Morgens, gleich nach dem Aufwachen hör ich ein Quartett

Gedicht zum Thema Single/ Single sein

von  toltec-head

Morgens, gleich nach dem Aufwachen hör ich ein Quartett,
Dann mach ich mir Tee und schau die Sonne oder Wolken an.
Darjeeling Primeur 2013 von Ronnefeldt, 100 Gramm für 28 Euro.
Ich werd jetzt nicht alles abschreiben, was auf dem Etikett steht,
Aber ich denke, einen sehr viel besseren werden die Maharadschas auch nicht getrunken haben
Und Bill Gates trinkt morgens bestimmt nur ordinären Kaffee.
Manchmal beneide ich den Schwarzen, den ich im Fernseh sah,
Aus dem Sudan oder wo es war, für den morgens seine Frau tanzt.
Aber ich weiß, die Frau würde mich spätestens nach ein paar Wochen nerven,
Und das mit dem Tanzen lächerlich werden. Also ist es besser ohne Frau.
Herr Mronz, neben dem morgens ein Herr Westerwelle aufwacht, möchte ich auch nicht sein.
Es reicht, wenn ich Frauen und Außenminister abends ein bisschen im Fernseh seh.
Allein schlafen zu dürfen, ist evolutionär gesehen ein absolutes Privileg.
Freud promovierte, es klingt unglaublich, über die Geschlechtskrankheiten bei Kindern.
Es ist gut, dass die unkontrollierbaren Schweinereien,
Die sich jahrhundertelang in gemeinsamen Betten oder Schlafsälen abspielten,
Effektiv in Schach gehalten oder ins Internet abgeschoben werden.
Richtig ist, dass Alleinsein auf die Dauer auch Probleme bereitet.
Man bekommt Ticks, die man wohl möglich gar nicht merkt.
Der eigene Körper fängt für einen an zu tanzen.
Ich glaub, ich räusper mich zum Beispiel in letzter Zeit dauernd.
Aber eigentlich ist auch das eine gute Sache.
Man spürt: Nicht nur ist man von anderen, sondern auch von sich selbst getrennt.
Und geht morgens dann ganz gern zur Arbeit,
Nur um ein bisschen Normalität zu spüren.
Überhaupt ist eine Angestelltenexistenz zu führen
Seit den Tagen von Kafka und Pessoa, doch sehr viel angenehmer geworden.
Es liegt glaub ich daran, dass niemand mehr so richtig Vorgesetzter sein will.
Ni dieu, ni maître , das hat sich mittlerweile bis Osnabrück rumgesprochen.
Zweitausend Jahre Christentum hatten eben doch auch ihr gutes.
Manchmal vermisst man sie: die Vorgesetzten.
Einen kleinen Tyrannen in Form einer Frau oder eines Vorgesetzten zu haben,
Ist für die psychische Hygiene doch nicht ganz unwichtig.
Dafür kann man im Internet aber, abends wenn man Nachhause kommt,
Schnell einen finden, der einen safe in den Arsch fickt und dann wieder verschwindet.
Auf diese Weise kommt man am Ende ganz ohne Stalin oder Erlöser aus.

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Kommentare zu diesem Text


 Peer (26.08.13)
Wie bereitest du dir den Ronnefeldt, dass er geschmacklich voll zur Geltung kommt und ist das "wohlmöglich" beabsichtigt?
LG Peer

 toltec-head meinte dazu am 26.08.13:
Spezieller Kessel wie die alten Chinesen, Wasser auf keinen Fall vorher durch Wasserkocher vergewaltigen. Kein Leitungswasser, sondern Quellwasser. Sollte es sein, dass das wohlmöglich wohlmöglich nicht geht? Finde an ihm auch nach mehrerem Durchlesen keinen Fehl.

 Peer antwortete darauf am 26.08.13:
Besten Dank für die ausführliche Ausführung. Das "wohlmöglich" war mir in der zusammengeschriebenen Version nicht bekannt, weshalb ich auf "womöglich" als Absicht tippte.:)
LG Peer

 toltec-head schrieb daraufhin am 26.08.13:
Da muss ich wohl öfters in den Duden schauen :) Danke.
cooori (20)
(26.08.13)
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 toltec-head äußerte darauf am 26.08.13:
Irgendwann muss man Tee, Schokolade und Gedichte bitter mögen, sonst droht Diabetes. Ich finde Mead zu pragmatisch, too american, zu unheroisch, zu wenig an den wirklich großen Fragen orientiert, sry. Les du doch mal Agamben oder das Autorenkollektiv Tiqqun. Da geht´s richtig zur Sache. Ich/Gesellschaft: Bah! Alles bloßer Plunder.
cooori (20) ergänzte dazu am 26.08.13:
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 toltec-head meinte dazu am 06.12.13:
Mädchen, ess Schockolade! (Variation eines Pessoa-Gedichts) Willst mehr hören?
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