiff sehen konnten. Allerdings, so hatte es in dem offiziellen Anschreiben an Zacharias gestanden, hätte seine SuperSkyChannel Karte keinen Einfluss auf den Empfang. Dies nur für den Fall, wenn er Patentansprüche anmelden sollte. Die Boxen, die sie verkauften, funktionierten ohne seine Karte ja auch.

So dauerte es nicht lange, bis die Stimmung umschlug. Die auf cool getrimmten Samstagsabend Astrophysiker wurden angepöbelt, weil sie nur das erklären konnten, was eh schon alle selbst sahen. Die Wissenschaftler sollten endlich ein Gerät entwickeln, welches dahin fliegen kann, oder eines mit dem man Kontakt aufnehmen könne. Irgendwas halt, was einen von der Insel wegbringt. Gerade für die Reichen, die Künstler, die Außergewöhnlichen war es besonders schrecklich. Musiker hörten Bach und hatten das Gefühl sie lauschten „Alle meine Entchen“, Lyrikern erschien Ihr Gesang wie Gekrächze und Malern ihre Bilder wie Strichmännchenzeichnungen. Die extravaganten Superreichen auf den Superpartys hatten das Gefühl sie liefen rum wie Penner und würden Plastikautos fahren und Digitaluhren aus den Siebzigern tragen. Kurzum: Das Gefühl der Lächerlichkeit griff um sich. Man fühlte sich als sei man in der Provinz verloren und würde bis in aller Ewigkeit am Türsteher in der Milchstraße nicht vorbeikommen. Ein Anthropologe schrieb schließlich: „Sehen wir es endlich ein: Wir sind zu doof, zu hässlich und zu weit weg. Wer von uns würde denn ernsthaft seinen unrasierten, stinkenden und vollkommen stumpfsinnigen Vetter zum Ball einladen?“

Die Folgen der Erkenntnis waren unschön. Die Umsätze brachen ein und die Lust zu forschen, zu entwickeln oder zu entdecken ließ rapide nach. Die Leute reagierten aggressiver als früher aufeinander. Ethik, Moral und andere Werte, die das Ausharren auf der Insel ermöglicht hatten, bröckelten fröhlich vor sich hin. Das ging auch an Zacharias nicht spurlos vorbei. Gerüchte, dass die Firma Schwarz bankrott gehe, griffen um sich, und alleine nachts, selbst durch eine so verschlafene Stadt wie Ulm, zu spazieren, war keine gute Idee. Davon abgesehen, dass Bretzelburg so etwas sowieso nicht machte. Aber Zacharias machte sich erstmals Sorgen um seine Zukunft. Die leere Kantine, in der er Tütensuppe aß, kam ihm wie ein böses Omen vor. Leere, davor hatte er sein Lebtag Angst gehabt.

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Kommentare zu diesem Text

Lila_Regenflieg (56)
(01.08.11)
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 Lala meinte dazu am 05.08.11:
Das freut mich. Ich bin auch ein Fan des Bretzelburgers :)

PS: Dank Deines Komms las ich es noch mal und muss sagen: da sind noch böse Schnitzer drin - also sowas, was selbst mir auffällt . Aber der Zacharias hat es eigentlich verdient, dass ich ihm seine Geschichte so gut schreibe wie er backt. Hoffe, dass ich bald Zeit dafür finde.
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