Oh Mann!

Gedicht zum Thema Selbstbild/Selbstbetrachtung

von  plotzn

Das Telefon klingelt zu Hause,
ich stehe grad unter der Brause.
Schnell raus - und dann trippel ich zackig
zum Hörer, noch nass und halbnackig.
Wenn Anrufer DANN einfach auflegen…
DA KANN ICH MICH SOOO DRÜBER AUFREGEN!!

Wie oft sind schon Schlüssel verschwunden.
Das Gros hab ich wiedergefunden,
doch blieb der fürs Fahrrad verloren.
Ich hab schon die Götter beschworen!
Jetzt kann ich das Ding nur noch aufsägen.
DA KANN ICH MICH FÜÜÜRCHTERLICH AUFREGEN!!

Ich freu mich im Großen und Ganzen
auf Festen am meisten aufs Tanzen.
Die DJs befrag ich dann locker:
Wie wär‘s mit ‘nem Song von Joe Cocker?
Doch was für Musik die dann auflegen…
DA KANN ICH MICH SOOO DRÜBER AUFREGEN!!

Privatfernsehn ist mir ein Grauen,
mal sucht dort die Bauernschaft Frauen,
mal meint RTL, sie bespaßten
ganz Deutschland mit knallhartem Casten
von stöckelnden Models auf Laufstegen.
DA KANN ICH MICH WAAAHNSINNIG AUFREGEN!!

In unsrer Vitrine stehn Massen
recht wertvoller Teller und Tassen,
zumindest bis unsere Neffen
sie volley mit voller Wucht treffen…
Und ich darf die Scherben dann auffegen.
DA KANN ICH MICH SOOO DRÜBER AUFREGEN!!

Die Welt ist gebeutelt von Kriegen,
Politiker führen Intrigen,
die Menschen in Afrika hungern,
vor Plattenbausiedlungen lungern
Gestalten voll Ausländerhass.
Echt krass!

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Kommentare zu diesem Text


 niemand (29.03.14)
Das ließe sich gut auf einer Kabarett-Bühne vortragen,
lieber Stefan. Es zeigt einem wie der Mensch sich über
Unwichtigkeiten aufregen kann (wobei wichtig oder weniger
immer eine Sache der Betrachtung ist). Stark Menschen entlarvend ist die letzte Strophe, die mit den wirklichen Problemen, doch bei dieser scheint mir der Protagonist
nicht dermaßen aus der Haut zu fahren.
Mit herzlichen Grüßen, Irene

 plotzn meinte dazu am 30.03.14:
Liebe Irene,
genau das wollte ich ausdrücken. Wir regen uns viel mehr über vergleichsweise Kleinigkeiten auf, die uns direkt betreffen, als über wirklich große Probleme, die etwas weiter weg passieren.
Dank Dir für den treffenden Kommentar.

Liebe Grüße, Stefan
chichi† (80)
(29.03.14)
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 plotzn antwortete darauf am 30.03.14:
Dank Dir, liebe Gerda!
Je näher oder schwerer Probleme sind, umso betroffener ist man - das ist ganz natürlich. Aber bei der Abwägung zwischen kleinen, nahen und großen, fernen Problemen ist oft die Verhältnismäßigkeit nicht mehr gegeben.

Liebe Grüße, Stefan
(Antwort korrigiert am 31.03.2014)

 ViktorVanHynthersin (31.03.14)
Karl-Heins Söhler meinte einst: Aus Sparsamkeit bin ich dagegen,/ mich über andere aufzuregen,/ und suche es mir einzuschärfen:/ Das kostet schließlich m e i n e Nerven." Allerdings bringt uns die Gleichgültigkeit gegenüber Rassismus, Bestechlichkeit, etc. auch nicht weiter.
Herzliche Grüße
Viktor

 plotzn schrieb daraufhin am 31.03.14:
Auch aus Selbstschutz gehen uns Katastrophen, die uns nicht direkt betreffen, nicht so nahe. Bei der Flut an Nachrichten in Zeitung oder Internet würde man sonst in Depressionen fallen...
Allerdings muss man dabei aufpassen, nicht völlig abzustumpfen.
Dank Dir, Viktor, auch für den Hinweis auf Söhler, den ich bisher nicht kannte!

Liebe Grüße, Stefan

 irakulani (31.03.14)
Gut beaobachtet, lieber Stefan - haben wir doch alle solche HB-Männchen-Tendenzen. (Ist aber nichts spezifisch Männliches, finde ich, eher Menschliches...:-))

Und bei den Dingen, die wirklich schrecklich sind, zucken wir die Achseln und gehen mit einem "da kann man eh nichts machen" zur Tagesordnung über.

L.G.
Ira

 plotzn äußerte darauf am 01.04.14:
Dank Dir, Ira!

Ich will den weiblichen Bevölkerungsteil nicht außen vor lassen. War mehr so eine Selbstbeobachtung, bei der ich mich nicht geschlechtsumwandeln wollte

Liebe Grüße, Stefan
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