Besuch der alten Dame in Dresden - Großschriftstellerin Lewitscharoff hält Onanieverbot für weise

Absurdes Theaterstück zum Thema Literatur

von  toltec-head

The Best lack all conviction, while the worst
Are full of passionate intensity.
-W.B. Yeats


Sibylle Lewitscharoff hat in Dresden eine Rede über "Geburt und Tod" gehalten. Klar, dass sie über diese Dinge voller Überzeugungen ist, die sie mit einer passionierten Intensität in dem ihr eigenen Sprachstil, bei dem das R nur so rollt, vorzutragen weiß. Ein „Onanieverbot“ erscheint ihr „weise“. Wenn Sperma zur künstlichen Befruchtung eingesetzt wird, ist ihr das „nicht nur suspekt“, ihr erscheint es „absolut widerwärtig“. Aus dem Vorgang, „auf künstlichen Wegen eine Schwangerschaft zustande zu bringen“, resultiert für sie „der eigentliche Horror“: „Es geht dabei sehr rein und fein und vernünftig zu. Der Vorgang selbst ist darum nichts weniger als abscheulich.“ Die Fälle, „in denen sich lesbische Paare ein Kind besorgen, indem entweder […] ein anonymer Spender oder ein naher Verwandter der Freundin der künftigen Mutter herangezogen wird, um sein Sperma abzuliefern“, erscheint ihr „grotesk“. Für Kinder, die durch künstliche Befruchtung entstanden sind, hat Sibylle Lewitscharoff nur Abscheu übrig. Sie sagt, dass ihr „das gegenwärtige Fortpflanzungsgemurkse derart widerwärtig erscheint, dass ich sogar geneigt bin, Kinder, die auf solch abartigen Wegen entstanden sind, als Halbwesen anzusehen. Nicht ganz echt sind sie in meinem Augen, sondern zweifelhafte Geschöpfe, halb Mensch, halb künstliches Weißnichtwas.“ „Mit Verlaub, angesichts dieser Entwicklungen kommen mir die Kopulationsheime, welche die Nationalsozialisten einst eingerichtet haben, um blonde Frauen mit dem Samen von blonden blauäugigen SS-Männern zu versorgen, fast wie harmlose Übungsspiele vor.“

Der Großschriftsteller ist eine Figur aus dem Fragment gebliebenen Roman von Roman von Robert Musil. Wer ihn gelesen hat, weiß, warum es wünschenswert ist, zu einem Mann ohne Eigenschaften zu werden und warum Großschriftsteller zu sein etwas abscheuliches ist. Das Kunststück besteht nach wie vor darin, durch die arbeitsteilige Gesellschaft hindurch zu flanieren. Der Bio-Blogger im Netz versucht genau dies: er hat irgendeinen beschissenen Bürojob und wenn er abends Nachhause kommt, versucht er ein wenig zu schreiben, nicht um zu dichten, Personen und Handlungen zu erfinden, den Leuten auf 800 Seiten die Welt zu erklären, sondern um ein wenig zu flanieren. Der Großschriftsteller ist hingegen der Wurstfabrikant in Grün. Aber seine Würdelosigkeit geht noch weiter. Weil der Großschriftsteller auf kulturellem Gebiet produziert, dem Reich des sogenannten "Höheren",  meint er den Wurstfabrikanten auch noch zu übertreffen und in seiner Freizeit repräsentieren zu dürfen. Der Wurstfabrikant schaut abends statt zu flanieren fern, der Großschriftsteller hält Reden. Als kultureller Spitzensportler im Reich der Ideen, weiß er wo´s lang geht, und so kommt es, dass er gern schon einmal wie unser geschätzter Herr Mosebach voller Inbrunst die Wiedereinführung der Strafbarkeit der Blasphemie fordert. Oder jetzt eben wie Frau Großschriftsteller Lewitscharoff ein Onanieverbot für weise hält.

Bio-Blogger sein heißt zum Halbwesen werden, zu einem zweifelhaften Geschöpf, das zur Arbeit geht, weil es zu faul zur Revolte ist, und schreibt, weil es gerne Schriftsteller wäre, aber auch dazu zu faul. Der Bio-Blogger ist die Inkarnation des Weißnichtwas. Weil er ständig damit beschäftigt ist, sich der Stimme des Vaters zu entziehen, besteht sein ideales Elternpaar aus zwei Lesben. Seine einzige Sorge: statt Doppel-Bitches eine Butch und eine Femme zu bekommen, weil es den beiden doofen Hühner nicht gelingt, ihre internalisierten Eltern zu überwinden. Nein, der Bio-Blogger wünscht keinen Erzeuger und keine Brüterin, es ist sein sehnlichster Wunsch, durch künstliche Insemination zur Welt als Geschenk für zwei wahrhafte Lesben zu kommen oder zumindest auf diesem Wege wiedergeboren zu werden. Niemals will er sich ganz echt zu fühlen. Echt sind immer nur die Wurstfabrikanten und die in Grün. Das Fortpflanzungsgemurcks erscheint ihm zu allen Zeiten eine Übertreibung und nur aus Verlegenheit wird er schwul.

Er ist noch eigenschaftsloser als der Mann ohne Eigenschaften, denn er hat nicht einmal einen Personalnamen, weder Ulrich noch K., sondern er hat, auch um die Spur zu seinem biologischen Erzeuger zu verwischen, nur einen anonymen Nick, bevorzugt in einem nicht-muttersprachlichen Idiom. Über sein Leben lässt sich nicht viel sagen, außer vielleicht dies, dass es wie gute Literatur erhaben, pervers und absurd ist. Wenn er von Kopulationsheimen der Nationalsozialisten liest, um blonde Frauen mit dem Samen von blonden blauäugigen SS-Männern zu versorgen, denkt er sich, dass dabei bestimmt viele schöne fickbare Ärsche herausspringen. Er zweifelt, ob sich von den Migrationsexperimenten der globalisierten Angestelltenwelt ähnliches sagen lässt.

Von Großschriftstellern wird er, auch ohne weise zu sein, in keinerlei Hinsicht gutes erwarten.


Anmerkung von toltec-head:

 Beim Barte der Prophetin

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Kommentare zu diesem Text

LottaManguetti (59)
(07.03.14)
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 toltec-head meinte dazu am 07.03.14:
Warum kleiden sich Vorturnerinnen eigentlich immer so schlecht?
LottaManguetti (59) antwortete darauf am 07.03.14:
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 toltec-head schrieb daraufhin am 07.03.14:
Höchst passend für eine Bio-Bloggerin, aber hoffentlich ohne Brosche.
LottaManguetti (59) äußerte darauf am 08.03.14:
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lucien (26)
(07.03.14)
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 toltec-head ergänzte dazu am 07.03.14:
Man hört, sie sei Jungfrau.
LottaManguetti (59) meinte dazu am 07.03.14:
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lucien (26) meinte dazu am 07.03.14:
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 toltec-head meinte dazu am 07.03.14:
Deine Vorstellungen von Jungfräulichkeit erscheinen mir noch katholischer als Mosebach, mein Lieber. Aber Tebartz würde bestimmt zustimmen.
Mirror (41) meinte dazu am 07.03.14:
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lucien (26) meinte dazu am 07.03.14:
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 toltec-head meinte dazu am 07.03.14:
Seh gerad im Morgenmagazin hat sie sich entschuldigt. Suhrkamp hatte wohl angedroht, sie nach kV zu versetzen.
lucien (26) meinte dazu am 07.03.14:
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Jack (33) meinte dazu am 06.04.14:
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 Dieter_Rotmund (07.03.14)
Heute steht ein gut geführtes Interview mit Frau Lewitscharoff im Feuilleton der FAZ.

Der Begriff des Bio-Bloggers ist mit unbekannt. Ist das ein Veganer, der täglich den Facebook-Status seiner Verdauungsvorgänge aktualisiert?

Der Begriff des Großschriftstellers ist mir zwar nicht unbekannt, aber ich halte die Gattung für ausgestorben...

 toltec-head meinte dazu am 07.03.14:
Was ist mit Grass?

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 07.03.14:
Hmm, ja, könnte das letzte lebende Exemplar sein...

 toltec-head meinte dazu am 08.03.14:
Jemand wie Lewitscharoff sieht sich sicherlich als legitimen Erben.

 Dieter Wal (15.07.15)
"Der Bio-Blogger im Netz versucht genau dies: er hat irgendeinen beschissenen Bürojob und wenn er abends Nachhause kommt, versucht er ein wenig zu schreiben, nicht um zu dichten, Personen und Handlungen zu erfinden, den Leuten auf 800 Seiten die Welt zu erklären, sondern um ein wenig zu flanieren. Der Großschriftsteller ist hingegen der Wurstfabrikant in Grün. Aber seine Würdelosigkeit geht noch weiter. Weil der Großschriftsteller auf kulturellem Gebiet produziert, dem Reich des sogenannten "Höheren", meint er den Wurstfabrikanten auch noch zu übertreffen und in seiner Freizeit repräsentieren zu dürfen. Der Wurstfabrikant schaut abends statt zu flanieren fern, der Großschriftsteller hält Reden. Als kultureller Spitzensportler im Reich der Ideen, weiß er wo´s lang geht, und so kommt es, dass er gern schon einmal wie unser geschätzter Herr Mosebach voller Inbrunst die Wiedereinführung der Strafbarkeit der Blasphemie fordert.

Muss das sein? DER Bio-Bloger. DER Großschriftsteller. Wem von ständigen Generalisierungen im Text immer noch nicht übel wurde, greift im Anschluss beherzt zu Die Welt und BILD.

Mit einer so flotten Schreibe könntest du Klatschtante in einem Hausrfauenmagazin werden.

Dein erster Absatz deines Essays gefällt mir. Der zweite Absatz klingt es mir zu sehr nach wie sich Lieschen Müller Gott vorstellt. Man kanns aber auch für witzig halten. Dein dritter wirkt auf mich wie die Zusammenfassung eines Psychologie-Ratgebers. Das sind meines Erachtens Inhalte, die in einem Essay nichts zu suchen haben.

 Mehr dazu zB.
(Kommentar korrigiert am 15.07.2015)
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