Weiße Wellenlinien auf dunkelgrauem Hintergrund

Szene zum Thema Alltag

von  blauefrau

Ein Sechstklässler in der Schule wartet auf das Pausenzeichen. Die Schulglocke läutet. Er schnappt seinen roten Rucksack, hängt ihn über seine linke Schulter und läuft über einen langen Flur zur Treppe, die zum Ausgang führt. Dort angekommen stolpert er auf den Hof. Zwei Mädchen nicken und winken ihm zu. Quer über den Schulhof läuft er zur Straße, geht ein Stück geradeaus, biegt dann rechts in eine Seitenstraße ein und bleibt nach etwa zehn Metern stehen. Aus seiner Jackentasche zieht er eine Flasche und trinkt einen Schluck. An dieser Stelle muss sie gegen die Seitenwände ihres Fernsehers schlagen. Die Mattscheibe zeigt weiße Wellenlinien auf dunkelgrauem Hintergrund. ,,Einen neuen Fernseher können wir uns nicht leisten!", hatte die Mutter gesagt. Sie schlägt noch einmal gegen die Seitenwände. Im nächsten Bild gelangt der Junge an einem  Kiosk an, an dem zwei ältere Jungen auf ihn zeigen. ,,Hast Du die Handies, Piet?", rufen sie gleichzeitig. Der Junge öffnet seinen Rucksack und holt vier Handies hervor, die er den beiden in ihre entgegengestreckten Hände legt. Jeder erhält zwei. Die beiden lachen, schlagen ihm abwechselnd auf die Schultern, tätscheln seine Arme und bieten ihm dann eine Dose Bier an.
Sie stellt den Ton ab und lauscht an der Tür. Das Mauzen einer Katze wird laut. Sie öffnet die Tür. Vor ihren Füßen liegt ein rotes Knäuel, ausgerechnet die Katze, die sie einmal angefahren hatte. Der Tierarzt konnte das arme Ding in letzter Minute retten. Doch die rote Katze blieb ihr seither stetig auf den Fersen.

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Kommentare zu diesem Text


 franky (08.08.13)
Hi liebe blaue Frau,

Interessant wie du diese Fäden zusammenknüpfst. War das rote Kneul ein Katzenbaby? Könnte ja sein. Mit dem Fernseher ist alles klar. Aber mit den Handys; …..
Finde es perfekt verarbeitet.

Liebe Grüße

von Franky

 TrekanBelluvitsh (08.08.13)
Hm, ich lese aus diesem Text jede Menge Abhängigkeiten heraus.
Der Sechstklässler, abhängig von dem Pausenklingeln, der Schule.
Die Protagonisten, abhängig von Fernseher und Mama.
Der Sechstklässler, abhängig von dem (falschen) Lob der 'Freunde' am Kiosk.
Die (falschen) Freunde, abhängig von der macht über den Sechstklässler, um ihr geringes Selbstwertbewusstsein aufzupolieren.
Die Katze, abhängig von der Protagonistin.
Die Protagonistin, abhängig von der Katze.

Kein Mensch ist eine Insel. Wir Menschen sind soziale Wesen, wir leben mit, für und durch die anderen. Ja, das ist Abhängigkeit.
Und:
Ja, dass ist Alltag.

Fazit: Was du geschrieben hast, das passt!
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