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Die zukünftige Literatur und die Foren

Essay zum Thema Literatur

von toltec-head

Unterstellen wir für einen Moment, lieber Leser, du seiest jemand, der in der eigenen Sprache eine fremde schreiben oder die eigene Sprache zum Stottern bringen möchtest und dies sogar auch kannst, kurz, du seiest das, was die Menschen seitjeher einen Schriftsteller genannt haben. Schau dich hier und heute einmal auf diesem Forum um, lese alle geposteten Texte, und frage dich, ob du wohl für deine Texte geeignete Leser finden wirst, also Leser, die einen Geschmack dafür in sich entwickelt haben und es goutieren, wenn aus der eigenen Sprache heraus eine fremde zu sprechen beginnt oder die eigene Sprache zum Stottern gebracht wird.

Du glaubst, dass du aufgrund der von dir gelesenen Texte keine solchen Leser hier finden wirst? Dass dies aber vielleicht an diesem Forum liegt, wo ja nur eine kleine Anzahl von Menschen versammelt sind, dass es da draußen schon noch ganz andere Menschen, geeignete Leser für dich geben wird? Nun, so beschäftige dich doch einmal ein wenig mit statistischen Hochrechnungen und mache dir klar, dass du vor einem sehr alten Problem stehst.

"Der Weise", sagt Sokrates, "begnügt sich mit der Billigung durch eine kleine Minorität."

"Daher wird der Philosoph seine Zuflucht zum esoterischen (vorwiegend mündlichen) Unterricht nehmen, der ihm unter anderem erlaubt, die »Besten« auszuwählen und den »Beschränkten« auszumerzen, der nicht fähig ist, die versteckten Anspielungen und die stillschweigend einbegriffenen Nebengedanken zu verstehen."

Wäge diese Wort und überlege, ob du durch das Posten eines Textes hier in diesem Forum nicht einfach nur deine Zeit vertust. Wenn du zu dem Schluss kommst, dass du tatsächlich durch das Posten eines Textes hier nur deine Zeit vertuen würdest, hast du das von Sokrates Gemeinte, glaube ich, richtig verstanden.

Mache dir im nächsten Schritt aber klar, lieber Leser, dass auch Sokrates und die antike Tradition in eine Sackgasse führen.

"Die Idee und Praxis der »intellektuellen Elite« schließt nämlich eine sehr ernste Gefahr ein, die der Philosoph als solcher um jeden Preis zu vermeiden suchen müsste. Die Gefahr, der sich die Bewohner der diversen »Gärten«, »Akademien« und »Gelehrtenrepubliken« aussetzen, stammt aus dem sogenannten »Cliquengeist«. Gewiss ist der »Kreis« eine Gesellschaft und schließt den Wahnsinn aus, der seinem Wesen nach asozial ist. Statt aber die Vorurteile auszuschließen, strebt er dagegen danach, sie zu kultivieren und zu züchten. Jede in sich geschlossene Gesellschaft, die eine Doktrin übernimmt, jede zum Zweck des Lehrens einer Doktrin ausgewählte »Elite« neigt dazu, die Vorurteile, welche diese Doktrin mit sich führt, zu untermauern. Der Philosoph, der die Vorurteile flieht, müsste also eher versuchen, in der großen Welt zu leben (auf dem »Forum« oder »auf der Straße«) als in einem »Kreis«, gleichviel ob er »republikanisch« oder »aristokratisch« wäre."

Wenn du diese Worte eines modernen Weisen richtig gewogen hast, kannst du nicht anders, als den Schluss zu ziehen, deinen Text doch noch zu posten, meine ich. Hier und jetzt zu posten, und zwar in diesem Forum, unerschrocken immer im Blick, dass die Chance, einen geeigneten Leser zu finden, bei Null liegt. Ja, lieber Leser, poste ihn sofort, deinen Text! Die Zukunft der Literatur liegt zweifelsohne in den Foren.

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Kommentare zu diesem Text

Regina (15.06.14)

Ob ein Text hier Leser findet liegt 1. an der Uhrzeit der Veröffentlichung (kurz vor Mitternacht ist ungünstig), 2. an der Überschrift, die eine gewisse Vorschau auf Interessantes im Text sein muss, sonst kräht kein Hahn nach dem Text und 3. am Bekanntheitsgrad des Autoren, der evtl. schon mal was Interessantes geschrieben hat. Hat schon mal ein Text gar keinen Leser gefunden? Na, siehst du, ein Leser ist besser als in der Schublade liegen oder, sag es doch gleich, der Autor merkt selbst, dass der Text ......äh..........
(Kommentar korrigiert am 15.06.2014)

Gringo (60)
(15.06.14)