Amen
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Nachwort

Text zum Thema Glaube

von  Rudolf

Das Glaubensbekenntnis beschäftigt mich, solange ich es kenne. Anfangs, vor vielen Jahren, verstand ich kaum die Worte geschweige denn den Inhalt. Unzählige Male habe ich es seitdem im Gottesdienst gesprochen. Wort für Wort, Zeile für Zeile verdaute ich und gab ihnen meinen Sinn. Bei manchen Aussagen muss erkennen, dass ich mit ihnen rein gar nichts anfangen kann – obschon ich mich Christ nenne. Vor einem Jahr fasste ich den Entschluss, „mein Glaubensbekenntnis“ herauszufiltern und aufzuschreiben. Seitdem versuche ich, mir darüber klar zu werden, welchen Teil vom Glaubensbekenntnis ich glaube.

Es will kein Ende nehmen, immer neue Fragen entstehen, wenn ich die Zeilen und Worte wiege, sie mit meiner Erinnerung, Lebenserfahrung, Gelerntem und Gehörtem abgleiche. In ungezählten Internetrecherchen spüre ich der Herkunft und Bedeutung von Worten nach. Ich ringe mit dem 1.600 Jahre alten Text und mir scheint es, als ich könnte weiter und weiter schreiben, da jeder Tag meines Lebens meinen Glauben reifen lässt und ihn wandelt.

Ließe ich „mein Glaubensbekenntnis“ ein oder zwei Jahre ruhen und schriebe es neu, was würde ich wieder genauso hinschreiben, was würde ich weglassen, anders formulieren, was käme neu hinzu.

Im Zentrum steht seit Jahrzehnten Gott und ich kreise um ihn wie die Motte ums Licht. Ich benutze Worte wie „ewig“ und erschauere vor den Jahrhunderten, die das Glaubensbekenntnis alt ist. Menschen, die viel tiefer blicken als ich, flößen mir Respekt ein und ich lehne mich an ihre Lehren, aber dennoch ist mein Glaube nie sicher, nie fest gefügt. Immer wabert er etwas wie Wackelpudding, um im nächsten Augenblick hart wie Granit zu erscheinen. Filigran, zerbrechlich durchzieht er mein ganzes Wesen, ohne dass ich ihn je fassen könnte. Unter jeder Berührung wandelt er sich verschwindet, um unerwartet woanders wieder aufzutauchen.
Was würde ich unter Folter noch bekennen? Taugte ich zum Märtyrer? Bin ich vielleicht schon ein Mini-Soft-Märtyrer, da ich in einer Welt bekenne, die mit Gott wenig oder nichts anfangen kann? Der Glaube an Gott ist in einer aufgeklärten Welt eine leichte Form von Geisteskrankheit.

Ausgehend vom apostolischen Glaubensbekenntnis kann ich viele Facetten meines Glaubens und Lebens abprüfen, aber nie scheint es abschließend aufschreibbar zu sein.

So will ich den Text nun loslassen, auch wenn er nicht fertig ist und nie fertig wird.

 Amen
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Kommentare zu diesem Text


 Songline (24.11.12)
Ich mag die missionarischen Eiferer nicht, die ihren Glauben als Allheilmittel verkaufen und meinen, alle um sich herum mit ihrem persönlichen Segen beglücken zu müssen. Darum bin ich bei religiösen Texten immer etwas skeptisch.
Aber in dieses Glaubensbekenntnis habe ich wiederholt reingeschaut, und bin den Gedanken gefolgt, da hier Themen behandelt wurden, die auch unabhängig von der religiösen Überzeugung nachdenkenswert waren.
Und ja, die Einstellungen dem Glauben und dem Leben gegenüber ändern sich beständig und können immer neu geschrieben werden. Es bleibt spannend, sie von Zeit zu Zeit zu überprüfen.
Vielen Dank für die Serie und den dazu passenden Abschluss.
Liebe Grüße
Song

 Rudolf meinte dazu am 28.11.12:
Vielen Dank. Schreiben ist komisch - am Ende sind es nur Buchstaben.
MelodieDesWindes (36)
(24.11.12)
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 Rudolf antwortete darauf am 28.11.12:
Wie haben die Menschen das bloß gemacht, als es noch keine Sprache gab? Bei sprachbasierter Selbstsuche entferne ich mich paradoxerweise immer mehr von mir selbst - und anderen scheint es auch so zu gehen. Danke fürs Mitüberlegen.
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