Ripley Reloaded oder der Diamant in der Kloschüssel - Threadcollage

Experimenteller Text zum Thema Lesben

von  toltec-head

Evolver 29/06/2012 13:58 

Toltec, Dein Text liest sich für mich so:

Ich kataklyste euch meine postmoderne Intelligenz
in die müden Hirne.
Ich denke also bin ich.
F***, ich wollte dichten,
aber alles ist zu verdichtet -
der Dichter also verzichtet.

Ich hoffe, du kannst mit dieser Art der Kritik etwas anfangen. 

Toltec 29/06/2012 19:20 

Hallo Evolver,

Du hast vielleicht schon einmal von einer kleinen Kammer im Gehirn gehört, die oval ist? Jedenfalls hat es damit folgende Bewandtnis:

Wie Du an anderer Stelle hier lesen kannst, behagt mir die Vorstellung, andere Leute literarisch zu ficken. Dies ist meine vampirhafte Art der Fortpflanzung. Die Idee ist, dass man mich liest und dann irgendwann, wenn man was schreibt, wie ich klingt.

Evolving, evolving? Nun, wir haben noch einen langen Weg vor uns. Aber der erste Schritt ist gemacht, das merk ich ganz deutlich. Ganz locker lassen, dann kann ich noch tiefer in Dich eindringen. Es tut bestimmt nicht weh. Oder doch nur ein bisschen. Und wenn, dann ja nur metaphorisch.

Also Du setzt Dich bequem hin, Beine hoch, und sagst einfach 100 Mal ganz entspannt "Shit, Zwiebeln und Logos/Er ist der Skatologe katholos". Bitte nicht intellektuell dabei sein. Ich merke, Du bist ein bisschen intellektuell und wirst wissen, was ein Skatologe ist oder doch so in etwa. Konzentrier Dich daher bitte auf das katholos. Das kommt zwar auch in "katholischer Kirche" vor, aber ich merke, Du kannst trotzdem nichts damit anfangen. Und das ist gut so. Wir haben es nämlich mit einem Mantra zu tun. Wie kannst Du feststellen, ob Du richtig rezitierst? Es ist ganz einfach. So nach 50 oder 60 Mal wirst Du ein Kribbeln im unteren Bereich Deiner Wirbelsäule spüren. Vielleicht wird Dir dort auch ein wenig kalt. Fahre mit dem Rezitieren fort, aber schließe jetzt auf jeden Fall die Augen. In deinem Gehirn, in einer kleinen Kammer, die oval ist, wirst Du jetzt eine blaue Blume sehen. Riech mal daran. Evolving, evolving? Schmetterling!

Moderator 29/06/2012 20:39 

Moin zusammen.

Toltec, zum wiederholten Male lese ich, dass du gerne Andere "fickst" - und
wohl auch ein bisserl gern "gefickt" wirst. Mit dem Ficken ist es ja so: die
Fickköpfe, die am meisten Fick in den eigenen Fickadern wähnen, sind meist
ganz ficklose Gesellen. Sie fickeln halt so vor sich hin, dass einem ganz
fickerifick wird. Fickerifick allerdings ist unbedingt vom ehrlichen Fick zu
trennen. Ich schlage folgende Lösung vor: Du lässt deinen Fickcount hier
löschen, benennst dich um in Tollfick und kehrst ganz und gar an-, aus- und
durchgefickt in dieses Forum zurück. Dann wärst du so eine Art Luis Ficko der
Literaturszene, könntest Ficktate mit null Fehlern bestehen, eine Mode ganz
nach dem Grundsatz "le-fick" kreieren, am Ficktualismarkt am Ende den
Fickpokal in die Höhe stemmen und vielleicht gegen Abend oder zur Nacht
deinen Ficktick zur Ruhe betten. Ich fänds ja sowas von fickial, und gesünder
als Ficksen allemal.

HG, Fnick 

Achso, was ich noch sagen wollt, ist, ich verschieb Deinen Text mal eben in den Trash. Schönen Tag noch...

Toltec 02/07/2012 10:01   

Ich armer Wicht eines Gedichts,
Weilte einst im Schatten junger Rosenblüten.
Kam ein Archont, den Garten zu hüten
Und sprach: Du Nichts!

Du nur wenig hetero-normativer Gesell!
Mach dich weg hier, aber schnell!

Du bist ein höchst unehrlicher Fick!
Rat mal, wohin ich dich also schick?

Jetzt findet man mich bei Zwiebelschalen im Müll.
Neben mir ein lauter Furz.
Schluchz!

Aber ansonsten ist´s hier wenigstens herrlich still!

ruelfig  29/06/2012 20:39 

Undichter

Manche Dinge kann ein Mann
auch, wenn er nicht reimen kann.
Pisst die Wand an, bis sie fällt,
ist in seinem Film der Held,
der, der nie verlieren kann,
denn, so denkt der schlaue Mann,
spricht wer an das Ungefähre
meiner Rede, in die Quere
fall ich dem, höchst unbequem.
Denn ich bin ein fieser Troll.
klaue, spei die Foren voll.

Keiner wird solche Stümper vermissen,
sie sollten sich ins @web verpissen.

Toltec  21.07.2012, 14:07 

Aus dem Tagebuch eines Diebs 

Springt die Libido an, klau ich auch ein Gedicht.
Bei Deinen, Ruelfig, springt nichts - fürcht Dich daher nicht!

Der_Klaus 21.07.2012, 14:07
 
Hey, Toltec, Du Arsch, Dich scheinen ja alle hier voll nett zu finden. Glückwunsch!

Toltec 21.07.2012, 15:45

Der Bücher unzähliger Lektüre
Hat mich, Klaus, zum Arsch gemacht.
Ob spät abends oder morgens in der Frühe
Immer tagt in mir des Arsches Nacht.
Oh!, dass sie mich einmal doch zu den Sternen führe.

Ein Sternenfeuer hat sie in mir schon oft entfacht.

Hardy-Kern 21/07/2012 16:08     

Hallo toltec.
Wer hat den Längsten? Natürlich die Toltek-Indianer.
Das geht schon mal überhaupt nicht, hier so einen Riemen reinzusetzen.
(500!)
Man muss sich regelrecht durchquälen. So einen abgehobenen Unsinn habe ich selten gelesen. Da werden Amis mit Griechen und Schwule und Lesben, dumme Weiber mit Grundschulschülern, Professoren und Schriftsteller vermischt, dass man sich am Schluss fragt: Was will mir der Herr sagen?
Französisch kommt auch noch vor. Nun, bei Schwulen und Lesben sicherlich nichts Ungewöhnliches. Ich frage mich, wer will sowas lesen?

Schreib doch mal ganz normal. Musst doch deiner Intelligenz hier nicht prahlerisch Nachdruck verleihen. Wozu benötigst du einen Professor, eine Bärbel und dich selbst. Hier ein Zitat von dir:

"Das wächst sich bei Dir ja langsam zu einer sexuellen Profilneurose aus. Respekt!"

Dominik Klama 21/07/2012 17:26   

Zu Hardy-Kern:
So, so... Die Nicht-Lesbischen und Nicht-Schwulen, also sozusagen die Normalen und Heterosexuellen unter uns, die sind also eher unbekannt und unvertraut mit dem Französischen? Und das soll irgendwo irgendwie gerade ein Vorteil oder Vorzug sein? Während ich, in dem Falle, dass das überhaupt nur ahnungsansatzweise stimmt, sagen täte: Die Armen!

Aber, Hardy-Kern, warum machen die das denn hier immer, dass sie einen drauf glauben hinweisen zu müssen, dass man höchstens 500 oder, wie es irgendwo in der Handreichung für Neubeginner heißt, auch mal 1000 oder selbst sogar 1500 Wörter threaden darf, dann aber es für völlig normal und sogar üblich und sogar vorgeschrieben halten, dass man unter diese 500 Wörter mit der Zeit sogar 50000 oder mehr drunter tippt und die dann natürlich von jedem gelesen werden müssen, der überhaupt eine Meinung zu den besagten ersten 500 haben darf?

Und, allweil, Genossen, es ist ja mittlerweile raus, dass der toltekische Steinkopf mit Guttenberg'schem Copy&Paste gearbeitet hat. "Ich hab den ganzen Schwachsinn, der da steht, wirklich alles selber ganz allein geschrieben, ehrlich wahr, weiß gar nicht mehr, wie mir das unterlaufen konnte." (Ha Ha Ha.)  Okay, es ist also raus, dass er sein literarisches Alter-Ego, der blickvermeidende toll-tech-Supermarkeinkäufer ist, dann muss man ihm doch auch zugestehen, dass die anderen Figuren, diese Schibboleths und Professors sich (und nicht er sie) erfunden haben. Dann ist es nicht statthaft, dass man ihm vorwirft, er erfinde so Professoren nur, um sich mit universitären Weihen zu begrenzen, bekränzen.

Hardy-Kern 21/07/2012 21:41   

Schön, mal wieder ein kleiner Witzbold hier. Mir ist doch Wurscht wieviele Wörter du hier reinschreibst. Sollte nur ein Tipp sein, dass es dir nicht, wie mit deiner Geschichte: 'Abenteuer im Zug' ergeht. (6 Antworten und die waren nicht gerade nett.)

Und, mit Genossen, musst du hier niemanden anreden. Kein Wunder, wenn die Linken untergehen mit solchen langweiligen Geschichten. 

Dominik Klama 27/07/2012 22:44       

Boah, die Linken übrigens, wie sie mal waren bei dieser einen Veranstaltung mit Uli Maurer, die ich mal besuchte: Was für ein wehleidiger Haufen von begossenen Pudeln! Aber das ist wieder ne andere Geschichte. Schreib ich vielleicht mal.

Zurück also zu Patricia Highsmith und dem Supermarkt, wo sie mal mit Sonnenbrille und Kopftuch auf reinging, um Milch für ihre Katzen zu kaufen.

Und langweilige Geschichte: Das ist ja erst der Anfang. Von jetzt an wird jede besser als die vorhergegangene. Das werden noch soooo die tophinreißenden Storys, mit 666 Antwortpostings drunter. 

toltec-head 28/07/2012 00:45 

Auf einem Parteitag "Der Linken" irgendwo im Oberfränkischen.

In einem abgelegenen Teil der Mehrzweckhalle, im Untergeschoss, auf einer Toilette, am Pissoir Tom Ripley, kleines Kärtchen als Presseausweis um den Hals, lustvoll in sein Pinkeln vertieft.

Es durchzittert ihn als auf einmal die Tür aufgeht.

Um keinesfalls zerstreuen zu lassen, was das Yoga-Sutra Ekagrata nennt, konzentriert er sich ganz fest auf die oberste Spitze seines Penis mit dem Loch darin. Als er merkt wie der alte Sack neben ihm nicht Pissen kann und dabei auch noch heimlich zu ihm herüberschaut, reißt ihm der Geduldsfaden. Er zerrt diesen mit einem Mal in eine der gegenüberliegenden Toilettenkabinen und tunkt seinen Kopf so lange in die Kloschüssel bis das Zucken aufhört. Sodann beendet er sein Geschäft, indem er wieder lustvoll auf die reglose Glatze zu seinen Füßen zu Ende pinkelt.

Er verlässt die Toilette, nicht ohne sich vorher gründlich die Hände zu waschen.

Zurück im Saal spricht gerade Sarah Wagenknecht.

Er hört sich das kurz an und geht dann doch lieber erst mal eine rauchen. Werden sich schon Textbausteine finden..., denkt er. 
 
Dominik Klama 28/07/2012 01:43     

Das ist jetzt aber ja Katja Kipping, die da spricht. Mit der könnte man Tom doch was unternehmen lassen. Sie hält ihn für einen todschicken Galeristen aus London und die brausen da so durchs Ochsenfurter Gäu (Unterfranken, ich weiß) und gehen Eis essen und Jude Law tritt von hinten herzu und bläst ein Stan-Getz-Solo auf dem Saxophon und sie lachen sich zu dritt den Hals ab und sitzen dann wieder in diesem italienischen Supercabrio und es reut sie schon ein wenig, dass sie immer nur interessante Männer interessant findet und nie ostdeutsche Arbeitslose aus Sachsen-Anhalt.

Auch - hab mir tatsächlich selber schon Kloschüssel-Szenen fantasiert, die so elende Wichte demütigen und bestrafen, weiß gar nicht, wie ich auf so was kam - ist das Problem ja: Wie kriegt er das hin, dass sein Pinkelheiner sofort abstellt und nicht die edlen Schuhe und die elastische Bundfaltenhose bespritzt? Auf so etwas kann er ja gar nicht ab. Dass er nachher irgendwo mit Tropfen rumrennt, also er doch nicht, er hat Klasse!

Jetzt erkläre du mir aber mal, was Tom Ripley auf einer Parteiversammlung (von irgendwem) zu suchen hat? 

toltec-head 28/07/2012 19:54 

Am Abend schrieb Tom schnell den Artikel für den Oberfränkischen Generalanzeiger zusammen. Wieder einmal überkamen ihn Zweifel wie lange er noch mit diesem Job durchhalten würde. Überregionale Parteitage waren ja eher eines der spannenderen Themen, über die er zu schreiben hatte. Mit irgendwas musste man aber halt sein Geld verdienen. Und dies war eine einfache Arbeit, die weitgehend im Copy & Paste Verfahren zu erledigen war und keinerlei innerliches Commitment von ihm forderte. Außerdem gefiel es ihm hier in der Provinz unendlich gut. Ein kleines Haus im Grünen voller Katzen mit einem kleinen Garten. Far from the maddening Crowd. Was wollte man mehr?

Perry, sein rothaariger Lieblingskater setzte sich zu ihm auf den Schoß, und während er ihn streichelte loggte er sich unter seinem Nick THUNDERBOLT kurz noch bei Gayromeo ein, um zu schauen, was der Tag so gebracht hatte. 80 Besucher auf seinem Profil, 11 Messages. Die Primitivität seiner schwulen Mitbrüder überraschte ihn immer wieder. Pawlow´scher Reflex jemanden aufgrund von Facepic mit passenden Statusangaben gleich mit Sexanfragen zu überschütten. Clonartigkeit ihres Verhaltens. Gehirne wie infiziert von einem kleinen Invader from out of Space. Leute, die noch heute Abend ganz unbedingt sofort 200 km zurück legen wollen, um dann mit verschwitztem Arsch vor ihm zu stehen. Wenn er all die Anfragen jemals auch nur beantworten wollte, bräuchte er einen Sekretär. Oder vielleicht sollte er sich doch eine Frau anschaffen, die zu derartigen Korrespondenzen Lust hatte und nebenher auch noch seinen Haushalt erledigen konnte. Sinnlos. Es war erst drei Wochen her, dass er seiner letzten Putzfrau hatte kündigen müssen. Dieser Geruch von Frau in der Luft, wenn er Abends heim kam, war einfach nicht mehr zu ertragen gewesen. Nicht auszuschließen, dass sie sogar in seiner Abwesenheit seine Toilette benutzt hatte. Fingerspuren mit homöopathischen Dosen von Menstruationsblut auf seinen Büchern hinterlassen hatte.

Er loggte sich noch kurz bei DSFO unter seinem Nick toltec-head ein. Seit er dem Sex und dem Morden weitgehend abgeschworen hatte, stellte er dort manchmal aus purer Verzweifelung über die Langweiligkeit seiner Abende Gedichte von sich rein, um zu sehen wie die Leute reagierten. War aber meist auch nicht sehr amüsant. Ältere Herren, die sich beschwerten, dass er seine Gedichte nicht in Alexandrinern oder sechsfüßigen Jamben verfasst hatte und ihn mit Versschemata zutexteten ("Toltec, interessanter gedanklicher Ansatz. Ich denke aber dein Text ist in der Lyrikwerkstatt besser aufgehoben bis du ein passendes Metrum gefunden hast. Versuchs doch mal mit dem iambischen Trimeter: Û_U_Û/_U_Û_U_"). Er loggte sich praktisch sofort wieder aus.

Dem Sex und dem Morden hatte er abgeschworen - weitgehend, also nicht völlig. Während er früher eine Routine in solchen Dingen hatte, brach es jetzt der Freud´schen Verdrängungshypothese verflixt nahe kommend einfach manchmal vulkanartig aus ihm heraus. Wie heute Vormittag. Der arme Idiot. Warum hatte er sich aber auch in diese Toilette in dem abgelegenen Teil der Mehrzweckhalle verlaufen müssen, wo er nichts verloren hatte? Ein bischen tat es ihm schon leid. Aber solchen Leuten musste aufgezeigt werden (und sei es für ihr kommendes Leben), dass es für sie einfach nicht lohnend war, aus der für sie vorgesehenen Routine auszubrechen. Hennen sollen Eier legen und Parteitagsdickerchen sich nicht auf Toiletten rumtreiben.

Er machte Stockhausens Mantra an, öffnete das Fenster und rauchte während er den vollen Mond betrachtete eine Mentholzigarette. Witzig wie der Mond dem glatzigen Hinterkopf in der Kloschüssel ähnelte.

Er musste an Gurdjieff und dessen seltsame Theorie denken, dass Normalo-Menschen einfach Essen für den Mond sind. Absolut verrückt wie vieles bei Gurdjieff. Als wenn der Mond einen Mund und Verdauungsorgane hätte. Aber dass der Mond um zu essen einen Mund und Verdauungsorgane braucht, war wahrscheinlich nichts anderes als eine bloße Normalo-Vorstellung. Wenn er die Zigarette ausgeraucht hatte, würde er heute früh zu Bett gehen. 

Dominik Klama 29/07/2012 23:45    Titel:   

"Der Fränkische Tag" in Bamberg, eine angenehm klein und verspielt in der Hand liegende Zeitung, die "Main Post" in Würzburg und Schweinfurt, ein viel zu ordinär ausgreifendes Blatt, man kam bei der Lektüre in Flugzeugen und Fernreisezügen nicht umhin, sich bei bedeutungslosen Mitreisenden wieder und wieder entschuldigen zu müssen, weil man deren Kreise gestört hatte.

Dazwischen die arschigen Rundungen des Steigerwaldes, Kloster Ebrach, dort legte er gerne einen Zwischenstopp ein. Und es war auch nicht das Verkehrteste, an einem Sommerabend, wenn die Regenschauer die Stadt abgekühlt hatten, in dem Biergarten am Stephansberg zu sitzen und den überaus braven und treuherzigen Deutschen bei ihrem hart verdienten Feierabend zuzuschauen. Unter sich den schönen Fluss, den sie natürlich, effizient wie sie waren, längst in eine Schifffahrtsstraße verwandelt hatten, diese trauliche Mischung aus barocken Sandsteinpalais und bäuerischen Fachwerkkaten, all die Hügel, auf denen katholische Kirchen hockten, darunter der etwas protzig geratene Dom mit seinen angespitzten vier Türmen. Er schien anzudeuten, dass in diesem Landstrich der Harmlosigkeit einst tief gebildete Geister um die Erkenntnis der Unendlichkeit gerungen hatten.

Aber ohne Frage war Deutschland ein Fehler gewesen. Er würde auch gar nicht mehr lange bleiben, er hatte schon was im Auge. Als transozeanischer Ausländer konnte man es in der Ile de France oder in einem dieser nur noch von Keramikerinnen und Nackttänzern bewohnten Tessiner Täler wenigstens aushalten. Dort wurde man respektvoll ignoriert, mit der gebotenen Höflichkeit und Freundlichkeit im Bus oder an der Kasse des Coop-Marktes unaufdringlich bedient. Aber hier in Deutschland! Da trug jeder jede Sekunde eines ganz gewöhnlichen Tages seinen kleinen Teil der Last des Schöpfungsplanes auf gramgebeugten Schultern. Ging man in den Supermarkt, hielt das bei Bierflaschen meist ziemlich versteckte Haltbarkeitsdatum ans Licht, - Tom hasste es, wenn Bier nicht mehr ganz frisch war, früher hatte man das Zeug nicht einmal das ganze Jahr hindurch verkaufen dürfen wegen der Hitze und es hatte überall Eiskeller gegeben, gerade hier in Deutschland, wo sie es doch so gerne tranken -, schon seifte einen einer dieser stadtbekannten Hobbyliteraten mit feistem Grinsen ein und begann ein Gespräch über Namen von Schriftstellern oder die von Gitarrenbands. Vorgeblich sollte es dem einvernehmlichen Ausbrechen aus der Langeweile dieser überall einförmigen Kettengeschafte wie Lidl, Aldi, Rewe, Edeka, Norma, Penny, Kaufland dienen, in Wahrheit aber diente es dem ewigen Ausfechten eines manischen Streites: "Wer von uns weiß mehr und hat mehr Recht?" Die Deutschen mussten immer im Recht sein. Es gab hier niemals Ruhe, bevor nicht geklärt war: was Recht sei und wer es hätte.

Nun gut, die Tessiner, von denen es zum Glück aber eigentlich keine mehr gab, und die Nordfranzosen waren genauso. Aber sie ließen einen in Ruhe, als Ausländer, der Geld hatte, von dem man nicht wusste, wo es herkam, schien man dort in den Genuss einer Regel zu kommen, die lautete: "Kümmer dich nicht!" Die Deutschen waren ein Volk, das sich ständig kümmerte, um alles. Hier konnte man nichts "so lassen", man musste ewig "etwas daraus machen". Für die Eigenheimbesitzer gab es diese praktischen obi-Märkte, wo sie sich ihre Blumenrabattenregale oder Zierpergolagitter holten. "Auspacken - Aufbauen - Austicken." So hübsch, sicher und sauber diese niedlichen Kulissenstädtchen wie Rothenburg, Coburg, Gößweinstein auch waren, man konnte sich nicht eben in den Wagen setzen und einige Stunden durch Mailand oder Paris flanieren, etwas einkaufen, einen Café oder Kir trinken. Hier erreichte man Metropolen wie Frankfurt, Nürnberg, Erfurt, die einem mitteilten, man hätte auch daheim bleiben können.

Ihn störte es nicht, dass man die lokale Politkamarilla ins seriöseste Licht zu setzen hatte, wenn sie ihre Erschließungspläne für neue Mischgewerbegebiete erließen und den zu gewärtigenden Segen an Arbeitsplätzen und Kaufkraft für die Region verkündeten, wenn sie alten Muttchen in den Seniorenresidenzen ein Stück Torte kredenzten oder den Gewerkschaftern von Burgkunstadt gelobten, sie würden nicht mehr locker lassen, bis eine Aktienverkaufssteuer durchgedrückt sei. Er wusste mittlerweile, dass in jedem Artikel über die Grünen vorzukommen hatte, sie seien konstruktiv-diskutierend und basisnah, in jedem über die Linken, sie seien marxismusnostalgisch, und in jedem über die Piraten, sie seien planlos, aber immerhin für jeden neuen Vorschlag offen. Diese Texte haute er locker weg, das sabberte sich wie von selbst. Er war ja kein Deutscher, er wollte nicht Spaß haben bei der Arbeit und Sinn stiften. Er wusste, dass er das Spiel anderer Leute spielte. Wie andere Leute sein Spiel spielten. Und er würde schon sehr bald ein ganz anderes spielen als das hier.

toltec-head 30/07/2012 20:27 

Man kann nicht sagen, dass die Toiletten im Obi in Wunsiedel besonders gut ausgeschildert seien. Dementprechend selten verliert sich auch dort jemand hin. Dabei sitzt den ganzen Tag vor den Toiletten ein nettes altes Mütterchen, das sogar deutsch wenn auch nur russlanddeutsch ist. Jedenfalls sah sie mit ihrem Kopftuch und den verhärmten Gesichtszügen so aus. An diesem Tag hatte sie 12 Stunden dort gesessen, ohne auch nur ein einziges Mal aufzustehen. Warum auch, wenn kaum jemand kommt und wenn, dann nur ein Oberbayer oder eine Oberbayerin, die selbst Toiletten, nein, also die schon mal gar nicht, in keinster Weise dreckig machen.

Was seltsam war, dass die Alte die ganze Zeit über irgendetwas in ein kleines Notzibuch krakelte. Und wenn man genau hinschaute, waren ihre Gesichtszüge zwar pferdekopfartig aber gar nicht verhärmt, sondern taten bisweilen wohl nur so. Sie hatte tiefliegende, unendliche traurig dunkle Augen, die die Last nicht nur von ganz Oberbayern sondern von diesem Mega-Oberbayern zu spiegeln schienen, das die Menschen Welt nennen. Trotzdem meinte man zuweilen so etwas wie ein Lächeln um ihre Lippen spielen zu sehen. Tout comprendre, c´est tout pardonner. N´est-ce pas?

Seltsam war auch, dass sie in regelmäßigen Abständen ein Swarowski-Etui zückte, eine Menthol-Zigarette entnahm und diese sodann genüsslich, dabei mit den Krakeleien in ihrem Notizbuch (Swarowksi?) fortfahrend, rauchte. Und das obwohl ihrem Stuhl genau gegenüber ein großes Rauchverbotsschild angebracht war. Aber kein Oberbayer oder Oberbayerin störte sich hieran. Denn kein Oberbayer oder Oberbayerin sah es.

Pünktlich um 20 Uhr schlug die Babuschka ihr Notizbuch zu, steckte ihren Goldfederfüllhalter in die Brusttasche ihres geblümten Toilettenkleids und ging, ohne ihre Toiletten auch nur eines Blickes zu würdigen, friedlich Nachhause. Wahrscheinlich tat sie das immer so. An diesem Tag war es jedoch ihr besonderes Glück gewesen, denn als der Nachtwächter, ein oberbayerischer Buar, ein paar Stunden später vorbeischaute, bot sich ihm auf der Herrentoilette in einer der Kabinen ein Bild des Schreckens:

Tom Ripley alias THUNDERBOLT alias toltec-head splitternackt und blutüberströmt auf dem Boden liegend, das Gesicht total entstellt. Über der Leiche und drumherum ganz viele Fußballbildchen zerstreut. Jemand, der so etwas wie ein Liebhaber der Werke des Bildhauers Günther Uecker sein musste, hatte in Toms Gesicht mehrere Packungen Nägel eingeschlagen, kreisrund und mit verschiedenen Driften, so dass sich vor den Resten des blutüberströmten Gesichts eine Art Vexierbild bot, das unseren oberbayerischen Buar für einen kurzen Moment doch tatsächlich in Trance versetzte, aus der er sich aber alsald wieder lösen konnte, um wimmernd draußen die Polizei zu rufen. Erst diese stellte fest und vermerkte in ihrem Bericht an die Staatsanwaltschaft, dass Tom vorne, hinten und um die Taille mit blutigen Schriftzügen überzogen war. Auf seinem Oberkörper standen vertikal die Worte "FOOD FOR THE MOON" und auf seinem Rücken vertikal "ICH ABER BIN EIN MAYA-SCHREIBER", weshalb dieser Mord in die Kriminalgeschichte auch unter dem Namen der Maya-Mörder eingehen sollte. Das Entziffern der Worte um die Taille bereitete dem Kreiskomissaroberinspektor einige Mühe, weshalb er zunächst nur die Buchstaben aufschrieb:
"SKATOLOGEKATHOLOSSHITZWIEBELNUNDLOGOS"
Später sollte man einen Germanisten der Universität Bayreuth beiziehen, der hierzu aber auch nur wenig erhellendes zu sagen hatte.
Einige Tage darauf erschien im Generalanzeiger für Oberbayern eine belanglose Todesanzeige, gez. Die Redaktion.
Kein Geistlicher oder Forenmoderator hat ihn begleitet.
Ein roter Kater trauert immer noch um ihn. 

Dominik Klama 31/07/2012 18:41       

Zitat:
Maya-Mörder / Nagelkünstler Uecker: "Ich war's nicht" / Der verrückte Avantgarde-Künstler Günther Uecker (82) zum Klokabinen-Blutbad von Wunsiedel: "Was ich ausdrücke, kann man nur mit meinem Medium sagen: mit Nägeln! Ich texte nicht. Wer Worte braucht, soll sich BILD holen oder die Sachen von meiner Kollegin Barbara Kruger (67) anschauen." / Der Tote aus dem obi von Wunsiedel im Sechsämterland ("Sechsämtertropfen") ist jetzt als Tom Ripley (24), amerikanischer Society-Beau und Galerist mit Wohnsitz im Steuerparadies Cayman Islands identifiziert. Das BILD-Foto zeigt den Frauenverwöhner zusammen mit Heidi Klum (39). Da war ihm sein spitzbübisches Lachen noch nicht vergangen. / Chefinspektor Stefan Klein (36, verheiratet, drei Kinder, darunter ein behindertes Dhafur-Mädchen (9), adoptiert): "Es war wie bei einem Ritualmord. Der Täter hat das Gesicht komplett ausgelöscht, überall am Körper mysteriöse Zitate wie ICH BIN DER MAYA-SCHREIBER und TOLOGEKATHOLOSS." Die Textquellen werden im Internet erforscht. BILD-Leser können mithelfen unter www.maya-morde-magi.net. / Deutschlands tollster Nagler, Happening-Künstler Uecker, kürzlich wieder im Gespräch wegen seinem BILD-Block, den es als limitierte Bronzeserie noch zu kaufen gibt, ist ein weitgereister Mann, hat vieles erlebt. Vor dem SED-Regime floh der Ost-Berliner 1953 an die Akademie von Düsseldorf. "Da steckt ein Mantra (buddhistisch: "heiliger Spruch") drin. In Aktionsmalerei übersetzt! Also ein Mandala. Der Mörder wollte die Seele seines Opfers vom Fleisch lösen und auf die astronomische Reise schicken." / Wir sprachen mit Oberfrankens bekanntestetem Politiker, Freiherr Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU, 41) über die grauenhafte Tat, die ganz Nordbayern um den Schlaf brachte. "Als ehemaliger Bundesverteidigungsminister weiß ich, wie kostbar Menschenleben sind. Und unersetzlich. Tom Ripley war eine geheimnisumwitterte Gestalt aus der globalen Jetsetter-Szene. Meine Frau und ich mussten ihn aus Schloss Guttenberg weisen, weil er unseren höchsten moralischen Ansprüchen nicht genügte. Dennoch: Er war ein Mensch, viele haben ihn gern gehabt mit seiner frischen Art. Er hat das nicht verdient. Ich wünschte, ich persönlich könnte gehen und ihn zurückholen." Der Baron will jetzt bei CSU-Seehofer (63) durchdrücken, dass die Polizeistellen von Wunsiedel, Selb und Marktredwitz doppelte Mannstärke bekommen. "Diese Idee von mir ist nicht neu." / Der russlanddeutschen Klofrau Maria M. (63) geht es schon wieder besser. Sie konnte nach ihrem Schwächeanfall (BILD berichtete) aus dem Krankenhaus zur Tochter (44) zurück.

toltec-head 01/08/2012 20:42   

LETZTES KAPITEL


Die Alte von der Toilette ging schnellen Schritts zum Hinterausgang. Sie hängte ihren geblümten Kittel dort an einem Haken auf, nahm das Kopftuch ab, schaute in einen Spiegel und sah das:

http://g-ecx.images-amazon.com/images/G/03/ciu/c9/97/3511cbc81ac90a22d17a7c.L._V200129451_SL290_.jpg

Nachdem sie ihre Haare gerichtet hatte, verließ sie den Obi und nachdem sie einige Häuserblocke gegangen war, stieg sie in einen babyblauen BMW Cabrio M6.

- Ufff!, sie ließ sich in den Sitz fallen und fuhr das Verdeck nach Hinten.

Und mit dem Aufheulen des Motors, im Moment des Losfahrens erscholl ein lautes, nicht mehr ganz menschlich klingendes Lachen.

- Ignoring people out of existence? Der arme Idiot! Only writing them out of existence works.

In den nächsten Wochen erschütterte Deutschland eine kleine Serie weiterer abscheulicher Toilettenmorde.

Auf der Uni-Toilette des germanistischen Seminars Mainz fand man einen Studenten, den jemand gezwungen hatte, die Gesamtausgaben von Grass und Walser Seite für Seite zu essen. Sein Gesicht war blau angelaufen, sein Bauch zum Zerplatzen angeschwollen. Das war Schiboleth.

Auf einer Toilette im Stadtpark von Rothenburg fand man einen Mann besten Alters mit mehreren Packungen Kondomen im Hals. Seine Todesursache war wie sich herausstellte jedoch eine ganz andere gewesen. Jemand hatte in sein Hinterteil eine Box mit Ratten geschoben, die eine kleine, von den Ratten erst noch zu findende und aufzuknabbernde Öffnung nur zu der Seite hatte, die in das Hinterteil weiter hineinführte. Der Mann war seit längerem HartzIV-Empfänger gewesen, nannte sich aber in Internetforen gern schon mal Herr_Professor.

Der schrecklichste Mord geschah aber auf einer Privattoilette in einer kleinen Stadt in der Nähe von München. Dort hatte ein offenbarer Dilletant versucht das Snuffvideo des Porno-Mörders in allen Einzelheiten nachzuspielen mit der einzigen Variante, dass sein Opfer eine Frau war. Das war Bärbel.

Nachdem sie den Katzen Futter gegeben hatte, setzte sich Patricia Highsmith in den Wohnzimmersessel, schaute aus der großen Fensterfront in ihren Garten, zog an einer Mentholzigarette und sagte:

- Alleine! Endlich wieder alleine.

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Kommentare zu diesem Text

Regentrude (53)
(10.11.12)
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Baldachin (55)
(10.11.12)
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parkfüralteprofs (57)
(10.11.12)
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 toltec-head meinte dazu am 16.11.12:
Zitat

"Lass es dir 'ne Lehre sein,
Ich mein' alles, was ich schreib.
Baby, ich bin sehr gemein
Und für dich gibt's null Verbleib."

Süßer, man spricht zwar bei Schubert von himmlischen Längen, aber Du neigst manchmal doch zu Längen anderer Art. Als guter Sadist dring ich dann gern in dich ein und schnippel ein bischen rum.

Was Professoren, Frauen und Masoschisten nicht ahnen. Man muß viel gerade "nicht sagen", damit ein Text Power bekommt.

Danke für das schöne Nietzsche Gedicht. Dafür lad ich dich mal zu einer Spritztour nach Pattaya ein.
parkfüralteprofs (57) antwortete darauf am 16.11.12:
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