Eine überzeichnete Unterhaltung

Einakter zum Thema Hilfe/ Hilflosigkeit

von  Matthias_B

Guastalla. Ortsende. Sengende Mittagshitze. Ein fast atemloser Herr, Alfons Hoeness, stürmt bei der italienischen Polizei - Gendarmerie (Carabinieri) zur Türe herein, wo sich zwei uniformierte Beamte unterhalten.

(übersetzt:)

Luigi:
Ja, eh, wie wir diese koreanische Frau vom Strand abgeholt haben. Die hat da ein paar Leuten eine Massage angeboten. Ohne die übliche "Lizenz", d.h. es ist kein Schmiergeld geflossen.

Giovanni:
Recht so, Kollege. Obwohl, die Gäste dürften sich durch jene wohl nicht belästigt gefühlt haben, hehehe.

Luigi:
Hehehe! Beileibe nicht. Zumindest nicht jene, die im Geiste schon ihre Kunden waren. Und das am hellichten Tage. Wobei, hm, naja, vielleicht wollte sie nur Bauch und Beine massieren. Soll´s ja auch geben, Gio. Aber das ist langweilig.

Giovanni:
Ist es. Genauso wie unsere Arbeit. Ich habe an der Accademia Kunsterziehung studiert, nur um hier zu landen? Das Karma fabriziert bei der Ausgestaltung meines Lebensweges schon ziemliche Schnitzer.

Luigi:
Ach, ist doch lustig hier. Besonders, wenn wir Deppen warten lassen, so wie-

Giovanni:
So wie diesen hier, der in der Tür steht...

Luigi:
An der Tür steht! Blamiere mich mit deinem Ausdruck nicht vor diesem abgehetzten Typen, der augenscheinlich 'n Anliegen hat.

(auf deutsch)
Luigi:
Bitte treten Sie näher und erläutern Sie uns Ihr Begehr.

Alfons:
Ihre Deutschkenntnisse sind ja nahezu formidabel?

Luigi:
Es kann sogar sein, dass wir besser auf Deutsch reden können als Sie.

Giovanni:
Jaaa, genau!

Alfons:
Was? Wie gelangen Sie zu dieser, hm, diskussionswürdigen Einsicht?

Luigi:
Na, Sie haben doch sicher den Aufschrei ob der Ergebnisse der PISA- Studie und den anschließenden Diskurs über das bankrotte deutsche Bildungssystem mitverfolgt. Der Rest Europas lacht sich krank darüber. Außerdem, sollten Sie vom ASG kommen, sind jedermanns Kenntnisse in puncto Deutsch eh viel besser. Waren Sie da Schüler, hm?

Alfons:
Wie meinen? (Pause.) Es wird Sie vielleicht interessieren, dass ich ´ne Anzeige erstatten will. Also, passen Sie auf -

Luigi:
Schreibst du das mit, Gio?

Giovanni:
Phh, wer bin ich denn? Ich bin mir sogar zu fein, Notizen anzufertigen.

Luigi:
Reden Sie weiter, sehr geehrter Herr.

Alfons:
He, so langsam beschleicht einen 's Gefühl, dass Sie des gar nicht ernst nehmen, was hier vorgebracht werden soll-

Giovanni (hebt die linke Hand in dessen Richtung):
Sprechen Sie zur Hand, haha. Cool, oder, Lui.

Luigi:
Kann man schon als gelungenen Gag auf Kosten des armen Tölpels hier bezeichnen. Eventuell sollten wir seinem Problem ein bisschen mehr Aufmerksamkeit widmen, und das ernsthaft.

Alfons:
Wo ist Ihr Präfekt? Den würde ich liebend gerne über diesen Umgang in Kenntnis setzen!

Giovanni:
Haben wir so etwas wie einen Präfekten, Lui?

Luigi:
Ja, oder? Nee, nur die Stato. Oder doch andersherum! Hm, keine Ahnung, eigentlich kenne ich mich nicht so hundertprozentig mit den Regularien und Facetten unseres Mittelmeerlandes aus; Regierungen wie Verordnungen wechseln doch dauernd.

Giovanni:
Ich auch nicht. Aber der König ist noch im Amt?

Luigi:
Berlusconi?

Alfons:
Der, öhm, regiert hier doch nicht mehr. (murmelt) Wäre toll gewesen, wenn der unsere Bundes-Bangie abgelöst hätte.

Giovanni:
Nö, Moment 'mal, ich meine, ähm, mich zu erinnern, gestern im Fernsehen eine Ansprache von ihm gehört zu haben. Mh, zum Regierungsantritt?

Luigi:
Auf jeden Fall weißt du in diesem Falle mehr als ich.

Alfons:
Das halte ich nicht aus, wo bin ich hier hingeraten?!?

Luigi (betont):
Des heißt aber wohin bin ich hier geraten. Ihre Anzeige, bitte?

Alfons:
Mein BMW wurde-

Luigi:
Da sind Sie bei uns falsch! In der anderen Station wird sich um diese Fälle gekümmert. Bei uns geht es nur um Scheckbetrug, Nötigung aller Art und Diebstahl von Kreditkarten.

Giovanni:
Und Kunstwerken!

Alfons:
Pardon?! Das hier ist das einzige Revier in Guastalla! Das haben mir mehrere Passanten auf dem langen Weg hierhin bestätigt!

Luigi:
Mitnichten. Unsere Stadt hat zwei. Das zweite befindet sich am anderen Ende der-

Giovanni:
Halt, ich glaube, er hat recht, gewissermaßen. Gestern hat doch irgendwer das zweite geklaut.


Anmerkung von Matthias_B:

März 2008, bearbeitet

Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram