Oh wir verletzte kleinen Kinder, wieso können wir denn nicht erwachsen sein?

Text zum Thema Wut

von  Seelensprache

Es ist Sommer und ich summe ein Weihnachtslied "Morgen Kinder wird‘s was geben. Morgen werden wir uns freu‘n. Welch ein Jubel, welch ein Segen wird in unser‘m Hause sein." Ich höre einen Schlüssel im Schloss sich drehen. Klack, klack, klack, klack, klack. Es ist nun alles lachen stumm. Schnelle Schritte stoßen Hektik in den Raum. Ich sitze gespannt wie an Drahtseilen aufgezurrt. Habe die Mundwinkel am Boden festgezogen. Lieber nicht fröhlich sein, nicht jetzt. Mein Herz schlägt bis an den Hals. Meine Stimme wird weich und flattrig.
Wütende Stimmbänder brüllen Wahllosigkeiten in den Raum. Müll vergessen, Blumen nicht gegossen, Licht angelassen - das Leben bietet ein buntes Karussel an Möglichkeiten um stundenlang und beständig, tagein, tagaus an der Decke den Mörtel abzutreten. Ich denke: "Verantworte mich nicht". Ich bin ohne Schuld. Ich kann sie denken sehen, noch bevor sie das Zimmer betritt. Ich kann sie wüten sehen - diese Gedanken - und am Ende bleist du Wüterich. Da schlägt es große Wellen, dieses Treibgut eines herumgeschuppsten Lebens. Wuchtige Falten stoßen sich durch die Tür und bleiben kurz vor meinen stehen. Ich blicke auf. Ich blicke in diese stummen Zeugen eines Archivs ausgesetzer Hilflosigkeiten. Ich habe Angst. Ich bete: "Ich bin klein, mein Herz mach rein, soll niemand drin wohnen als Jesus allein". Ich werde Kind und vor mir steht Papi, der böse ist. Ich fühle mich schuldig. Ich bin schuld, ich bin schuld, ich bin schuld.
Und dann werde ich wütend oder resigniere, dann wird ihre Wut zu meiner und ihre Schreie zu meinen und ich denke an Michelangelos "Die Erschaffung Adams" und wir Schreien einander entgegen, als ob wir nicht auch einfach reden könnten. Dann gibt man sich die Türklinke in die Brust oder ins Herz oder ins Gesicht. Bedürfnisse verkümmern hinter verschlossenen Türen. Wir reden nicht miteinander, nein, nein, weil der da ist voll blöd. Oh wir verletzte kleinen Kinder, wieso können wir denn nicht erwachsen sein?

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Kommentare zu diesem Text

Schurkenherz (33)
(09.08.12)
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