Der Ozelot

Gedicht zum Thema Lebenseinstellung

von  Möllerkies

Der Ozelot, der Ozelot
spielt im Orchester das Fagott.
Sein Part besteht fast nur aus Pausen,
drum lässt er manche Probe sausen.
 
Der Ozelot, der Ozelot
liest spät am Abend Herodot.
Nach ein paar Sätzen lässt er’s sein
und pfeift sich einen Ouzo ein.
 
Der Ozelot, der Ozelot
fährt seinen BMW zu Schrott.
Die Ozelot-Frau lässt das kalt:
»Ich hoff’, er war nicht angeschnallt.«
 
Der Ozelot, der Ozelot
wünscht seine Alte aufs Schafott,
weil sie, egal, was er probiert,
beim Beischlaf nie den Kopf verliert.
 
Der Ozelot, der Ozelot
treibt gerne mit Entsetzen Spott:
»Ich liebe Weiber wie Hyänen –
die Meinige ist mehr zum Gähnen.« 
 
Der Ozelot, der Ozelot,
der findet seine Putzfrau flott.
Und auch, wenn’s seine Frau nicht mag:
Die Putzfrau putzt jetzt jeden Tag.
 
Der Ozelot, der Ozelot
glaubt lange schon nicht mehr an Gott.
Doch fürchtet er den Zank zuhaus
und tritt nicht aus der Kirche aus.
 
Der Ozelot, der Ozelot
ersetzt beim Sprechen G durch J:
»Ich halte nichts vom Klang der Gamben,
schon Joethe jab den Vorzug Jamben.«
 
Der Ozelot, der Ozelot
nennt seine Gattin gern bigott.
Da merkt er plötzlich, sapperment!,
dass er den Sinn des Worts nicht kennt.
 
Der Ozelot, der Ozelot
sagt einmal hü und einmal hott.
Als es nicht tut, was er begehrt,
steigt er enttäuscht vom Schaukelpferd.
 
Der Ozelot, der Ozelot,
der gibt sich gerne polyglott –
was meistens schwer danebengeht,
weil man sein Stammeln nicht versteht.
 
Der Ozelot, der Ozelot,
der glaubt, man schmiede ein Komplott.
»Du spinnst«, sagt seine Frau entschieden,
»ich bin dabei, Kompott zu sieden.«
 
Der Ozelot, der Ozelot,
der spekuliert und geht bankrott.
Jetzt fordert er Barmherzigkeit
und dass man ihm zehn Euro leiht.
 
Der Ozelot, der Ozelot,
der führt sich auf wie Don Quichotte.
»Hör auf«, sagt seine Frau beim Bügeln,
»und kämpfe nicht mit Windmühlflügeln!«
 
Der Ozelot, der Ozelot
hält diese Verse für Schamott:
»Und das soll witzig sein? Mitnichten!
Mensch, Möllerkies, hör auf zu dichten!«

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Kommentare zu diesem Text


 TrekanBelluvitsh (30.11.14)
Der Möllerkies den Ozelot
nur darum aus der Kiste holt,
um zu überhäufen wen mit Spott
und - zugegeben - das macht er flott.

Doch ist der Ozelot nen Tier,
das schön gefleckt, doch nicht von hier.
Es säuft gern Wasser, niemals Bier,
muss drum nicht strullern wie nen Stier.

Und baut er doch einmal ein Haus,
schaut gern vergnügt zum Fenster raus,
dann ruft er: "Möllerkies, schluck es, oder kaus,
doch mit dem Reimen ist es erst mal aus!"

 Möllerkies meinte dazu am 30.11.14:
Danke, Trekan, für den gereimten Kommentar.
fdöobsah (54)
(30.11.14)
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 Möllerkies antwortete darauf am 30.11.14:
Danke, fdöobsah, für die bedenkenswerte Rückmeldung.

Für mein Gedicht gibt es zwei Vorbilder, beide aus dem Gedichtband »Besternte Ernte« von Robert Gernhardt und F. W. Bernstein. Da ist zum einen Gernhardts Bildgedicht »Drama in der Steppe«:

Der Panther // der Panther //
erst lag er // dann stand er //
wodurch er so erschrack [sic] //
daß er bald wieder lag.

Gernhardts Gedicht (das wiederum von Rilkes »Der Panther« angeregt sein dürfte) beschränkt sich auf eine Strophe. Ich habe versucht, das Schema auf den Ozelot anzuwenden, mit in sich abgeschlossenen Strophen, jede mit demselben Anfangsvers, und unter Ausschöpfung möglichst des gesamten Reimvorrats für die Reimsilbe »ott« – und bin auf 20 Strophen gekommen. Auch dieses Prinzip ist von aus der »Besternten Ernte« bekannt, nämlich aus den »Rotbart-Liedern« mit – genau 20 Strophen.

Dass das ermüdend werden kann, habe ich befürchtet, wenn auch nicht wirklich geglaubt – jedenfalls konnte ich es nicht übers Herz bringen, mich von einer der Strophen zu trennen: Wenn mir eine nicht gut genug erschien, musste sie eben überarbeitet werden.

Und dass die Strophen »alle nur Eintagsfliegen« sind, glaube ich auch nicht: Strophen wie die Nr. 6 und die Nr. 12 werde ich bestimmt noch in 14 Tagen rezitieren.
fdöobsah (54) schrieb daraufhin am 01.12.14:
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Scheester (80)
(30.11.14)
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fdöobsah (54) äußerte darauf am 30.11.14:
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 Möllerkies ergänzte dazu am 30.11.14:
Danke, Scheester, dass du mich vor der Kritik des Ozelots in Schutz nimmst.

 plotzn (30.11.14)
Der Ozelot, der Ozelot
hofft insgeheim: Du lieber Gott!
Was Möllerkies hier zu mir schreibt,
ob das wohl streng vertraulich bleibt?

Der Ozelot, der Ozelot,
denkt, wenn ich mich zusammenrott
mit Möllerkies, der dies hier schuf,
dann ist's vorbei mit meinem Ruf!

Liebe Grüße, Stefan

 Möllerkies meinte dazu am 30.11.14:
Donnerwetter, sollte ich das Reimwort »(ich) rott’« übersehen haben? Sieht ganz so aus … Danke, Stefan.

 Dieter_Rotmund (30.11.14)
Ich dichte hier nix dazu, mir gefällt's. Nur eine Sache, die, wie ich nicht verstehe, offenbar keinem meiner Vorredner (alle Anti-Alkoholiker?) ausgefallen ist: Ein Getränk namens "Uozo" gibt es nicht, könnte "Ouzo" (so'n griechischer Schnaps) gemeint sein.

 Möllerkies meinte dazu am 30.11.14:
Stimmt, »Ouzo« war gemeint. Danke für die Rückmeldung, Dieter.

 Lluviagata meinte dazu am 30.11.14:
Uozo Ouzo Uzi

Solch Assoziation hatte ich ... :D
Scheester (80) meinte dazu am 30.11.14:
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janna (66)
(30.11.14)
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 Möllerkies meinte dazu am 30.11.14:
Freut mich zu hören, janna.

 Annabell (30.11.14)
Gern gelesen, weil sehr witzig.
LG Annabell

 Möllerkies meinte dazu am 30.11.14:
Vielen Dank, Annabell.
LottaManguetti (59)
(30.11.14)
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 Möllerkies meinte dazu am 01.12.14:
Richtig, der Schamott fehlte mir ja auch noch – als »feuerfester Ton« oder als »unnützes, wertloses Zeug« (Duden). Ich habe ihn jetzt in die letzte Strophe eingebaut.

Gruß vom Ozelotchen ans Lottchen.

 EkkehartMittelberg (30.11.14)
Der Ozelot, der Ozelot,
ist immer noch nicht ganz bankrott.
Er lässt die Reime munter fahren,
die andren können damit sparen.

LG
Ekki

 Möllerkies meinte dazu am 01.12.14:
 
Doch geht bei negativen Zinsen
das Sparguthaben in die Binsen.
(Antwort korrigiert am 01.12.2014)
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