Üben

Kurzprosa zum Thema Augenblick

von  mondenkind

Einfach hinausgehen und Atem fassen, hinausgehen und einen tiefen Zug Herbstluft atmen, den Duft von nassen Kastanienblättern, von den feinen Härchen der Walnussschalen, die zertreten im Rinnstein liegen, und auf dem schmalen Wiesenstreifen vorm Haus, atmen und dabei die Augen schließen, bemerken, wie leicht es heute fällt, wie der Wind die Luft in meine Nase drängt und in den leicht geöffneten Mund, bemerken, dass es diesmal kein hektisches Brustheben und -senken ist, als wäre mein Zimmer oben im vierten Stock ein tiefer See und dieser Ort hier, die ersten Stufen vor der Haustür, ein verzweifeltes Auftauchen, das mich vor dem Ertrinken bewahrt, vor dem Sinken in einem Strudel, einem Sog aus Bett, Zigaretten und dem schweigenden Telefon, dem ich mich so schwer zu entziehen verstand, meinem Sirenensang, der mich in die Tiefe zieht, und so ists ein bißchen wie schwimmen lernen, einfach hinauszugehen und Atem zu fassen, als wäre ich ein ungelenker Schwan.

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Kommentare zu diesem Text


 Songline (10.07.12)
Dieser Atemzug voller Gedanken gefällt mir sehr.
Liebe Grüße
Song

 mondenkind meinte dazu am 11.07.12:
das freut mich! danke. :)
wonderland (67)
(10.07.12)
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 mondenkind antwortete darauf am 11.07.12:
manchmal sich überhaupt millimeterweit zu bewegen.... yah.
danke dir!

 poena (11.07.12)
das schwere und das leichte des textes, die not und die erlösung sind gleichermaßen spürbar. ein bedeutender moment in worte und bilder gefasst. gefällt mir sehr. lg, s

 mondenkind schrieb daraufhin am 11.07.12:
das trifft es gut! vielen dank, s. :)
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