Weggehen 5

Text zum Thema Aufbruch

von  Ganna

Ich war in die unterste Schicht der Gesellschaft gefallen, und doch konnte ich es nicht so sehen. Nach dem ich den anfänglichen Schock überwundern hatte, begriff ich meine Situation als Chance, langsam, sehr langsam.

Berufe und Lebensart sind letztlich nur Kleider, die sich je nach Lebenswitterung wechseln lassen, nicht mehr. Sie können dir gut passen und dich schmücken, eine Zeitlang, aber dich auch einengen und behindern. Wie Häute kleben alle Tätigkeiten auf uns, die wir mit fortschreitender Lebenszeit aber abstreifen und auswechseln können.

Wir sind nichts als Schauspieler, die je nach ihrer Rolle ihr Äußeres verändern und ihre Rollen gut oder schlecht spielen.
Wir alle wollen unsere Rollen natürlich gut spielen. Doch um das zu können, brauchen wir die richtigen Rollen, Rollen, die auch zu uns passen und uns in unseren Fähigkeiten fordern. Wer immer nur dieselbe Rolle spielt, mag sie hervorragend ausfüllen, doch werden viele seiner Möglichkeiten brach liegen bleiben, ungenutzt und unerkannt.
Genau das ist die Situation der meisten Menschen in unserer Gesellschaft. Sie werden sehr früh in eine Rolle eingepasst und  spielen sie anschließend oft ein Leben lang.  Ob Informatiker, Krankenschwester oder Bankangestellte,  Mutter und Vater, Hundehalter und Züchter von Aquarienfischen, zu selten wird ihnen bewusst, dass ein weitaus größeres Potential in ihnen liegt, Möglichkeiten, die sie nach den inneren und äußeren Sternen greifen lassen könnten, würden sie sie nur wahrnehmen.

Wer bin nun aber ich? Wenn ich mich nicht mehr durch das charakterisiere, was ich tue, dann vielleicht durch das, wie ich etwas tue. Eigenschaften wie Kreativität, Liebesfähigkeit, Ehrlichkeit und Authentizität zeigen sich unabhängig von der Art einer Tätigkeit, sind also viel wichtiger, als ein Beruf und die Schulbildung. Authentizität ist nicht auswechselbar, kann nicht von außen bestimmt werden und ist daher das Einzige, was ausschließlich aus uns selber geboren ist. Um seine Authentizität zu leben aber, muss der eigene Weg gegangen werden, selbstbestimmt mitten durch die Gesellschaft hindurch oder abseits von ihr.

Nichts mehr sein. Was für eine Chance!
Wenn ich mich nicht mehr durch etwas definieren lasse, was mein Gegenüber als bestimmend im Leben erlebt, dann kann dies meinem Gegenüber Angst machen,  mich aber macht es frei.

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Kommentare zu diesem Text


 Fuchsiberlin (07.05.14)
Vielleicht traut sich mancher nicht aus seinem Rollen bezogenen Leben heraus. Angst? Unsicherheit? Weil dieser von früh auf so erzogen wurde, das soziale Umfeld ihn prägte, und er in dem Sinne nun stark gefestigt ist. Da geht ihm dann viel verloren. Denn abseits von diesem Rollen Feld existiert noch sehr viel, was er entdecken kann. Und wichtig: Er kann sich erfahren, wirklich kennenlernen, sein Leben verändern, sein Ich neu erleben und Bestimmtes in seinem Ich verändern. Doch dies ist wiederum ein sehr sehr schwerer Weg.

Das Wie entscheidet, wahre Worte von Dir.

Liebe Grüße
Jörg

 Ganna meinte dazu am 07.05.14:
...ich verstehe sehr gut, wenn es jemanden ängstigt, aus seiner Rolle zu fallen und die Rolle zu wechseln, denn das bringt meistens viele Schwierigkeiten mit sich, da andere davon betroffen sind, die das nicht unbedingt mit Wohlgefallen aufnehmen...dennoch, besser, man verunsichert andere, als sich in eine unglücklichen Situation zu fügen...es bleibt letztlich eine Frage der Ehrlichkeit sich selbst gegenüber, doch wer es schafft, ein authentisches, wenn auch unbequemes Leben zu leben, der findet letztlich auch Verständnis dafür und andere, die denselben Mut finden...

...es ist vielleicht ein schwerer Weg, ja, aber der einzige, der letztlich zufrieden macht. Wer will schon im Augenblick des Todes mit seinen eigenen Lügen und Ausreden konfrontiert werden? ...dann, wenn keine Zeit bleibt, noch etwas zu verändern?

liebe Grüße
Ganna
Gringo (60)
(10.05.14)
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Sätzer (77) antwortete darauf am 22.08.15:
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