Fallstudie

Sonett zum Thema Abschied

von  Isaban

Und wären wir nicht mehr, so wäre da
doch weiterhin die Erde, die sich dreht.
Der Himmel ist mal trüb, dann wieder klar,
und irgendwo auf diesem Erdball weht

der Wind ein Blatt vom Baum. Es fällt und fällt,
wie sanft herabgetragen, ganz hinab,
vergeht, und ändert nichts an dieser Welt:
Am Tag darauf weiß niemand um sein Grab.

Der große Vorhang zieht sich lautlos zu,
sobald dein letztes Lied verklungen ist;
das Publikum verlässt alsbald den Saal.

Die Wege draußen sind voll Laub.
Wo heute Blätter liegen, liegt bald Staub.
Vom ersten Tag an ist das Leben steter Fall.

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Kommentare zu diesem Text


 AZU20 (12.11.14)
Sehr gern gelesen, wenn auch äußerst melancholisch. LG

 Isaban meinte dazu am 13.11.14:
Danke schön, Armin!

 Möllerkies (12.11.14)
Schön melancholisch, schöne Sprache. Nur zwei Kleinigkeiten habe ich anzumerken:
wie sanft herabgetragen, ganz hinab,
Warum erst „herab" und dann „hinab"? Wenn schon Redundanz, dann nicht kaschiert:
wie sanft herabgetragen, ganz herab,
Und die dritte Strophe trifft mit ihrer Bühnenmetapher zwar die melancholische Stimmung, passt aber nicht so recht in eine „Fallstudie“ – denn normalerweise fällt man ja nicht von der Bühne, sondern man geht ab. Wenigstens der Vorhang könnte fallen – aber auch der zieht sich nur zu.
holzköpfchen (31) antwortete darauf am 13.11.14:
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 Isaban schrieb daraufhin am 13.11.14:
Hallo, ihr beiden, herzlichen Dank für die Auseinandersetzung mit meinem Text.

Ich will meine Bilder und Wortwahl nicht verteidigen, ich werde einfach mal beschreiben, was ich an den bemängelten Stellen in die Bilder legen wollte.

Zum "herab/hinab": Wie Holzköpfchen es schon beschrieb, es geht ums "Trudeln". Um das "an mir vorbei fallen/gehen/vorübergehen, etwas kommt auf mich zu, um sich dann an mir vorbei zu bewegen, ich/der Betrachter bin/ist nicht das Ziel dieser Hin-Bewegung.

Zur Bühne: Nein, natürlich fällt man eher selten von der Bühne. Hier geht es ja auch nicht um Unfälle sondern um "Verabschiedung" (siehe Thema). Der Vorhang schließt sich nach dem letzten Akt und der oder die Schauspieler verschwinden dahinter, während das Publikum klatscht, danach ein bissl murmelt und in den Taschen kramt und schließlich aufsteht und geht. Spätestens am nächsten Morgen werden alle, die das Stück gesehen und vielleicht applaudiert haben, vom Alltag eingeholt und das Theaterstück und der/die Akteur/e gehören zur Vergangenheit, zu dem, an das man sich vielleicht noch mal irgendwann erinnert, das aber im Grunde gleich nach dem "Vorhangfall" seine Bedeutung akut verschoben, wenn nicht sogar umgehend verloren hat.
Hier überschneiden sich die Bilder. Wir sind da wie die Blätter: Vergessen, sobald das "Trudeln" ein Ende hat/ sobald unser "sichtbarer" Anteil am Leben vorüber ist/ sobald wir vorüber gegangen sind/ sobald wir wieder in der einen oder anderen Form mit der Erde "vereinigt" sind.

@ Möllerkies: Natürlich sind Gedichte immer eine Frage der Interpretation durch den Leser. Wenn sich die von mir gewählten Bilder sich nicht wie erhofft übertragen, muss ich wohl noch ein bisschen dran feilen. Ich denk noch mal in Ruhe drüber nach. Bei Holzköpfchen scheint alles so angekommen zu sein, wie ich es mir vorgestellt hatte - aber sie ist ja diesbezüglich auch ein Vollprofi, vor dem ich, was Interpretationen anbelangt, jederzeit meinen Hut ziehe.

Liebe Grüße

Sabine
(Antwort korrigiert am 13.11.2014)

 Möllerkies äußerte darauf am 13.11.14:
Liebe Sabine,

danke für die entspannte und ausführliche Erläuterung. Damit nimmst du den Kommentar so, wie er gemeint ist: als Anregung für die Autorin, den Kommentator und vielleicht die, die mitlesen.

:-)
Martin
holzköpfchen (31)
(13.11.14)
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 Isaban ergänzte dazu am 13.11.14:
Da könnte "diesem" Abhilfe schaffen, hm?
Ich bau mal um. Herzlichen Dank für deine Rückmeldung.

Liebe Grüße

Sabine
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