Goldfisch - ein stiller Beobachter (3)

Erzählung zum Thema Mensch und Tier

von  Annabell

Bis jetzt hat sie mir noch keinen Zwillingsfisch zur Seite gestellt. Ich kann so traurig glotzen wie ich will - nichts! Manchmal spricht sie mit mir. Sie tut so, als sei ich ein Samtpfötchen, das man beliebig beschmusen kann. Dabei könnte sie mich zum Knudden gar nicht einfangen, weil ich zu wendig und glitschig bin. Manchmal säuselt sie: "Komm her du meine Süße."
Ja was denn nun - bin ich weiblich oder männlich? Egal. Hauptsache sie blubbert Worte zu mir ins Glas. Es ist nämlich sehr eintönig in meiner Behausung. Was sie nicht wissen kann: Ich verstehe alles, wirklich alles, was sie zu mir sagt oder was der Besuch so von sich gibt.
Kürzlich war Frauchens Mutter hier. Meingott haben die beiden in der Küche rumgefetzt. Sie stritten sehr laut, es ging ums Kochen. Jede von den Weibsen wollte Recht behalten. Etwas später zog der Kochgeruch zu mir ins Glas. Von mir aus könnte sie jetzt schon das dunkle Tuch über meine Hütte stülpen, so wie sie es jeden Abend mit mir macht, oder wenn Flirtbesuch kommt, damit ich den beiden nicht zuglotzen kann. Gerade höre ich, wie mein Frauchen sagt:
"Mutter, kannst du heute bitte etwas eher gehen? Du weißt doch, ich bekomme gleich Besuch und ich möchte noch aufräumen und lüften, damit dein verbrannter Kohlgeruch hier verschwindet. Deinen Kuchen kann ich ja einfrieren, den essen wir irgendwann mal, okay?"
Ja so direkt und unhöflich ist sie. Ich finde das Verhalten meiner Besitzerin sehr frech. Das hat ihre Mutter nun wirklich nicht verdient. Sie guckt immer sehr freundlich zu mir herunter. Dann wackelt sie mit dem Kopf, holt die Futterdose hervor, lächelt gemütlich und schüttet mir eine Dosis Körnchen in mein Wasser. Ja,  d i e  Frau mag ich, deren Herz sitzt auf dem rechten Fleck. Dann ist sie gegangen.
Gleich kommt ja der Besuch, da kann ich dann wieder lauern, was die so alles treiben. Morgen will sie mich für eine kurze Zeit auf das Schränkchen ins Klo stellen. Naja, 'nur vorübergehend' meint sie, weil das Wohnzimmer gestrichen wird. Das ist unmenschlich - nein unfischlich oder untierlich. Kann sie mich nicht so lange in der Küche auf die Anrichte stellen? Da war ich doch schon mal. Da stinkt es oft nach gebratenen Artgenossen, was mich sehr betrübt.

                                ICH WILL NIEMALS EIN FISCHSTÄBCHEN WERDEN !!!

An die Gerüche im Klo werde ich mich wohl gewöhnen müssen, da wird es oft nach Kohlrouladen und nach GUL-ASCH-SUPPE stinken.

Tschüß und Blubber von eurem aufgeregten

GOLDI


Anmerkung von Annabell:

Fortsetzung von Goldfisch 2 (vom 15.02.14)

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Kommentare zu diesem Text


 Jorge (08.04.14)
Heitere Gedanken von Goldi, die ihre Oma sehr mag.
Weiter so Annabell!
LG Jorge
chichi† (80) meinte dazu am 08.04.14:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Annabell antwortete darauf am 08.04.14:
Jorge, ich gebe mir Mühe und danke Dir und Chichi fürs *chen.
Liebe Grüße von
Annabell

 Holzpferd (16.04.14)
kein Zweifel.
Goldfische sind oft arme Schweine.
wiehernd das Holzpferd.

 Annabell schrieb daraufhin am 17.04.14:
besonders, wenn sie allein leben müssen...
Danke für Deine Wortmeldung und Dir schöne erholsame Ostertage.
LG Anabell

 Holzpferd äußerte darauf am 17.04.14:
Liebe Annabell, nicht verheimlicht sei, dass Goldfische auch in paradiesischen Umständen leben können. Ich selbst sah deren rote Schwärme im künstlich angelegten Kaisersee von Hangshou nahe Shanghai, wo sich traditionell Hochzeitspaare einfinden.
Also da schwamm es nur so von glücklichem Goldfisch und machte fröhlich. Das geht auch in unseren Gefilden. Unweit von mir ist ein anständig gemachter chinesischer Park. Da zieht der Goldfisch glücklich seine Bahn im Schwarm.
Am Goldfisch ist zu sehen: Nie ins Glas geraten. Annabell, hast Du mitbekommen, dass auch Zeitgenossen, Menschen, mitunter lebenslänglich im Glasbecken zubringen und im Kreise schwimmen.
Frohe Ostern
wünscht mit Getrappel das Holzpferd

 Annabell ergänzte dazu am 17.04.14:
Liebes Holzpferd, was die Menschen betrifft - da hast Du völlig Recht.Totale Isolation ist Sch.... Und meinem Goldfisch wünschte ich, daß er dahin schiwimmen könnte, wo Du mir den chinesischen Park geschildert hast. Dann hätte er Freunde.
Dankeschön, daß Du Dich mit Goldi beschäftigt hast.
Schöne Ostern auch Dir von
Annabell
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