Sprachliches Überhöhen

Glosse zum Thema Zeitgeist

von  loslosch

Quae caret ora nostro cruore (Horaz, 65 v. Chr. bis 8 v. Chr.; Carmina)? Welche Küste entbehrt unseres Blutes? Oder: Welcher Küstenstreifen ist ohne unser vergossenes Blut?

Pathetische Sprache, gefühlvoll und anstößig, voller Dramatik. Der Dichter des Dulce et decorum est ... (süß und ehrenvoll ist es, fürs Vaterland zu sterben) war wieder ganz in seinem Element. Man kann es wohlwollend als dichterische Übertreibung interpretieren. Im 1. Jh. v. Chr. hatten die Römer nahezu die gesamte Mittelmeerküste unter ihrer Kontrolle, ebenso weite Teile der Schwarzmeerküste. So viel römisches Blut konnte es nicht geben, um die eroberten Strände einzufärben oder die Küstenwasser zu trüben. Horaz, ein Sprachkünstler, der so manchem seiner Zeitgenossen und ebenso den Nachgeborenen ein vaterländisches Bild dargeboten hat, das heute in Mitteleuropa der Vergangenheit angehört. Weltweit nicht.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text


 TrekanBelluvitsh (20.12.13)
Markige Worte kommen halt immer ganz gut an. Die hat jede Zeit für sich, auch wenn das Blut nicht immer auf den ersten Blick zu sehen ist.

Ich sag halt nur, was ich denke.

;-)

 loslosch meinte dazu am 20.12.13:
manche singen es ...

die dornenkrone, die tränenreiche madonna ... das kennen wir doch.

 Rudolf (20.12.13)
Das Blut kommt zurück. Es ist eingenäht in Deinem Baumwoll-T-Shirt und eingewoben in Deinem Teppich.

 loslosch antwortete darauf am 20.12.13:
bitter-gallig. womöglich ja.

 Rudolf schrieb daraufhin am 20.12.13:
Yep, aber mit etwas süßem Weihnachtsstreusel schmeckt es geizgeil. Wir sind doch nicht blöd.

 EkkehartMittelberg (20.12.13)
Wenn eine Generation sich das Leid nicht mehr plastisch genug vorstellen kann, das durch das sprachliche Pathos ausgelöst und verstärkt wird, haben solche sprachlichen Überhöhungen wieder Konjunktur.
t.t.
Ekki

 loslosch äußerte darauf am 20.12.13:
ich fürchte, du hast recht, ekki. t.t. lo
LottaManguetti (59)
(20.12.13)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 loslosch ergänzte dazu am 20.12.13:
ich drück ja manchmal den radio-knopf und murmle: endlich kein sender ...

frohe wiehnacht!

 Rudolf meinte dazu am 20.12.13:
Sprache ist eine Hure, willig gibt sie sich jedem hin.

 ViktorVanHynthersin (20.12.13)
Bei überhöhter Geschwindigkeit gibt es einen Strafzettel, bei überhöhter Sprache oft nicht einmal einen Verweis )
Herzliche Grüße
Viktor

 loslosch meinte dazu am 20.12.13:
ich weiß ja nicht, worauf du anspielst, viktor. lo
Graeculus (69)
(20.12.13)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 loslosch meinte dazu am 20.12.13:
vermutlich, weil er (auch) ein sprachkünstler war. danke fürs hingucken, wolfgang.
Graeculus (69) meinte dazu am 20.12.13:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 loslosch meinte dazu am 20.12.13:
ein schöner test! in einem dicken bericht der wirtschaftsprüfer stand inmitten der satz "dann aßen wir bratkartoffeln". keinem fiel was auf.

 loslosch meinte dazu am 20.12.13:
richtig. er träumte von den verpassten römerinnen und schimpfte manchmal über die ungerechte verbannung.
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram