Wenn eine Bank reden könnte, oder: Der Anti Glücksratgeber?

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von  Fuchsiberlin

Abends triffst du dich seit Tagen mit der alten hölzernen Bank am Wasser. Sie schweigt, wenn du redest. Auf der Bank befindet sich ein unsichtbarer Schornstein. Du rauchst eine nach der anderen.  Zu viel, du weißt es. Doch Lungenkrebsgefahr interessiert dich gerade nicht. Du schläfst kaum noch. Stattdessen denkst, du auf dieser Bank sitzend, ans Fliegen. Fliegen? Flüchten wäre hier wohl eher die passendere Umschreibung deines gefühlten Gedankenwahnsinns.

Auf Facebook breiten andere ihr Leben aus. Dein "Facebook" besteht momentan aus dieser alten Holzbank.

Du denkst in deinem Gedanken Brechreiz an „Glück“. „Glück“, ein abgewirtschafteter Begriff für emotionale Situationen außerhalb des Alltäglichen. Warum boomt der Esoterik Markt mit seinen Werde-Glücklicher-als-glücklich-Büchern? Und warum verbreiten die sog. „Frauenzeitschriften“ Anleitungen zur Selbstfindung und zum sich anschließenden seelischen Lächeln Event.? „In concert, auf Tour: Die Heilsbringer des neuen Lebens.“ Viele Menschen suchen … „Glück“, einen Ausgleich von Defiziten oder irgendetwas zwischen Liebe und Träumen.

Du suchst nicht (mehr) nach dem Glück. Du fängt am jetzigen Chaos Punkt deines Lebens an, und restaurierst rückblickend so gut es geht (Fast-) Zerstörtes. Bis zu dem Punkt am Anfang, an dem jede Erinnerung fehlt. „Ach Mensch, dir fehlt die Fähigkeit zur Seelenrestauration. Es kann nicht vollends gelingen“, vernimmst du irgendeine Stimme. „Aber versuchen kann man es ja.“, entgegnest du deiner Bank. In deinem Ich muss sich irgendwo auch eine solche Bank befinden.

„Ich liebe Dich, doch in mir herrscht zu viel an Schmerz und Angst, zu viel, um der Liebe eine Chance zu geben.“ Bei diesem Satz schaust du die alte rote Bank am Ufer an. Dieser wird keine Flucht ermöglicht. Du dagegen kannst flüchten. Auch vor der Liebe. Und vor der Bank.

„Vielleicht schreibe ich ein Buch. Mit dem Titel: „Flüchtende Tränen“, denkst du beim Mondblick.
Einen Anti-Glücksratgeber.

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