Statt eines Nachrufs ein Bericht: Menstruationslyrik

Bericht zum Thema Literatur

von  toltec-head

Das dem Museum of Modern Arts in New York von seiner Witwe aus ihrem Privatbesitz kürzlich übergebene Werk des Künstlers Jackson Pollock mit dem Titel Menstruationslyrik wurde gestern das erste Mal der Öffentlichkeit präsentiert. Es handelt sich um ein riesiges, sagenumwobenes Gemälde, das kurz vor dem Tod des Künstlers entstand und für das er 200 menstruierende Frauen, darunter die spätere Witwe, wie wild auf einer Leinwand rumrutschen ließ. Der neue Museumsmagnet hängt nun als Solitär in einem vom MoMa eigens hergerichteten, abgedunkelten Raum, der die beiden Farben des Gemäldes, Rot und Weiß, optimal zur Geltung bringt. Auf der Vernissage am Vorabend herrschte, obwohl sich allerlei New Yorker Prominenz tummelte, eine beinahe sakrale Atmosphäre. Die Festrede hielt der deutsche Happening Künstler Hermann Nitsch, der das Bild als eine Inkunabel des 20. Jahrhunderts bezeichnete. Vor diesem Bild ließe sich nur von einigen dionysischen Elementen in der Kunst, so zum Beispiel in den Opern Richard Wagners, sprechen, erst mit diesem Bild habe der Gott Dionysus leibhaftig triumphierenden Einzug in die Kunst gehalten. Seitdem sei nichts mehr so wie es vorher war. Jeder Mensch sei ein Künstler, was vor allem aber für die Frau gelte. Die Frau habe es nicht nötig zu malen oder zu dichten, denn sie sei selbst ein Gemälde oder Gedicht. Alle (männlichen) Künstler der Vergangenheit hätten nur auf diesen einen Moment hingearbeitet: die Wiederauferstehung der wahren Eva oder Lilith als eines absoluten Kunstwerks. Man habe sich der Kunst zuvor nur angenähert, erst dies sei Kunst.

Auf die ebenfalls sogenannte Menstruationslyrik in deutschen Internetliteraturforen angesprochen, äußerte Nitsch, dies sei in Wahrheit ein männliches Phänomen. Zumeist stamme sie von Männern, denen noch keine Lilith leibhaftig gegenübergestanden habe, oder sei eben Lyrik von Frauen, die ihre innere Lilith noch nicht entdeckt hätten. Die ganze Kunst und auch die höchste sei in der Vergangenheit in diesem Sinne nur Menstruationslyrik gewesen, weil die eine Lilith gefehlt habe. Erst das Gemälde Jackson Pollocks mache diese alte Art Menstruationslyrik unnötig und hebe die Menschheit auf eine neue Stufe. Männer und Frauen hätten es nun nicht mehr nötig Künstler zu spielen, sondern seien solche immer schon und in jedem Moment ihrer Existenz. Die Kunst, so Nitsch, sei von nun an nichts anderes als das makroökonomisch gedachte Verfließen menschlicher Säfte. Der Gott Dionysus sei für diese ins Universelle gesteigerte Saftwirtschaft nur ein Symbol.

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Kommentare zu diesem Text


 EkkehartMittelberg (06.09.13)
Herrliche Satire. Wie schön für dich, dass du diese Vernissage erleben durftest.
LG
Ekki

 toltec-head meinte dazu am 06.09.13:
Danke, Ekki.
mannemvorne (58)
(06.09.13)
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 toltec-head antwortete darauf am 06.09.13:
Kann´s nicht beschwören, weil ich dafür in den Keller gehen müsste, aber ich glaub diese Marie Louise von Franz aus deinem Video ist die Jungjüngerin, die in einem meiner ersten Texte vorkommt:   Homer, Die Ilias. Wusste gar nicht, dass die so bedeutsam ist. Hab mir eben mal ihren Eintrag bei Wikipedia angeschaut. Lauter interessante Veröffentlichung. Hélas, mein Unterbewußtsein sagt mir immer, dass bei Jung und seinen Schülern irgendwas schief ist. Das sieht Herr Nitsch bestimmt genauso.
mannemvorne (58) schrieb daraufhin am 07.09.13:
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 toltec-head äußerte darauf am 08.09.13:
Ich bin ja auch sehr anfällig für diesen Eso-Müll, aber ich muss sagen, dass mir Hannah Arendt, rauchend, faltiger gebrochener als die von Franz, wesentlich besser gefällt. Dafür erfährt man bei ihr nicht, was es bedeutet, wenn man in einem Traum von einem Bären mit einer Erektion verfolgt wird:

 externer Link

Es natürlich vollkommener Humbug. Man sieht: Die Frau ist ahnungslos. Trifft auf 99,9 % aller Esoterik-Tanten zu.

Sag mal, wie bekomm ich denn ein Google Passwort, damit ich auch das never_mind_pollock Video sehen kann?
mannemvorne (58) ergänzte dazu am 10.09.13:
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mannemvorne (58) meinte dazu am 10.09.13:
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