Kreuzweg

Gedicht zum Thema Atem/ Atemlosigkeit

von  Isaban

Wir hatten einen kurzen Sommer.
Der Winter kam schon im August.
An zitterzarten Spinnwebseilen
sah man Spinnen erdwärts eilen,
an Stein- und Risspilz nagte Frust.

Wiegeweiche Wogehalme
wurden vor der Zeit zu Heu,
Vogelsang verlor die Lust.
Anders sahst du aus und neu:
Frost fraß heimlich deinen Mund.

Du verhülltest Kopf und Beine,
nahmst das Beben aus der Brust,
kautest unsre Lieder wieder,
legtest dich alleine nieder,
riebst dir Ohr und Stirne wund.

Alles, was dich einst betört hat,
blieb von da an unerhört.
Helle Farben wurden fahl,
jeder Augenblick zu schmal,

Licht war Licht und eine Qual.
Satt warst du, unendlich satt,
wurdest taub und blind und matt,

all das, was dich sonst berührte,
schmeckte selbst im Traume schal.

Ruhe lag im dunklen Tal.

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Kommentare zu diesem Text


 sandfarben (01.03.14)
Sehr schön, sagte ich schon, oder?
christa

 Isaban meinte dazu am 01.03.14:
Sagtest du. Danke schön!

Liebe Grüße

Sabine
Sardinenfischer (48)
(01.03.14)
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 Isaban antwortete darauf am 01.03.14:
Danke fein!
Von guten alten Angewohnheiten sollte man sich möglichst nur im Notfall trennen. Du weißt schon: Ein und aus.

Liebe Grüße

Sabine

 AZU20 (02.03.14)
Gern gelesen. LG

 Isaban schrieb daraufhin am 03.03.14:
Danke, Armin.
Liebe Grüße

Sabine

 Irma (03.03.14)
Der Trochäus schleicht sich unmerklich ein und der langsame (Strophen-)Zerfall durch Frust- und Frostfraß beginnt. Das unregelmäßige Reimschema macht den stockenden Atem fühlbar, und die vielen Reimwaisen lassen den nahenden Abschied erahnen. Lebensmüdigkeit bis zum letzten Einschlafen. LG Irma

 irakulani (03.03.14)
Sterben ist ein Prozess, der sich bemerkbar macht, wenn man ihn sehen/wahrnehmen will. Allzu oft wollen wir nicht sehen.

Hier ist der/die Sterbende wahrhaft des Lebens müde und zumindest im Rückblick ist zu erkennen, dass sich damit ein Weg vollendet.

L.G.
Ira
Marjanna (68)
(14.04.18)
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