Standbild

Szene zum Thema Familie

von  blauefrau

Gretas Mutter sitzt am Esszimmertisch und schneidet rotes Transparentpapier in Form. Sie faltet das Papier mehrmals, so dass ein kunstvoller Stern entsteht. Schließlich befestigt sie den Stern am Fenster, der durch Überlappungen an verschiedenen Stellen im Gegenlicht unterschiedlich leuchtet. Katinka stößt Greta an und ruft lachend, dass sie niemals einen so schönen Stern basteln könne. Greta lacht mit und schneidet weiter in das schwarze Tonpapier. Sie falten es und schneiden es zu Sternen und Kreisen, die von kleinen Mustern durchsetzt sind. Zerreißt eine Stelle, klebt die Mutter diese oder schneidet einen kleineren Stern daraus. Gretas Stern ist nicht verschnitten. Sie freut sich, dass es Katinka ist, die ihren zerschnitten hat.

Die Mutter gruppiert die Sterne um ihren Stern herum. Dann essen alle selbstgebackene Plätzchen und Butterbrote. Aus der roten Emaille - Kanne, die am Rand ein wenig abgeschlagen ist, gibt es Früchtetee. Sammy misst die Größe aller Kekse mit einem Lineal und steckt sich den Größten in den Mund. Die Mutter lacht. Katinka und Greta stoßen sich an. Da. Weitere größere Kekse räumt er auf einen kleinen Stapel vor sich hin. Mutti, rufen sie gleichzeitig. Die Mutter ermahnt den Bruder, lacht aber weiter. Greta ruft: Hör auf. Doch Sammy hört nicht auf. Er misst die Kekse weiter ab und nimmt sich noch mehr. Die Mädchen schreien. Greta will eines von den Plätzchen mit den bunten Streuseln essen, die jetzt alle bei dem Bruder liegen. Sie fängt an zu weinen. Ha, ha, ruft der Bruder. Nie sagst Du was, Mutti! , heult sie. Immer darf der alles.

Plötzlich ist alles nass. Eine Flut von Früchtetee überschwemmt den Tisch. Sammy hat die Kanne umgestoßen. Es ist doch immer das gleiche mit dir, du Ferkel!, ruft die Mutter. Teller und Tassen wandern vom Tisch in die Küche. Die Mutter wischt den Tee auf.

Dann spricht die Mutter vom Nikolaustag. Die Kinder überlegen, wann sie den Teller mit Zucker vor die Haustür stellen sollen. Der Zucker soll eine Belohnung für den Esel des Nikolaus sein. Katinka glaubt, dass der Esel vom Nikolaus mit seiner Zunge  Zucker von dem Teller leckt. Sammy und Greta glauben, dass die Eltern mit einem Löffel den Zungenabdruck auf dem Teller mit Zucker nur nachbilden und dass es den Esel und den Nikolaus gar nicht gibt. Katinka fängt an zu weinen, und Greta ruft zur Mutter herüber, wie gemein der Bruder ist. Schließlich singen alle Nikolaus komm in unser Haus.
Nach Schneeflöckchen Weißröckchen  schreibt Greta ihren Wunschzettel auf. Sie zeichnet einen Tannenzweig an den Rand. Da ihr nichts einfällt, schaut sie auf Katinkas Wunschzettel und schreibt ein paar Sachen ab: eine Puppe(sie spielt nicht gern mit Puppen), ein Angora-Pullover, ein Bilderrahmen.

Die Haustür öffnet sich. Der Vater hängt wie immer seine Jacke an die Garderobe in der Diele und öffnet dann die Tür zum Esszimmer. Die Mutter zuckt zusammen.


Anmerkung von blauefrau:

Überarbeitet

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Kommentare zu diesem Text


 EkkehartMittelberg (15.08.14)
Die zusammenzuckende Mutter lässt wohl dem Vater ebensoviel durchgehen wie Sammy.

Auch mit den kleinen unausgesprochenen Konflikten hast du ein "perfektes" Familienbild gezeichnet.

LG
Ekki

 princess (15.08.14)
Standbild lese ich in der Überschrift. Und erwarte, dass es um Statuen oder Bildhauerei geht. Doch ich finde ein ganz anderes Standbild. Spürbar zieht sich für mich der Eindruck durch den Text, dass da irgend etwas brodelt hinter der augenscheinlichen Idylle. Aber es ist lange nicht greifbar zwischen Sternen, Früchtetee und Keksen. Bis dann der letzte Satz kommt. Ja, da brodelt was. Sehr subtil.

Liebe Grüße
Ira
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