Offenbarung stiller Nächte

Gedicht zum Thema Zukunft

von  Georg Maria Wilke

Nachthohle Zukunft,
ein Ort für rauchgeschwärztes Bild,
aus tiefen Schloten zieht
mein Wiegenlied,
ein traubensüßer Widerhall,
der tropfend einen Fels
aus Eitelkeit mir schuf.
Längst ist der Opfertod
am Stein der Treue schon gestorben,
es wartet Seraphim
mit leerer Hand
vor ausgehöhlter Nacht
und nur der Flügelschlag
verrät die Ankunft alter Helden,
die das bleiche Buch vergaß.
So türme du, mein Babylon,
das Chaos meiner Sprachen
und schreibe Linien mir
in dieses alte Buch,
suche Wege aus dem Gewirr
und löse diese Gitterstäbe
in die ich eingepfercht,
als fürchte ich das Leben,
lösch´ getrost das fahle Licht,
das mir nicht leuchten kann.
So fange ich noch einmal an,
den Weg mir auszusuchen:
am verlorenen Anfang,
das Ende zu widerrufen -
bevor das Alter mich mit lauten Klagen
in eine andre Zukunft führt.

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Kommentare zu diesem Text


 FRP (13.02.12)
Viele von uns kennen sie, diese Nachtflüsterungen, oder
Nachtgebete. Sehr schöne Metaphern, eine gewählte,
bildreiche Sprache, die teilweise an die Tradition einer
vergangenen Zeit angelehnt ist; inhaltlich berührend,
aufrührend.

So türme du, mein Babylon,
das Chaos meiner Sprachen

well done!
KoKa (44)
(13.02.12)
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 Ginkgoblatt meinte dazu am 13.02.12:
Absolut perfekt!

 Songline (13.02.12)
Wow.
Sorry, ich kommentiere sonst nicht mit einem Wort, aber die Bilder, die dieser Text malt, sind so gut, dass mit "wow" alles gesagt ist.
Liebe Grüße
Song
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