Gemurmel eines Trinkers

Gedicht zum Thema Zerstörung

von  TassoTuwas

Irgendwie riecht es nach Nacht
Blumen hüpfen auf und nieder
Und mit einem Satz erwacht
Jählings eines seiner Klagelieder
Fährt ihm taktlos in die Glieder
Auf der Bank im Park allein
Tanzt das Früher Ringelrein

Früher war´n es viele Freunde
Haben hier und dort gezecht
Black and White war ihre Marke
Und am Schluß hat er geblecht

Sonne schielt vom Wolkenrand
Nennt ihn Lump und Tagestehler
Selbst der Wind gleicht einem Band
Um den Hals der alten Fehler
Und er ist sein eigner Hehler
Auf der Bank im Park allein
Tanzt Erinnerung Ringelrein

Früher trank er mal Champagner
Mit der schönen Lily in der Bar
Fünfundachtzig eine Flasche
Und sie hatte blondes Haar

Spatzen stricken Laub im Baum
Und der Rasen leuchtet bläulich
Wie ein schmaler Zwischenraum
Doch das Leben ist erfreulich
Wenn auch zeitweilig abscheulich
Auf der Bank im Park allein
Tanzen Träume Ringelrein

Früher kannten sie ihn alle
Cognac sprach er das war wahr
Und sie glaubten seine Sprüche
Damals zahlte er noch bar

Und ein gläsernen Passant
Eilt vorbei auf seiner Reise
Doch er hat ihn nicht erkannt
Laub fällt erdwärts sterbend leise
Alles dreht sich wirr im Kreise
Auf der Bank im Park allein
Tanzen Geister Ringelrein

Heute macht man einen Bogen
Um ihn und sagt dankend nein
Heute wird er nicht belogen
Möbelpolitur trinkt er allein

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Kommentare zu diesem Text


 TrekanBelluvitsh (28.02.13)
Die Verlogenheit im Umgang mit Alkohol, hast du schön beschrieben. Na, immerhin ist Alkoholismus selbst in konservativen Subkulturen ja eine anerkannte Krankheit im Gegensatz zu der Depression zum Beispiel.

Aber ich rege mich gerade wieder auf...

Gut gemacht!

 TassoTuwas meinte dazu am 28.02.13:
Herzlichen Dank.
In unser modernen und aufgeklärten Gesellschaft ist Alkohol wohl Teil der Kultur, und sei es bis hin zur Abhängigkeit.
Dass es dich aufregt ehrt dich und ändert nichts, leider.
LG TT

 TrekanBelluvitsh antwortete darauf am 28.02.13:
Aber manchmal hilft es meiner - du ahnst es vielleicht - antialkoholischen Seele.

Mein deinem Gedicht machst du diese Folgen eben 'schön' und für jeden verständlich sichtbar. Das sind keine Statistiken und keine leeren Phrasen. Und ich finde, das Umfeld deines Protagonisten kommt bei dir sehr viel schlechter weg als er selbst. Mir gefällt das sehr.

 TassoTuwas schrieb daraufhin am 28.02.13:
Stimmt. Nicht ohne Absicht wird in den Zwischenvierzeilern auf die alten "Freunde" gewiesen.

 TrekanBelluvitsh äußerte darauf am 28.02.13:
Ich habe die ganze Zeit überlegt, woran mich dein Gedicht erinnert. Jetzt weiß ich es: Das 'klingt' wie Kästerns 'Fabian', auch wenn das natürlich Prosa ist. Und es erinnert mich daran, weil es eines meiner Lieblingsbücher ist.

 TassoTuwas ergänzte dazu am 28.02.13:
Bekomme ich "mildernd Umstände" wenn ich mich zur Bildungslücke bekenne, dieses Werk ist mir unbekannt (

 TrekanBelluvitsh meinte dazu am 01.03.13:
Klar, denn das hast du ja was, auf das du dich freuen kannst.
MelodieDesWindes (36)
(28.02.13)
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 TassoTuwas meinte dazu am 28.02.13:
Dem armen Schwein, dem die Hände zittern, ist egal was in der Flasche ist.
Sucht kennt keine Grenzen.
LG TT

 princess (28.02.13)
Ich höre ihn murmeln. Und aus dem Geknarze entsteht das Bild eines Lebens, das mal war aus der Perspektive eines Lebens, das nun ist. Die vorletzte Strophe hat es mir besonders angetan. Da spüre ich den Menschen, von dem hier die Rede ist.

Liebe Grüße, Ira

 TassoTuwas meinte dazu am 28.02.13:
Da sehen wir auf ein Schicksal, wir wissen nicht was dorthin geführt hat, schwanken zwischen Mitleid, Ekel und Verachtung und eilen zurück in unsere heile Welt.
Danke für dein Verstehen.
Liebe Grüße TT
Winfried (86)
(28.02.13)
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 TassoTuwas meinte dazu am 28.02.13:
Hallo Winfried, auch an diesen Themen kommt man nicht vorbei, darüber zu schweigen ist einfacher.
Danke, dass dir meine Sichtweise gefallen hat.
Gruß TT

 Lluviagata (28.02.13)
Und so schwankt er seinen Weg hinab, dessen immer trister werdendes Ende er hoffentlich nicht wahrnehmen wird.
Der unvergessene H. Juhnke ist ein trauriges Beispiel dafür.

Liebe Grüße
Llu ♥

 TassoTuwas meinte dazu am 28.02.13:
Vielleicht ist das der Trost, dass man das eigene Elend nicht mehr erkennt.
Liebe Grüße TT

 EkkehartMittelberg (28.02.13)
Es erscheint inhaltlich trivial, aber deshalb nicht weniger wahr. Die Sprache ist gar nicht trivial. Sie spiegelt genau das Bewusstsein dieses armen Zechers.
"Spatzen stricken Laub im Baum
Und der Rasen leuchtet bläulich
Wie ein schmaler Zwischenraum..."

 TassoTuwas meinte dazu am 01.03.13:
Den alltäglichen, allgemeinbekannten Dingen und seien sie auch abgedroschen und ausgelutscht, ein bisschen Farbe zu geben, scheint mir allemal den Versuch wert. )
Um das Ergebnis mag gestritten werden, in jedem Fall sind Worte besser als schweigendes Wegschauen..
LG TT
KoKa (44)
(28.02.13)
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 TassoTuwas meinte dazu am 01.03.13:
Es gibt erschreckende Beispiele. Ein Thema, dass nicht in ein, zwei Sätzen erledigt sein kann.
Danke mein Freund.
gaby.merci (61)
(01.03.13)
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 TassoTuwas meinte dazu am 02.03.13:
Zum Nachdenken und zur Dankbarkeit, dass das Leben einen anderen Verlauf genommen hat.
LG TT

 BLACKHEART (02.04.13)
Puh, harter Stoff. Aber du hast Recht, es muss angesprochen werden. Und die Art und Weise, wie du es getan hast, ist großartig.
Der Aufbau und das Reimschema passen wunderbar zur erzählten Geschichte und unterstreichen die Tragik sogar noch. In meinen Augen zumindest.
Beide Daumen hoch dafür.

 TassoTuwas meinte dazu am 03.04.13:
Herzlichen Dank.
Du hattest ja reichlich ***chen im Gepäck!
LG TT

 harzgebirgler (14.05.21)
wohin leben oftmals führt
lässt kaum wen ganz unberührt.

lg
harzgebirgler

 TassoTuwas meinte dazu am 14.05.21:
Wir, die viel Licht im Leben hatten
wissen, auf and're fiel viel Schatten!

Herzliche Grüße
TT
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