Ich glaube an den Heiligen Geist

Text zum Thema Glaube

von  Rudolf

Im Glaubensbekenntnis ist die zehnte bis fünfzehnte Zeile so überflüssig wie der Werbemüll im Briefkasten. Erst steigt Jesus zu den Toten hinab, dann fährt er in den Himmel auf, um schließlich als Richter zurückzukehren. Das stört, ist lästig und bringt für den Glauben rein gar nichts – wie der Werbemüll, der versteckt zwischen regulärer Post ins Haus kommt. Die Empfängerin öffnet den Brief des unbekannten Absenders, überfliegt ihn und stellt fest, dass sie nichts als Altpapier in den Händen hält. Schade um die Energie, die zur Herstellung und Verbreitung aufgewendet wurde. Unnütz, manchmal gar gefährlich, kriminell. Müll eben und oft genug Sondermüll. Und genau so etwas finden wir im Gepäck des Glaubensbekenntnisses.

Mit der sechzehnten Zeile wird eine Wendung eingeläutet. Sie bringt den Heiligen Geist. Neben Gott und Jesus wird eine weitere Säule des christlichen Glaubens gesetzt. Christen leben im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. So werden sie getauft, verheiratet und begraben.

Da ich auf Rebellion eingestellt bin, bekenne ich erneut: Nein, ich glaube nicht an den Heiligen Geist. Ich glaube an Gott. Woran soll ich denn noch alles glauben? Dreifaltigkeit?! Das Christentum gehört radikal entrümpelt. Was ist falsch daran, dass Gott jenseits aller Vernunft ist, dass ein Wanderprediger einen Hype um seinen Gott, den Gott Abrahams, auslöste, sodass auch ich 2.000 Jahre später und 3.100 km entfernt davon erfahre. Das reicht doch, oder? Ich brauche keinen heiligen Geist, der Erlöser in Bäuchen von Jungfrauen empfängt, keine Wunder, jüngstes Gericht, Auferstehung von Toten.

Nachdem die Rebellion in mir abklingt, springt mir erneut das „Ich“ ins Auge, das mich schon am Anfang des Glaubensbekenntnisses fasziniert hat. Nach den Zeilen über Gott und Jesus bin ich wieder bei mir angekommen. Woher weiß ich eigentlich, was ich glaube und was nicht? Welche Instanz in mir macht mich so sicher, dass meine Entscheidungen richtig sind. In mir wirkt dieselbe religiöse Ergriffenheit, die schon Petrus, Thomas und Paulus erfasste. Ich will dieser Ergriffenheit einen Namen geben. Sie soll Heiliger Geist heißen. Heiliger Geist als etwas, das über die zeitliche und räumliche Distanz zu mir vordrang. Heiliger Geist als Wort, dafür, dass ich mich heil fühle, wenn er in mir ist. Grelles wir gemildert, Dunkles wird freundlich erhellt, Schmerz lässt nach, Freude wird vollkommen. Heiliger Geist, der mal stärker mal schwächer mein Handeln leitet und der wirklich heilt – mich und andere. Es ist dieser Geist, der immer aufs Neue das Gleichgewicht in mir herstellt. Gleichgewicht zwischen Vergangenem und Zukünftigen, zwischen Wollen und Können, zwischen Zwang und Freiheit.

So ist der Heilige Geist nur ein anderes Wort für Gottes Geist. Gottesfürchtig will ich wieder an das Gebot erinnern: „Du sollst Dir kein Bildnis machen.“ Allein, hier ist der Punkt erreicht, an dem ich mich frage, wie weit dieses Gebot geht. In dem Augenblick, als ich von Gott erfuhr, muss mir jemand klar gemacht haben, was er meinte, mit Worten, die ich verstand, in dem Augenblick verletzte dieser jemand das Gebot und gleichzeitig sprang Gottes Geist zu mir über. Glauben basiert nicht auf logischen Regeln.

An den Heiligen Geist, der Jungfrauen schwängert, glaube ich nicht, und an den in mir drin muss ich nicht glauben, der ist da. Er ist Realität. Er macht gerade, dass ich diesen Text schreibe.

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Kommentare zu diesem Text

Jack (33)
(30.09.12)
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Mühle (63)
(30.09.12)
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 Rudolf meinte dazu am 01.10.12:
:-)

 Mondgold (30.09.12)
Gut, dass du deine erkenntnis, bzw bekenntnis (am schluss deines textes) nicht neurologisch nachweisen musst, denn dann käme wohl auch nix anderes heraus, als die nachweisliche geburt eines gedankens, in deinem fall einer, der dich dies hier schreiben lässt, dessen vater sich trotz alledem bezweifeln ließe (-;
(vater bezieht sich auf das sprichwort siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Wunsch)
LG M*

 Rudolf antwortete darauf am 01.10.12:
Danke, habe den Kommentar nun ein paarmal gelesen, es ist wie im Karussel - Schwindel erregend ... LG Rudolf

 Mondgold schrieb daraufhin am 02.10.12:
schön, dass du dir die mühe gemacht hast (:
irgendwie muss ich jetzt über den kommentar (ich hätte ihn mir wohl lieber sparen sollen) und deine antwort schmunzeln;
denn bezieht man den titel und die tatsache, dass schwindel eine orientierungsstörung "im raum" ist, mit ein, dann bekommt das ganze eine unfreiwillige komik. vll hat auch noch das "l", das du am ende des schwindels (karussell
verloren hast, eine bedeutung - wer weiß?! (-;
LG M*

 Dieter Wal (31.01.24, 12:49)
Dann bist Du insbesonders für die  Johannische Kirche denkbar ungeeignet. :) 


„Ich glaube an Gott den Vater,
ich glaube an Gott den Sohn,
ich glaube an Gott den Heiligen Geist
und an Gottes Offenbarungen durch Moses, Jesus Christus und Joseph Weißenberg.“
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