Medea-Fragment

Tragödie zum Thema Sex/ Sexualität

von  toltec-head

1.

In seinem Erinnerungsbuch My Lives berichtet Edmund White von Abendessen, die Foucault in den frühen 80ern bei sich Zuhause organisierte und bei denen sowohl Kohlenhydrate als auch Frauen einem strikten Bann unterlagen. Es gab nur Fleisch, Philosophen und eine handverlesene Anzahl junger, schöner Männer. White war nach Paris von New York geflohen, wo mittlerweile Gerüchte von einer mysteriösen Schwulenseuche die Runde machten. Kaposi-Sarkome, die sonst nur bei älteren Männern aus Osteuropa auftraten, wurden immer öfter bei jungen Schwulen gefunden. Als White bei einem der Abendessen das Thema auf AIDS brachte, lachte Foucault und beschuldigte ihn, ein Puritaner zu sein, es handele sich um eine von der Reagen-Administration gezielt erfundene Krankheit, um Schwule für ihren unnatürlichen Sex zu bestrafen. Zwei Jahre später war er tot.

2.

Jahnn macht aus seiner Medea, die vom schwarzen Meer stammt, von dem auch niemand weiß, weshalb es schwarzes Meer heißt, eine Negerin. Ihrem Mann Jason schenkt sie ewige Jugend, indessen sie selbst altern muss. An einer Stelle der Tragödie nennt sie sich selbst ein fettes, schwärzlich graues Weib, mit Brüsten fett und schlaff zugleich und einem Klumpfuß, der passt zum Fett.

Mit folgenden Worten erfleht sie von Jason eine einzige Nacht:

Die Lenden blühen
dir wie immer, noch üppiger. Du kannst
dich geben wie ein Hirsch zur Brunstzeit,
ohne zu ermüden. Dass Bettgenossen
du dir wählst, weiß ich wie jeder.
Ob du nun Dienern oder Dienerinnen
dich beigesellst, ob dich der eigene Sohn,
den du zum Freund dir machtest, dich erfreut:
Du liebst wie nur ein Mann in jungen Jahren.


Als Medea von einem Boten erfährt, dass Jason sie nun aber auch noch mit der Tochter des Königs Kreon betrügt, rastet sie aus. Es fängt damit an, dass sie dem Boten die Augen ausreißen lässt, die sie fortan bei sich trägt. Immer stärker steigert sie sich eine Art heiligen Wahnsinn hinein, in dem sie schließlich ihre beiden Söhne zerfleischt.

Bevor sie auf ihrem Drachenwagen, der bei Jahnn allerdings ein Pferdewagen ist, von der Bühne verschwindet, ruft sie Jason noch zu:

Du bist ein junger Fant
und warst gewissenlos. Bleib´s doch!
So ein Hurer. Andres Handwerk
verstehst du nicht. Den eigenen Namen
nenn nicht. Wer wird dich hindern, namenlos,
mit deinem Samen Tod zu säen?


3.

Jetzt kommt ein Interview mit einer schrillen Lesbe, Camille Paglia, Autorin von Die Masken der Sexualität, die, wenn sie den Namen Foucault hört, regelmäßig so tut, als wenn sie gleich kotzen müsse. Sie wird gezielt nach Gerüchten über den französischen Philosophen gefragt, auf die sie bereits zuvor in Aufsätzen angespielt hatte. Dieses Mal nimmt sie kein Blatt mehr vor den Mund:

Die Leute sagen, dies sei nicht wahr, blah, blah, blah. Es tut mir leid, meiner Meinung nach ist es vollkommen wahr. Die Information kam zu mir aus einer sehr verlässlichen Quelle. Es waren nur zwei Leute zwischen mir und Foucault. Foucault sagte einem berühmten schwulen Schriftsteller, der dies meinem engen Freund weitersagte, als er realisiert habe, dass er AIDS habe, sei er so wütend geworden, dass er beschloss, so viele andere mit sich zu nehmen, wie er nur konnte. Er sei mit dieser Absicht gezielt in Bars gegangen und hätte gezielt Sex mit Leuten gehabt, denen er nichts von seiner Krankheit gesagt habe und hätte aktiv versucht, sie mit sich zu nehmen.


Anmerkung von toltec-head:

Quelle für das Paglia Interview:

http://www.virusmyth.com/aids/continuum/v4n2.pdf

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Kommentare zu diesem Text

JakobJanus (35)
(05.01.14)
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 toltec-head meinte dazu am 05.01.14:
Enkidu, komm an meine Brust!
parkfüralteprofs (57)
(06.01.14)
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 toltec-head antwortete darauf am 06.01.14:
Da hab ich den Avatar wohl mit dem Original verwechselt.

 Dieter Wal (14.01.14)
Der Zusammenhang zw. Jahnns Medea und dem Beginn erster AIDS-Infektionen verhält sich wie?

 toltec-head schrieb daraufhin am 15.01.14:
Du scheinst vollkommen ahnungslos. Man infiziert sich nicht mit AIDS.

 Dieter Wal äußerte darauf am 15.01.14:
Der Zusammenhang zw. Jahnns Medea und dem Beginn erster HIV-Infektionen verhält sich wie?

 toltec-head ergänzte dazu am 15.01.14:
Siehe Text.

 Dieter Wal meinte dazu am 15.01.14:
Gewöhnlich glaubt der Mensch, wenn er nur Worte hört, es müsse sich dabei doch auch was denken lassen.
Johann Wolfgang von Goethe

 toltec-head meinte dazu am 15.01.14:
War das nicht der Typ, der über ein Friedrich Gemälde sagte, man könne es genauso gut auf den Kopf stellen?
Metulskie (32)
(15.01.14)
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 toltec-head meinte dazu am 15.01.14:
Definier mal Mosebachsyndrom. Bin Hypochonder. Bekommt man da Haarausfall oder so?

 toltec-head meinte dazu am 15.01.14:
Hausaufgabe: Schreiben Sie einen Roman über einen Thierse-Typ, der mit Mitte Vierzig am Tristan-Motiv erkrankt und sich partout HIV bei einem Sexualverkehr holen möchte. Schildere seine sinnlosen Versuche hier und in Übersee. Wie er sich bis auf´s letzte entblößt und winselnd auf dem Boden liegt. Quoth the Raven: Nevermore. Schließlich wird er vom Auto überfahren und im letzten Moment erklingt Boney M: "Auch Viren haben ihre Würde".
Metulskie (32) meinte dazu am 15.01.14:
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 toltec-head meinte dazu am 15.01.14:
Klingt wie Rezept von Mbeki.
Metulskie (32) meinte dazu am 15.01.14:
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