Kapitel 9: Nails and Claws

Schundroman

von  ViktorVanHynthersin

Nur mit einem Badetuch bekleidet, klatschnassen Haaren und mit einem liebevollen Lächeln weckte sie mich. Ich war am Tisch über meinen Notizen eingeschlafen und nun standen dort zwei Tassen Kaffee. Sie trank einen Schluck, verzog angewidert das Gesicht und ich musste sie auf einen Kaffee einladen. Als sie sich anzog, ignorierte sie mich völlig und ich gestehe, ich hätte gerne noch länger Mäuschen gespielt.

Unser Gespräch im Mother´s Kitchen bei Kaffee und Muffins brachte mich auf andere Gedanken und ich überlegte, was ich übersehen hatte. Rosalynn war ebensowenig aufgetaucht wie der Mustang oder Submarine. Mein Kätzchen Viv entschuldigte sich und verschwand Richtung Toiletten. Als sie zurückkam fluchte sie wie ein Bauarbeiter – sie hatte sich einen Fingernagel am Handtuchspender abgebrochen.

Weiber und ihre Fingernägel, wollte ich ansetzen, da begann ich zu begreifen. Den Fingernagel, den wir unter dem Müll des Paketautos gefunden hatten, war der gleiche, den ich bei der Standschönheit an Submarines Seite gesehen hatte. Wer war sie? Vielleicht Sally, das Kind von Dalton? Hatte sie die Banküberfälle begangen und hatte sich im UPS-Auto nicht in eine Frau, sondern vom Weihnachtsmann in den Paketboden verwandelt und das Auto als Dalton verlassen? Das würde die einzelne Zeugenaussage und das Alibi von Submarine erklären. Wahrscheinlich hat sie die Beute in einem Karton an einem sicheren Ort „zugestellt“.

Ich gab Viv eine möglichst genaue Beschreibung von Sally, verschwieg aber die Geschichte mit dem Badeanzug. Hatte Sally auch den Verwalter auf dem Gewissen? Wenn sie sich als Paketzusteller Zutritt verschafft hat, erklärt dass zwar die Größe der gefundenen Fussabdrücke, nicht jedoch die Kraft, oder war es eine Technik, die nötig war, dieses Gemetzel zu veranstalten.

Nach der üblichen Ansprache des Chiefs im Büro nahm ich mir nochmals die Papiere vor, die wir gefunden hatten. Irgendetwas musste ich übersehen haben. Papierstapel für Papierstapel wälzte ich von einer Schreibtischseite auf die andere. Nichts auffälliges, nichts wirklich Ergiebiges war zu entdecken bis mir ein Fax in die Hände viel. Hatte mein Blindenhund Urlaub? Da stand in Klarschrift „Treffen mit Biokovo Dienstag, den 11 August.“ Das war morgen. Leider war weder die Uhrzeit noch der Ort angegeben. Und wer war dieser Biokovo? Unser Archiv schwieg sich aus.

Mein Schreibtischnachbar las raschelnd die Zeitung und ich versuchte mich zu konzentrieren. Ich stand auf und holte mir aus dem Automaten am Ende des Flurs einen Kaffee, der die Konsistenz und den Geschmack von flüssiger Schuhcreme hatte. Ich schenkte den Pappbecher meinem Zeitung lesenden Kollegen als mein Blick auf eine Überschrift fiel. „Biokovo eröffnet Kaianlage 19“. Ohne zu fragen oder zu bitten, riss ich die Zeitung an mich und las, dass das unter Panamaflagge fahrende Containerschiff Biokovo am morgigen Tag um 09.00 a. m. als erstes Schiff im Port of Miami die modernisierte Kaianlage 19 gemeinsam mit dem Bürgermeister und anderen honorigen städtischen Größen einweihen würde. Im Rahmen der Feierlichkeiten würde es ein Powerboat-Rennen geben.

Der Plan war einfach und genial. Wenn sich dort Bürgermeister und Presse ein Stelldichein geben, würde der Zoll seine wachsamen Äuglein auf Halbmast senken und die Biokovo könnte ihre Drogencontainer relativ unbehelligt löschen.

Da es inzwischen schon Nachmittag geworden war, durfte ich keine Zeit verlieren. Ich unterrichtete meinen Vorgesetzten, die Coast guard und wünschte mir zu Unterstützung ein S.W.A.T.-Team. Die anschließende Lage- und Einsatzbesprechung dauerte bis 9 p. m. und mir knurrte der Magen. Mein Lieblingskätzchen traf ich auf dem Weg zum Wagen und ich hörte mich sie zum Abendessen einzuladen.

Auf dem Heimweg kauften wir noch Kaffee ein und es wurde eine wilde und stürmische Nacht, an die wir uns noch lange erinnern werden.


 Biokovo

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Kommentare zu diesem Text

KoKa (44)
(25.01.13)
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 ViktorVanHynthersin meinte dazu am 26.01.13:
Hi John,
lieben Dank für Deinen Kommentar, der mich in mehrfacher Hinsicht erfreut hat. Mit ebenso lachendem Herzen grüßt Dich
Viktor

 EkkehartMittelberg (25.01.13)
Ob Krimis gut sind, entscheidet sich unter anderem an den Fingernägeln, ähm ich meine an den Details. Ich versuche immer etwas anderes in den Blick zu nehmen, Viktor, und bist jetzt bestehst du glänzend

 ViktorVanHynthersin antwortete darauf am 26.01.13:
Vielen Dank für die Blumen, lieber Ekkehart. Ich schätze Deine kritische Sicht und freue mich über Deine Meinung/Kommentare.
Herzliche Grüße
Viktor
SigrunAl-Badri (52)
(25.01.13)
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 ViktorVanHynthersin schrieb daraufhin am 26.01.13:
Da alte Rezept: Sex und Crime... )) Ich freue mich über Deinen Kommentar und wünsche viel Spaß mit dem letzten Kapitel, liebe Sigrun.
Herzliche Grüße
Viktor

 Jorge (26.01.13)
Immer wieder sind es die Nails, die alles verraten. *ggg*

 ViktorVanHynthersin äußerte darauf am 26.01.13:
Schlimm, gell ))
Herzliche Grüße
Viktor

 TassoTuwas (27.01.13)
Immer wieder zu bewundern deine Detailkenntnisse.
Der amerik. Kaffee ist wirklich eine Plörre!
LG TT

 ViktorVanHynthersin ergänzte dazu am 27.01.13:
Sozusagen waffenscheinpflichtig ) Vielen Dank für Deine Worte.
Herzlich Grüße
Viktor
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