Ein erst kürzlich wiederentdecktes Gedicht von Goethe

Pastiche zum Thema Literatur

von  toltec-head

Knaben liebt ich wohl auch, doch lieber sind mir die Mädchen,
Hab ich als Mädchen sie satt, dient sie als Knabe mir.

Als ich als Jungschwuler irgendwann in den 80ern - ich glaube Thomas Mann, ein Eingeweihter in diesen Dingen, hatte mich auf die Fährte gebracht - auf diese Stelle in den Venezianischen Epigrammen stieß, war ich in mehrerlei Hinsicht irritiert. Ein Beweis für die angebliche Homosexualität Goethes war dies doch wohl kaum. Außerdem waren mir nicht nur Mädchen herzlich egal, sondern auch "Knaben" schwerlich ein Objekt meiner Begierde, wo ich doch dem Knabenalter selbst erst kürzlich glücklich entronnen war. Auch die Art des in den Stanzen angesprochenen Dienens konnte ich mir nicht richtig vorstellen. Man macht sich heute in Zeiten des Internets keine Vorstellung von der Naivität, mit der wir damals in diesen Dingen aufwuchsen. Ich glaube, wenn mich nicht andere eines besseren belehrt hätten, würde ich noch heute in der Vorstellung leben, Homosexualität bestehe in dem Aneinanderreiben von Penissen. Die Anderen. Wie glücklich - und rein - wären wir ohne sie.

Heute weiß ich, dass schwule Männer Anfang 40 mit entsprechendem Outfit noch locker als Jungens - ältere Knaben eben - durchgehen können, sofern sie dies denn unbedingt möchten. Und was den Analverkehr angeht: Nunja, sagen wir, ich habe eben hinzugelernt. Glückliche, wenn auch etwas verdorbene, Zeiten. Auch muss man sich die Homosexualität unseres Dichterfürsten heute nicht mehr mühsam mit errötenden Backen aus den Einflüsterungen von Mann & Co zusammenreimen. In den letzten Jahren hat es gleich mehrere materialreiche Studien hierzu gegeben. Das Buch von W.D. Wilson, Goethe Männer Knaben, Insel-Verlag, Berlin 2012 bringt einen auf den neusten Stand. Man findet aber auch schon im Internet, wenn man entsprechende Stichwörter bei Google eingibt, ein Menge. So zum Beispiel diesen lesenswerten Link:

http://www.angelfire.com/poetry/seidel/Goethe.pdf

Was man noch nirgendwo findet, ist ein erst kürzlich wiederentdecktes Gedicht von Goethe, angeblich lag es in einer Truhe in einem Schloss in Nova Zembla, und das auch ich hier nur wiedergeben kann, weil ein russischer Freund es mir die Tage mailte. Es beantwortet einige Fragen. Doch sehr vieles bleibt weiterhin geheimnisvoll. 

Seh in den Augen meines Wilds
Ich ein Licht voll Geisterficks,
Platzt das Herz Freude neuen Bilds,
Werd ich getrickt durch Himmels Tricks.

Die Nase in des Wildes Arsch, ein
Anderes spür ich aufflackern,
Sodann viele Wildere, die einen Stern aufklaren,
Der soll mein Führer sein.

Ob im Gebüsch oder auf den Straßen,
Wo immer dieses Wild erscheint,
Sind mein Geist und ich über alle Maßen
Oben im hintersten Himmel vereint.

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Kommentare zu diesem Text

lucien (26)
(22.02.14)
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P. Rofan (44) meinte dazu am 25.02.14:
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 toltec-head antwortete darauf am 25.02.14:
Vom Mütterchen die Frohnatur...
Patroklos (36)
(22.02.14)
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parkfüralteprofs (57)
(30.07.14)
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 toltec-head schrieb daraufhin am 30.07.14:
Das ist nicht sehr schwer:

 externer Link

aldi-Champagner (heut auf der Startseite der FAZ) geht an Metulskie. Der snifft auch Schuhputzmittel und außerdem schuld ich ihm was.
(Antwort korrigiert am 30.07.2014)
(Antwort korrigiert am 30.07.2014)
parkfüralteprofs (57) äußerte darauf am 31.07.14:
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 toltec-head ergänzte dazu am 31.07.14:
Doch, doch, das ist nicht nur in Nova Zembla, sondern ganz Nova Zembla ist da drin. Und wir beide waren auch schon mal drin, als wir nämlich die Tagebücher von Raddatz lasen.
parkfüralteprofs (57) meinte dazu am 01.08.14:
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parkfüralteprofs (57) meinte dazu am 01.08.14:
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